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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Schutzkuppel - Schutzverwandte
nität. Die sich hieraus ergebende Methode der S.
geht dahin, durch Einverleibung gesteigerter Men-
gen Giftstoffe aus Kulturen von Krankheitserregern
im Körper eines Tiers (Impftiers) möglichst reich-
liche Abwehrstoffe bilden zu lassen, diese aus dem
Blut und den Säften des Impftiers zu gewinnen
nnd sie zur Verimpfuug auf Menschen und Tiere
zu verwenden, die gegen die betreffende Krankheit
immunisiert werden sollen. Am reichlichsten finden
sich diese Abwehrstoffe im Blut, und man verwendet
dieses oder besser das in ihm enthaltene Serum, in
andern Fällen aber auch die durch umständliche
Verfahren isolierten Abwehrstoffe als Impfmaterial
und bringt sie durch subkutane Einspritzung in den
zu immunisierenden Körper. Die dazu erforderlichen
Mengen sucht man durcd Laboratoriumsversuche
festzustellen. Auf diefe Weise sind S. bei Tiercn
gegen Schweinerotlauf, Tetanus, Dipbtheritis,
Pncumonie zu stände gebracht worden; allerdings
fehlen noch die Experimente im großen und unter
naU'nüchen Verhältnissen. Doch besteht Auvsickt,
daß mau auf dicfem Wege fchlicßlich doch zu erfolg-
reichen S. gelangt.
Wenn genügeude Mengen Abwehrstoffe im Körper
eine Heiluug ermöglichen, so ist zu vermuten, daß
Mangel an solchen die Ursache eines ungünstigen
Krankhcitsverlaufs wird. Man bat darum versucht,
bei bereits vorhandener Krankheit den Verlauf
günstiger dadurch zu gestalten, daß man die be-
treffenden Abwehrstoffe in reichlicher Menge zu-
führt, einen etwa vorhandenen Mangel also auf-
hebt. Damit würde ja eine Heilung auch bei vor-
gerückter Erkrankung möglich werden. Die S. wird
zur Hcili mp fu n g, das Schutzimpfungoserum zum
Heilserum. Auch diese Versuche, namentlich die-
jenigen, welche Vehring bei der Diphthcritis an-
stellte, sind bisher vielversprechend; ein entscheiden-
des Urteil über den Wert der Hcilimpfung läßt sich
jedoch bis zur Stuudc noch nicht fällen. Zur Be-
stimmung des Grades der Immunisierungskraft
bezeichnete Vchring als Normalserum ein Blut-
serum, von dem 1 äcF hinreicht, um ein Meer-
schweinchen gegen die zehnfach tödliche Giftdosis zu
schützen. 1 ccm dieses Normalscrums entspricht
einer Immuuisieruugseinheit. Es ist gelungen,
Blutserum zu gewinnen, das das Eechzigsache und
darüber des Normalserums an Immunisierungs-
einhciten enthält; zur Darstellung im großen, die
zur Zeit von der Firma Meister, Lucius H Vrü-
ning, Farbwerte, Höchst a. M., unter Kontrolle von
Behring ausgeführt wird, werden vorwiegend Pferde
benutzt, denen man große Quautitäten von Blut
von Zeit zu Zeit entziehen kann. Das aus diesem
gewonnene Serum wird, nach Zusatz von 0,5 Proz.
Carbolsüure zur Verhütung von Bakterienwucherun-
gen, in Fläschchen zu je <;00, 1000 und 1500 Immu-
nisicrungscinheitcn als Vehrin gs Heilserum in
den Handel gebracht. Zur Behandlung von diphtdcrie-
kranken Kindern in der ersten Zeit der Erkrankung
sind etwa 600 Immunisierungseindeiten erforder-
lich, später muß die Dosis verstärkt werden; zur
Immunisierung gefährdeter Individuen sind ge-
ringere Mengen erforderlich. Schädliche Neben-
wirkungen des Heilserums werden von Behring und
vielen andern in Abrede gestellt. - Vgl. Behring,
Das neue Diphtheriemittel (Berl. 1894).
Schutzkuppel, s. Kuppel (Bd. 10, S. 824d).
