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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Sensitiv - Separatisten
ohne Beteiligung des Bewußtseins ausgelöst wer-
den können, so ist die erwähnte Verallgemeinerung
mindestens zweifelhaft. Betrachtet man die auf
Reize (Anstöße) eintretenden Bewegungen lebender
Gebilde lediglich nach ihrer äußern Erscheinung und
ohne Rücksicht auf die eventuell damit einhergehen-
den seelischen Vorgänge, so spricht man von Reiz-
bewegungen oder Reflexbewegungen und schreibt
den betreffenden Gebilden Reizbarkeit oder Irri -
tabilität zu. Zum Messen der S. dient das Alge-
simeter (s. d.), das Varästhesiometer (s. d.) u. a. -
Vgl. Ch. Richet, Il6cli6i-c1i68 6x^6rim6iitai68 et
<:Iiniciu68 3ur 1a. 86N3idi1it6 (Par. 1877).
Sensitiv (lat.) und Senfitivität, eigentlich
soviel wie Sensibel (s.d.) und Sensibilität (s.d.), wird
aber bisweilen zur Bezeichnung einer entweder ver-
feinerten oder gesteigerten Sensibilität gebraucht. So
bezeichnet man zuweilen in der Physiologie die Ner-
ven des Gesichts, Gehörs, Geruchs und Geschmacks
als sensitive im Gegensatz zu den sensibeln des allge-
meinen Gefühlssinns, und nennt im gemeinen Leben
sensitive Personen solche, die sich in Beziehung auf
Empfindungs- und Gefühlsleben in einem überreiz-
baren Zustande befinden.
Sensitive Flammen, s. Harmonika (chemische).
Senfitometer,s.Photometer(photographisches).
Senfophon (lat.-grch.), ein den Schreibtele-
graphen und mehr noch den Klopfern (s. Elektrische
Telegraphen ^, 2) verwandter, Ende 1885 in Ame-
rika aufgetauchter und patentierter elektrischer Tele-
graph, der die telegr. Zeichen durch eine Reihe leich-
ter Stiche gegen den auf einen Knopf aufgelegten
Finger giebt, also durch das Gefühl zur Wahr-
nehmung bringt. Einen ähnlichen Vorschlag hatte
etwas früher bereits L. Leonard in Belgien gemacht,
indem er den Ankerhebel eines Morseapparates so
einrichten wollte, daß er gegen das zweite Glied des
Mittelfingers oder gegen eine Fingerspitze längere
oder kürzere Zeit gestoßen werden sollte. Schon 1839
wollte der Holland. Physiker Vorsselmann de Heer
mit seinem physiologischen Telegraphen
fühlbare Zeichen dadurch geben, daß er einen elek-
trischen Strom durch verschiedene Kombinationen
der auf Tasten ruhenden Finger des empfangenden
Beamten sendete. '^s. Embryo.
Senforielles Blatt, das äußere Keimblatt,
Senforium (neulat.), das Sinnes- oderEmpsin-
dungswerkzeug, Empsindungscentrum im Gehirn.
Sensualismus (lat., von sensual, sensuell,
d. h. sinnlich, auf Sinnlichkeit beruhend), die er-
kenntnistheoretische Richtung, welche die letzte und
alleinige Wurzel der Erkenntnis in der Sinnlichkeit
sieht, mithin alle solche Funktionen, die man sonst
für specifisch verschieden von der sinnlichen hielt, von
ihr ableiten will, daher folgerecht auch keinen Gegen-
stand der Erkenntnis außer dem sinnlich Erfaßbaren
gelten läßt. Einen reinen S. vertraten im Altertum
z. B. Protagoras und Aristippus, in der neuern Phi-
losophie ist die engl. Schule seit Locke vorwiegend
sensualistisch gesinnt; den Franzosen gilt als Haupt-
vertreter dieser Richtung Condillac. Etwas unsicher
ist bisher die Abgrenzung des S. gegen den Phäno-
menalismus oder Positivismus. Es liegt an sich
nicht in der Absicht des erkenntnistheoretischen S.,
eine gültige Beziehung der Erscheinung auf einen
von ihr zu unterscheidenden Gegenstand zu leugnen;
obwohl, wenn streng nur die sinnlichen Data zu
Grunde gelegt würden, diese Konsequenz wohl un-
vermeidüch wäre. Eine ganz veränderte Bedeutung
gab dem Ausdruck S. die sogenannte schott. Schule,
indem sie, im Kampfe mit dem Rationalismus,
keineswegs nur die Wahrnehmungen der eigentlich
so benannten Sinne für maßgebend hielt, sondern
daneben einen besondern Moralsinn, reügiöftn Sinn
u. s. w. annahm, d. h. gewisse unmittelbare Gefühle
für das Wahre. Diese Bedeutung von S. ist nickt
mehr von 86N8U8 (Sinn) in der bestimmten Bedeu-
tung von Empfindung oder Wahrnehmung, son-
dern in der unbestimmten des Gefühls abgeleitet.
