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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Spiralschläuche; Spiraltheorie; Spirant; Spirato; Spirdingsee; Spiriferen; Spirillum; Spiritismus

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Spiralschläuche - Spiritismus

spiralförmig gewundenen Rohr, welches an seinem wasserschöpfenden Ende trichterförmig erweitert ist und mit dem andern in das hohle Ende der Welle mündet. Die zwischen diesem Wellenende und einem Steigrohr eingeschaltete Stopfbüchse stellt einen dichten Verschluß während der Drehung der Welle her. Ist der Apparat mit den zu unterst gelegenen Teilen der Schraubenwindungen in ein Wasserbassin getaucht, so wird von dem trichterförmigen Rohrende, dem sog. Horn, bei der Drehung der Welle in der den Schraubenwindungen entgegengesetzten Richtung abwechselnd Wasser und Luft geschöpft, wobei die geschöpften Wassermengen unter allmählich nach dem Steigrohr hin zunehmendem Druck der zwischen ihnen eingeschlossenen Luft mit dieser in das Steigrohr hineingeschraubt werden. In geeigneter Umgestaltung wird die S. auch zur Erzeugung von Gebläsewind benutzt und dann als Schrauben- oder Schneckengebläse (s. Gebläse) bezeichnet.

Spiralschläuche, s. Gummiwarenfabrikation.

Spiraltheorie, s. Mattstellung.

Spirant (lat.), s. Laut.

Spirato (ital.), verflossenen Monats oder Jahres.

Spirdingsee, auch Schnardewiesee genannt, Landsee auf der ostpreuß. Seenplatte, 117 m ü. d. M., im Weichselgebiet gelegen und zum Reg.-Bez. Gumbinnen gehörig, ist 118 qkm groß, in seinem Hauptbecken von NO. gegen SW. 16 km lang und von N. nach S. bis 9 km breit und 7,4 bis 20 m tief. Er umschließt vier Inseln oder Werder, darunter den bewohnten Spirdings Werder und den Teufelswerder. Die Nebenzweige des Sees sind im N. der Tuchlinner, im NO. der Eckersberger, im Süden der Sexter, im SW. der Warnold-, im NW. der Luknainer See. Im W. reicht ein schmaler Zweig von Rhein bis Guszianka. Dieser heißt im N. Talter Gewässer, im Süden Beldahnsee. Abflüsse hat der S. zwei: der eine im SO. geht durch den Biallolasker und Kesselsee in den Rosch- oder Warschausee (115 m); ebendahin führt aus dem Sexter See ein 5,2 km langer Kanal, der als Pissek bei Johannisburg ausfließt. Der S. erhält von O. den Abfluß des Aryssees, von W. durch den Beldahnsee den Kruttinenfluß. Auch steht er im N. mit dem Löwentin- und so mit dem Angerburger See in Verbindung.

Spiriferen, die wichtigste paläozoische Familie der zweischaligen Armfüßer (s. d.), die in vielen hundert Arten und als hervorragende Leitfossilien (s. d.) im Devon ihre Hauptverbreitung erreicht. Der Name ("Windungsträger") bezieht sich auf das innere sog. Armgerüst, das in zwei kalkigen Spiralkegeln der Schale angelegt ist. Spirifer speciosus v. Schloth. aus dem Mitteldevon zeigt die Tafel: Petrefakten der Paläozoischen Formationsgrnppe II, Fig. 5 (Bd. 12, S. 814).

Spirillum, Schraubenbakterie, eine Bakterienform, die durch korkzieher- oder schraubenförmige Windungen des Bakterienkörpers charakterisiert ist. Sie führen mit Hilfe von Geißelfäden, die an beiden Enden des Körpers ansitzen, eigenartige bohrende Bewegungen aus. In denselben Formenkreis gehören außer den Spirillen im engern Sinne die Vibrionen (s. d.) und Spirochäten. Erstere sind kurz, nur wenig gewunden und meist außerordentlich lebhaft beweglich. Letztere bestehen aus mehrern zu längern Schrauben verbundenen Einzelwesen, deren Bewegungen meist träger sind, doch zeigt dabei oft der gesamte Körper wellige Krümmungen. Zu ihnen gehört der Erreger des Rückfalltyphus, Spirochaete Obermeieri Cohn (s. Tafel: Bakterien, Fig. 4), durch deren Nachweis Obermeier 1873 zum erstenmal sichere Beziehungen zwischen Bakterieninfektion und Fieberverlauf aufdeckte. - über ihre biologischen Eigenschaften s. Bakteriologie. (S. auch Bakterien, Bd. 17.)

