Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Schulze; Schulze-Delitzsch

647

Schulze (Friedr. Aug.) - Schulze-Delitzsch

hauptsächlich mit mikroskopischer Anatomie und Entwicklungsgeschichte der niedern Tiere; neben den Abhandlungen über «Die Hautsinnesorgane der Fische und Amphibien» und über «Cordylophora lacustris» sind besonders seine Publikationen über Seeschwämme, speciell seine Monographie der Hexaktinelliden (in den «Reports of the Expedition of H. M. Ship Challenger») zu nennen.

Schulze, Friedr. Aug., als Romanschriftsteller unter dem Namen Friedrich Laun bekannt, geb. 1. Juni 1770 zu Dresden, trat zuerst als Assistent in die kurfürstl. Finanzkanzlei, studierte 1797‒1800 in Leipzig und kehrte dann nach Dresden zurück, wurde 1807 Sekretär bei der Landes-Ökonomie-Manufaktur- und Kommerziendeputation, erhielt 1820 das Prädikat eines königl. Kommissionsrates und starb 4. Sept. 1849 zu Dresden. Ohne auf höhere Bedeutung Ansprüche machen zu können, gehörte S. zu den beliebtesten Belletristen, namentlich in der plattkomischen und naiven Gattung; besondern Beifall gewann sein Roman «Der Mann auf Freiersfüßen» (Freiberg 1801); in andern Werken hält er sich von Frivolität nicht frei. Außer vielen Erzählungen und Romanen gab S. mit A. Apel das «Gespensterbuch» (4 Bde., Lpz. 1810‒14) heraus. Seine «Gesammelten Schriften» erschienen mit Prolog von L. Tieck (6 Bde., Stuttg. 1843). 1837 veröffentlichte er seine «Memoiren» (3 Tle., Bunzlau).

Schulze, Friedr. Gottlob, Nationalökonom und Lehrer der Landwirtschaft, geb. 28. Jan. 1795 auf dem Gute Gävernitz bei Meißen (deshalb häufig der Name Schulze-Gävernitz), studierte zu Leipzig und Jena und widmete sich dann auf den Gütern seines Vaters der praktischen Landwirtschaft. Er wurde 1817 Oberverwalter der weimar. Kammergüter Tiefurt, Oberweimar und Lützendorf, 1821 außerord., in der Folge ord. Professor zu Jena. Zur Ausbildung angehender Landwirte und Kameralisten gründete er daselbst 1820 ein Institut, das auf die Entwicklung der Landwirtschaft in Deutschland lange Zeit sehr einflußreich wirkte. Während Thaer die Landwirtschaft wesentlich nur von der naturwissenschaftlichen Seite aufgefaßt hatte, strebte S. auch deren Begründung durch die Nationalökonomie an und stellte neben die speciellen Lehren des Ackerbaues und der Tierzucht einen auf nationalökonomischen Grundsätzen beruhenden allgemeinen Teil. Die Grundgedanken seiner Anschauung entwickelte er in der Schrift «Über Wesen und Studium der Wirtschafts- und Kameralwissenschaften» (Jena 1826). S. war der erste, der eine landwirtschaftliche Lehranstalt organisch mit einer Universität in Verbindung setzte. Nachdem S. 1834 die landwirtschaftliche Akademie Eldena bei Greifswald eingerichtet hatte, kehrte er 1839 nach Jena zurück, wo er für die Zwecke des praktischen Unterrichts 1842 die großherzogl. Kammergüter Zwätzen und Lehesten pachtete. Die als Musteranstalt zur Ausbildung von Bauernsöhnen geltende Ackerbauschule in Zwätzen bei Jena verdankt S. ihre Entstehung. Er starb 3. Juli 1860 in Jena. 1867 wurde ihm zu Jena ein von Drake modelliertes Denkmal gesetzt. Unter S.s Schriften sind hervorzuheben: «Nationalökonomie oder Volkswirtschaftslehre, vornehmlich für Land-, Forst- und Staatswirte» (Lpz. 1856) und das von Emminghaus und Graf zur Lippe-Weißenfels herausgegebene «Lehrbuch der allgemeinen Landwirtschaft. Nach S.s System und unter Benutzung des handschriftlichen Nachlasses des Verstorbenen bearbeitet» (ebd. 1863). Eine Reihe wertvoller Aufsätze enthalten auch die von ihm 1841‒53 herausgegebenen «Deutschen Blätter für Landwirtschaft». – Vgl. Birnbaum, Friedrich Gottlob S. als Reformator der Landwirtschaftslehre (Frankf. 1860).