Schutzmann, in neuerer Zeit an Stelle des
Ausdrucks Volizeidiener, Sicherheitsdiener u. j. w.
gebräuchlich gewordene Bezeichnung der untersten
Erekutivbeamtcn der Sicherheitspolizei in den
Städten. Der S. trägt eme ihn dem Publikum
kenntlich machende Uniform und ist meistens auch
zu seiner Verteidigung mit einem Seitengewehr be-
waffnet; seine Aufgabe besteht vorzüglich darin, in
Straßen und auf Plätzen auf Nuhe und Ordnung
zu sehen, Störungen zu beseitigen, die Urheber von
solchen zu verhaften. Die Schutzmannschaften sind
in der Negel militärisch organisiert, in ähnlicher
Weise wie die Gendarmen (s. d.) und die Land-
jägerkorpv; sie rekrutieren sich meistens aus aus-
gedienten Unteroffizieren. Die Schutzleute gehören
zwar nicht zum aktiven Heere und zu den Militär-
pcrfonen im Sinne des Neicksmilitärgesetzes; je-
doch erwerben ehemalige Unteroffiziere, welche in
militärisch organisierte Echutzmannschaften einge-
treten sind, den Anspruch auf den Civilversorgungs-
schein (Beschluß des Bundesrats vom 21. März
1882). Die Schutzleute gehören zu den Beamten
des Polizei- und Sicherheitsdienstes, welche nach
ß. 153 der Strafprozeßordnung Hilfsbeamte der
Staatsanwaltschaft und in diefer Eigenschaft ver-
pflichtet sind, den Anordnungen der Staatsanwälte
bei dem Landgericht ihres Bezirks und der diesen
vorgesetzten Beamten Folge zu leisten.
Schützmarke, s. Markenschutz.
Schutzmauke, volkstümliche Bezeichnung für
die sehr selten (in England zumeist) beobachtete echte
Pferdepocke, die vom Menschen auf das Pferd über-
tragen wird. Die S. ist wohl zu unterscheiden von
der gewöhnlichen Mauke (s. d.).
Schutzpapp, s. Enlevagc. Impfung.
Schutzpockcuimpfung, s. Impfung und Schutze
Schutztruppe, f. Deutsch-Ostafrika.
Schutz- und Trutzbündnis, f. Allianz.
Schutzverwaudte, Schutz genossen, Bei-
sassen, diejenigen, welche mit einer polit. Ge-
meinschaft in Verbindung stehen und, ohne eigent-
liche Mitglieder zu sein, deren Schutz genießen. In
Alben konnten sich Ausländer als freie Metöken
aufhalten und selbst Gewerbe treiben, wenn sie sich
einen Patron (Prostates) aus den Bürgern wähl-
ten und ein jährliches Schutzgeld zahlten, und im
Verhältnis zum röm. Staate waren alle Provin-
zialen bloße S. Unter den Deutschen nahmen
Laten, Pfleghafte und sonstige Vogtleute in der
Abhängigkeit von einem siegreichen Volksstamme
oder unter dem Schutze (Vogtei) geistlicher und
weltlicher Grundherren eine Mittelstellung zwischen
Freien und Hörigen ein, und die Juden genossen
als zinsende Kammerknechte den Frieden des Königs
oder seiner mit dem Iudenschutz deliehenen Würden-
träger. Gegen den Druck mächtiger Herren, welche
die kleinern Freien auf dem Lande in ein Hörig-
teitsverhältnis zu bringen suchten, gewährten die
Städte schütz, indem' sie die Bedrängten trotz
mehrfacher, besonders im 13. Jahrh, ergangener
Verbote zu freien Aus- oder Pfahlbürgern an-
nahmen. In denjenigen Stadt- und Landgemein-
den, welche sich um den Besitz einer Mark oder
eines sonstigen, von den Mitgliedern benutzten
genossenschaftlichen Vermögens gebildet hatten,
waren die Inhaber von später gegründeten Stellen
jener Nutzungsrechte der Altgemeinde nicht teil-
haftig. Noch jetzt bilden nach einigen deutschen Ge-
meindeordnungen die S. eine besondere Eiuwobner-
klasse, welche die Rechte des Indigenats (s. d.) besitzt,
aber an der Gemeindeverwaltung keinen Anteil
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