Spiritismus (vom lat. spiritus, Geist) oder auch Spiritualismus, moderner Ausdruck für den von Urzeiten her in der Menschheit festwurzelnden Glauben an die Möglichkeit eines Verkehrs mit den Seelen Verstorbener durch Beschwörung und Zaubermittel. Je wilder und roher die Zustände der Menschheit sind, desto mehr pflegt dieser Glaube zu herrschen. Am stärksten verbreitet ist er bei den wilden Völkern (s. Schamanismus), aber auch das heidn. und jüd. Altertum nebst dem Mittelalter sind seiner Spuren voll. Obgleich die theoretische Unmöglichkeit eines derartigen Geisterverkehrs keineswegs streng beweisbar ist und deshalb unter den Denkern gerade die gründlichsten, wie Kant und Lessing, sich immer am meisten vor einem dreisten Absprechen in dieser Angelegenheit gehütet haben, so ist doch außer Zweifel, daß überall, wo sich ein solcher Geisterspuk im geselligen Betriebe ans Licht der Öffentlichkeit wagt, auf der Stelle alle die schlimmen Folgen eintreten, die teils lügenhafter Selbstbetrug, teils hinterlistiger Betrug anderer mit sich führen. Gewöhnlich beginnt die Sache mit unbewußter Selbsttäuschung und endigt mit bewußter Mystifikation der leichtgläubigen Menge. Das hervorragendste Beispiel eines ins Große getriebenen Betrugs dieser Art gab im 18. Jahrh. der berüchtigte Cagliostro. Als man im 18. Jahrh. diesen Glauben vollständig zu überwinden hoffte, erneuerte sich durch den vorgeblichen Geisterverkehr Swedenborgs sowie durch den tierischen Magnetismus, den Mesmer auf die Bahn brachte, der Spuk ärger denn je. Insbesondere wurde während der ersten Hälfte des 19. Jahrh. durch magnetisierende Ärzte aus der Schule der Schellingschen Naturphilosophie die öffentliche Aufmerksamkeit stark auf gewisse merkwürdige Erscheinungen des Dämonismus oder Besessenseins hingelenkt. Justinus Kerner (s. d.) besonders machte sich aus der Beobachtung solcher Krankheitszustände eine Lebensaufgabe.

Der moderne S. geht von Nordamerika aus, wo zuerst in der Familie eines Deutschen, Voß, der seinen Namen in Fox anglisiert hatte (1848 in Hydesville im Staate Neuyork), das Tischrücken (s. d.) und Geisterklopfen erfunden und als eine Quelle der Offenbarungen geisterhafter Wesen (Spirits) bekannt gegeben wurde. Gleich einer Epidemie breitete sich nun der S., trotz aller Bekämpfung durch die Wissenschaft, über Nordamerika aus, offenbar begünstigt durch den von den Quäkern gepflegten Glauben an Geister, göttliche Erleuchtungen u. dgl. m. 1852 zählte man in Philadelphia bereits 300 spiritualistische Zirkel und 1853 an 30 000 Medien in den Vereinigten Staaten. Auch eine umfängliche Litteratur entstand mit förmlichen Theorien der spiritistischen Erscheinungen, einer eigenen, zum Teil recht geschmacklosen Terminologie, so daß das Zerrbild einer "Wissenschaft" entstand, die thatsächlich jeder soliden Grundlage entbehrt, indes noch gegenwärtig so zahlreiche Anhänger zählt, daß die Gründung einer Professur für S. an der Universität in Philadelphia in Aussicht genommen werden konnte. Der Hauptschriftsteller über die unzähligen Offenbarungen des Jenseits ist Andreas Jackson Davis.