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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Schweiz

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Schweiz (Bergbau)

Getreidekultur in gewöhnlichen Jahren nicht mehr die Hälfte des Bedarfs an Brotfrucht. Nur die Kantone Schaffhausen, Solothurn und Luzern, in manchen Jahren auch Freiburg, erzeugen regelmäßig Getreide über den eigenen Bedarf. Hauptsächlich werden angebaut Weizen, Spelz, in den wärmern Gegenden auch Mais; ferner Hafer, Roggen, dessen Anbau in Wallis bis zu 2100 m ansteigt, Gerste, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Hanf und Flachs, Tabak. Der Überschuß der Einfuhr von Kartoffeln über die Ausfuhr betrug 1892: 29759, 1893: 21534 t. Besondere Sorgfalt wird dem Anbau von Futterpflanzen gewidmet. 1893 waren etwa 31369 ha mit Wein bebaut; geerntet wurden 1603160 hl im Werte von 54,493 Mill. Frs. Die besten Weine liefern Wallis, Waadt und Neuenburg, in der Ostschweiz Schaffhausen, Thurgau, das Weinland des Kantons Zürich, das St. Gallische und das Graubündner Rheinthal. Obst wird in der Hochebene überall, am meisten in Thurgau, Zug, Luzern, Schwyz, Zürich und den untern Rheingegenden gewonnen; Südfrüchte und Kastanien liefern die wärmsten Teile von Wallis, Waadt, Tessin und Genf.

Während in der Hügelregion Landwirtschaft und Viehzucht meistens verbunden sind, verdrängt die Viehzucht in der Bergregion allmählich die erstere und wird in der Alpenregion selbständig als Alpwirtschaft betrieben. Nach der Viehzählung vom 21. April 1886 gab es 98622 Pferde, 2742 Maultiere, 2046 Esel, 1212538 Stück Rindvieh (darunter 663102 Kühe), 394917 Schweine, 341804 Schafe, 416323 Ziegen und 207384 Bienenstöcke. Die Pferdezucht, lange vernachlässigt, hat sich in neuerer Zeit wieder etwas gehoben. Die besten einheimischen Pferdeschläge sind die von Erlenbach, Freibergen (Bern) sowie von Einsiedeln (Schwyz); die meisten Maultiere besitzt Wallis. Das Rindvieh zerfällt, abgesehen von dem aus Ungarn, Italien, Süddeutschland u. s. w. eingeführten Schlachtvieh, in zwei Hauptrassen: in der West- und Nordwestschweiz wird vorzüglich das schwer gebaute, rot- oder schwarzscheckige Fleckvieh (Simmenthaler und Freiburger Schlag) gezogen; in der Ost- und Mittelschweiz herrscht das kleinere, leichter gebaute, graue bis braune Braunvieh (Schwyzerschlag) vor, welches sich durch Milchergiebigkeit auszeichnet. Im Flachlande kommen beide Rassen nebeneinander und vermischt mit dem eingeführten Vieh vor. Schweine werden überall, am meisten in Bern (97295 Stück) und Waadt (48453) gehalten, Ziegen besonders in Bern (88703), Tessin (65179) und Graubünden (48223), Schafe in Graubünden (81369), dessen Alpenweiden zum Teil an ital. Schäfer verpachtet und im Hochsommer von großen Herden sog. Bergamasker Schafe besucht werden; ferner in Bern (74562) und Wallis (59344). Die Pferde- und Rindviehzucht wird gefördert durch Bundes- und kantonale Prämien für Zuchtstiere und Stierkälber, Kühe und Rinder, Zuchtfamilien und durch Prämiierung von Stuten, Stutfohlen, Fohlenweiden u. s. w. Obwohl die Viehzucht einer der Haupterwerbszweige ist, so übertrifft doch die Vieheinfuhr die Ausfuhr meist bedeutend; 1893 wurde Rindvieh im Werte von 15,767, Pferde für 5,338, Schweine für 4,396, Schafe für 1,811 Mill. Frs. eingeführt; ausgeführt wurden dagegen für 15,92 Rindvieh, für 1,411 Mill. Frs. Pferde, für 265064 Frs. Schweine, für 33754 Frs. Schafe. 1892 überwog die Einfuhr von Rindvieh die Ausfuhr um 9,508 Mill. Frs. Groß- und Kleinvieh werden besonders als Schlachtvieh eingeführt, während das schweiz. Großvieh reiner Rasse zur Nachzucht ausgeführt wird. Hauptzweck der schweiz. Viehzucht ist die Milchproduktion; während die Butterbereitung von der Käserei mehr und mehr verdrängt wird, liefert diese mit ihren vorzüglichen Produkten einen der wichtigsten Ausfuhrartikel. Die geschätztesten Käsesorten sind die Emmenthaler, Saanen-, Greyerzer Spaten-, Ursern- und Cristallinakäse; Glarus liefert Schabzieger. Auch die Fabrikation von kondensierter Milch und von Milchzucker sind wichtig. Die Geflügelzucht ist nicht ausreichend, ebenso wenig die Bienenzucht, deren geschätztestes Produkt der weiße Honig des Tavetsch (Graubünden) ist. Die Seidenzucht ist nur im südl. Tessin von Belang.