Sensualität (lat.), Sinnlichkeit.
Sentenriß, s. Schisfbaukunst.
Sententiarier, Anhänger und Nachfolger des
Petrus Lombardus (s. d.).
Sentönz (lat. 86nt6ntia), Ausspruch, Denkspruch;
im jurist. Sinne soviel wie Erkenntnis (s. d.). Sen-
tentiös, voller S., gedankenreich. ^Denkungsart.
Sentimentalität (frz.), Empfindsamkeit,
der Zustand eines Übergewichts der Empfindung
über das thätige Streben. Schiller und Goethe
haben das Wort sentimental, das im gewöhn-
lichen Sprachgebrauch gefühlvoll, rührselig bedeutet,
zur Bezeichnung einer poet. Darstellung verwendet,
worin die durch Reflexion erzeugten Gefühle über-
wiegen, gegenüber der naiven Dichtung, in der
das unbewußte Gefühl vorwaltet. Eingebürgert
wurde das Wort sentimental durch Sternes Roman
"86NtiM6lltHi ^0UlN6^".
Sentis oder Säntis, der höchste Gipfel der
gleichnamigen Gruppe in den Glarner Alpen, er-
bebt sich an der Grenze der Kantone St. Gallen,
Appenzell-Außerrhoden und Innerrhoden zu 2504 m
ü. d. M. Seine kahle Spitze, der Hochsentis, vom
Weißbad bei Appenzell, von Wildhaus oder Alt-
St. Johann im Toggenburg sowie von Urnüsch,
Station der Appenzellerbahn, 10 km südlich von
Herisau, in 6 - 7 Stunden leicht zu erreichen, ge-
währt eine großartige Aussicht auf das Appenzeller
Ländchen, das Toggenburg- und das Rheinthal,
den Vodensee, die Alpen vom Vorarlberg bis zum
Verner Oberland und die Hochebene bis zum Jura
und dem Schwarzwald. Dicht unter dem Gipfel steht
feit 1882 eine Meteorolog. Station; wenig unterhalb
ein Gasthaus. Der nach dem S. benannte Gebirgs-
stock besteht aus felsigen Bergen der Kreideformation,
welche, mit Ausnahme der ewigen Schnee tragen-
den höchsten Gipfel, des S. und des Altmann
(2433 m), den Charakter der Mittel- und Voralpen
tragen. Ein vorzügliches Panorama des S. lieferte
Heim (St. Gallen 1872).
Senüft, Mohammed. Orden, s. Snüssi.
3SN22. soräiNK (ital.), s. Dämpfer.
Seo de Nrgel, span. Stadt, s. Urgel.
3SP2.12. (lat.), Kelchblätter, s. Blüte.
Separat (lat.), abgesondert, für sich allein; in
Zusammensetzungen soviel wie Einzel-, Sonder-.
Separateur (frz., spr. -töhr), s. Senkgrube.
Separatfriede, s. Friedensschluß.
Separation (lat.), Trennung. Als S. (86M-
ratio, I)6U6ticinin ^Mrationi^ wurde im gemeinen
deutschen Konkursprozeß die Abgesonderte Befrie-
digung (s. d.) bezeichnet. Über S. in der Agrar-
gesetzgebung s. Zusammenlegung der Grundstücke,
iiber S. von Bett und Tisch (^Mi-atio a tkoi-o
et IN6Q8H) s. Scheidung von Tisch und Bett.
Separatisten, alle, die sich vom öffentlichen
Gottesdienst absondern und ihre Erbauung im Pri-
vatgottesdienst suchen. Der Separatismus führt