Schulze, Johannes, Leiter des höhern Unterrichtswesens in Preußen, geb. 15. Jan. 1786 in Bruel, studierte 1805‒6 in Halle Theologie und Philologie, wurde 1808 Gymnasialprofessor in Weimar. Zier wirkte er für Pflege patriotischen Geistes und trat auch als Kanzelredner auf. 1812 berief ihn Dalberg an das Gymnasium in Hanau und ernannte ihn zum Oberschul- und Studienrat. Bereits damals vertrat S. den Gedanken, daß der Schwerpunkt des Gymnasialunterrichts auf alte Sprachen und Mathematik zu legen sei. 1816 trat er in den preuß. Staatsdienst als Schulrat beim Konsistorium und Schulkolleg in Koblenz. 1818 wurde er als Geh. Oberregierungsrat und vortragender Rat in das Kultusministerium nach Berlin berufen und wirkte eifrig für Pflege des Turnens und Abwehr der polizeilichen Beeinträchtigungen der Lehrfreiheit. Das von ihm 1834 geschaffene neue Reglement für die Abiturientenprüfungen war vor allem wegen der Stellung, die es dem griech. Unterricht anwies, folgenreich; auch die Einführung der philos. Prüfung und des Probejahres der Schulamtskandidaten und die Gründung philol.-pädagogischer Seminare geht auf S. zurück. Unter dem Ministerium Eichhorn seit 1840 trat S.s Einfluß zurück. 1852 wurde er zum Wirkl. Geh. Oberregierungsrat ernannt und trat 1858 in den Ruhestand. Seine Thätigkeit als Mitglied der Militärstudienkommission und der Direktion der Kriegsakademie setzte er bis 1864 fort. Er starb 20. Febr. 1869 in Berlin. Von seinen Schriften sind zu nennen: «Aufruf an die deutschen Jünglinge» (Jena 1808), die «Predigten» (Lpz. 1810) und «Reden über die christl. Religion» (Halle 1811). Er beteiligte sich auch an der Ausgabe der Werke Winckelmanns und Hegels. – Vgl. Varrentrapp, Johannes S. und das höhere preuß. Unterrichtswesen in seiner Zeit (Lpz. 1889).

Schulze-Delitzsch, Hermann, Begründer der deutschen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (s. d.), geb. 29. Aug. 1808 zu Delitzsch, studierte in Leipzig und Halle Jura, wurde 1830 Auskultator in Naumburg a. S., 1838 Assessor am Kammergericht zu Berlin und kehrte 1841 als Patrimonialrichter nach seiner Vaterstadt zurück. 1848 vertrat S. den Wahlkreis Delitzsch in der Nationalversammlung zu Berlin, wo er zum Vorsitzenden des Ausschusses zur Untersuchung des Notstandes der arbeitenden Klassen ernannt wurde. Dabei gewann er die Überzeugung, daß die Hebung der durch die Konkurrenz der Großindustrie hart bedrängten Kleingewerbe nur durch die Beschaffung von Kapital und andern Mitteln des Großbetriebes im Wege der Association zu erreichen sei. 1849 begründete er in seiner Vaterstadt die erste Rohstoffgenossenschaft für Schuhmacher und Tischler. Inzwischen war er zum Mitglied der nach der octroyierten Verfassung von 1849 berufenen Zweiten Kammer gewählt worden, nach deren Auflösung er wegen Teilnahme an dem Steuerverweigerungsbeschlusse von 1848 verklagt, auf seine glänzende Verteidigungsrede jedoch freigesprochen und an das Kreisgericht zu Wreschen (Posen) versetzt wurde. Doch nahm er bald seine Entlassung und kehrte nach Delitzsch zurück, wo er die Weiterentwicklung des Gedankens einer Hebung der arbeitenden Klassen