Die Waldungen umfassen 8064 qkm. Am waldreichsten sind der Jura und die höhern Teile der Hochebene, am ärmsten die Hochalpenkantone und Genf. Der Gesamtertrag der Forste beträgt etwa 40 Mill. Frs. jährlich. Seit 1876 sind die Alpenwaldungen unter Schutz und Aufsicht des Bundes gestellt und einzelne Kantone gezwungen, an der Stelle der bisherigen Waldverwüstung eine geordnete Forstwirtschaft einzuführen.

Die Jagd ist unbedeutend; im Flachlande sind der Hase, hier und da das Reh und das Wildschwein, die Wildente, die Schnepfe und das Rebhuhn die einzigen jagdbaren Tiere; Dam- und Edelhirsch sind wie der Steinbock ausgerottet; in den Alpen dagegen kommen Gemsen und Murmeltiere, Ur-, Birk-, Hasel-, Stein- und Schneehühner noch häufig vor. Von Raubtieren findet sich der Fuchs überall, der Wolf selten im Jura, der Bär im Engadin und seinen Seitenthälern; von Raubvögeln sind der Lämmergeier und der Steinadler der Alpen zu erwähnen. Der frühere Fischreichtum hat sich erst in letzter Zeit durch künstliche Fischzucht und bessere Aufsicht über die Fischerei wieder etwas gehoben. Die wichtigsten Fische sind die Forellen der Bergbäche und Seen, die Blaufelchen und Kilche des Bodensees, die Weißfelchen des Genfer Sees und die Lachse (Salmen) des Rheins. Seit 1876 stehen Fischerei und Jagd unter Aufsicht der Eidgenossenschaft.

Der Bergbau ist unbedeutend. Von verwendbaren Steinarten finden sich vorzügliche Molassesandsteine an vielen Orten der Hochebene, Kalksteine (Solothurner Marmor) und Gips im Jura, Dach- und Tafelschiefer in den Alpen (Glarus, St. Gallen, Bern), Marmor am Splügen, bei Wallenstadt (St. Gallen), St. Triphon (Waadt), Saillon (Wallis), ferner in Freiburg, Bern, Unterwalden, Tessin; Asbest und Serpentin in Graubünden. Von Metallen kommt nur das Eisen in Betracht, das sich sowohl in den Alpen (Eisenglimmer und Roteisenstein) als im Jura (Bohnerz) findet, jetzt aber nur noch bei Delémont (Berner Jura) ausgebeutet wird. Die Gesamtproduktion von Roheisen beträgt jährlich ungefähr 7000 t. Von andern Erzen finden sich Nickelerze und silberhaltiger Bleiglanz in Wallis, silber- und kupferhaltige Fahlerze in Wallis und Graubünden, aber selten in bauwürdiger Menge. Von den zahlreichen einstigen Bergwerken der Alpen steht keins mehr in regelmäßigem Betrieb. Von Mineralkohlen finden sich Anthracit, Braun- und Schieferkohlen und Asphalt. Die Anthracitgruben des Wallis liefern jährlich etwa 4000 t; die Braun- und Schieferkohlengruben der Hochebene (Käpfnach im Kanton Zürich, Uznach im