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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Straßburg (im Elsaß)

stummenanstalten, endlich ein städtisches Konservatorium der Musik und ein privates Pädagogium für Musik. Außerdem Stadttheater in Verwaltung der Stadt besteht ein Operettentheater, ferner 4 Freimaurerlogen, zahlreiche religiöse, Wohlthätigkeits-, gemeinnützige, patriotische, wissenschaftliche, Kunst-, Gesang- und Musik-, Sport- u. a. Vereine. - In S. bestehen 7 polit. Zeitungen, darunter die nationalliberale "Straßburger Post" (s. d.), der kath. "Elsässer" und das zweisprachige "Elsässer Journal", 2 polit. Wochenblätter und 38 nichtpolit. Zeitungen und Zeitschriften. Unter den Sammlungen steht obenan die Universitäts- und Landesbibliothek (700 000 Bände), die zugleich die Bibliothek des St. Thomasstifts verwaltet; ferner bestehen die Stadtbibliothek (1870 verbrannt, 1872 neu angelegt), ein Bezirksarchiv (1896 erbaut) und Stadtarchiv mit wertvollen Urkunden, ein städtisches Naturgeschichtliches Museum, Kunstmuseum, Kunstgewerbemuseum (Hohenlohe-Museum) mit Gewerbehalle; hierzu kommen noch die kunstarchäol. Sammlung der Universität und die Sammlung von Gipsabgüssen, Architektur- und Skulpturresten des Münsters im Frauenhaus. Der Kunstverein unterhält eine ständige Ausstellung von neuern Werken der bildenden Kunst, die Gesellschaft der Kunstfreunde veranstaltet solche in mehrjährigen Zwischenräumen.

Wohlthätigkeitsanstalten. Die hauptsächlichsten Mittel für die Armenverwaltung fließen aus der St. Marxstiftung (jährliche Reineinnahme über 220 000 M.); aus der Apffelschen Stiftung für dramatische und Tonkunst erhält das Stadttheater sowie das Konservatorium und Orchester jährlich je 20 000 M.; aus der Strauß-Dürckheimschen Stiftung werden Blinde unterstützt; das Vermögen des Stifts Unserer Frauen Werk (jährliche Einnahmen etwa 190 000 M.) kommt teilweise Restaurierungsarbeiten des Münsters zu gute. Das Bürgerspital hat 7 klinische und 5 nichtklinische Abteilungen mit 1450 Betten; ferner bestehen ein Waisenhaus, beherbergt etwa 175, die Bezirks-Waisen- und Findelanstalt 1140 Kinder. An Kranken-, Siechenhäusern, Erziehungs- und Besserungsanstalten bestehen 11 kath. Anstalten (wie die Klöster Allerheiligen, St. Barbara u. a.), 5 evang. (darunter 1 Diakonissenhaus) und 3 israel. Anstalten.

Industrie. Die Industrie umfaßt bedeutende Cigarren- und Tabakfabrikation (die kaiserl. Tabakmanufaktur beschäftigt 1200 Arbeiter), Gerbereien, Lederzurichtereien, Buchdruckereien, Gelb- und Eisengießereien, Glockengießerei, Orgelbauanstalten sowie Branntweinbrennereien und Brauereien (jährliche Produktion etwa 500 000 hl), ferner Fabrikation von Schuhwaren, Kleidern und Leibwäsche, Stearin, Maschinen, Turmuhren, chirurg. Instrumenten, Parkettfußböden, Holzpfeifen, Billards, Tapeten, Gummiwaren, Konserven, Schokolade, Bonbons und Teigwaren, vor allem aber von Gänseleberpasteten, von denen jährlich etwa für 1,6 Mill. M. ausgeführt werden. S. ist Sitz der Südwestlichen Baugewerks-Berufsgenossenschaft und ihrer 4. Sektion, der i. Sektion der Brauerei- und Mälzerei-, der 3. der Papiermacher, der 4. der Südwestdeutschen Holz-, der 13. der Müllerei- und der 39. der Fuhrwerks- sowie der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Unterelsaß.

Handel. Die Zahl der größern Handelsgeschäfte belief sich 1897 auf etwa 270; darunter namentlich Holz-, Kohlen-, Eisen-, Produkten-, Hopfen-, Wein-, Tabak-, Getreide- und Lederhandlungen sowie 18 Banken. Bedeutend ist besonders der Eisen- und Produktenhandel; 1896 wurden 6120 t Halbfabrikate von Eisen und Stahl und 1618 t Rohkaffee eingeführt. Der Handel wird unterstützt durch eine Reichsbankhauptstelle (Umsatz 1896: 1217,830 Mill. M.), Handelskammer und Warenbörse; in der städtischen Sparkasse befanden sich 31. März 1896: 7,350 Mill. M. auf 57 554 Sparbüchern. Sehr besucht sind die Märkte für Landesprodukte.

Verkehrswesen. Der Wasserverkehr ist dank der Vermehrung der Hafen- und Quaianlagen sowie der mit Antwerpen, Rotterdam, Ruhrort-Duisburg, Köln, Mannheim-Ludwigshafen u. s. w. betriebenen Rheinschiffahrt in starkem Aufschwunge begriffen. 1896 kamen an 328 Kanalschiffe mit 60 706 und 519 Rheinschiffe mit 334 646 t, es gingen ab 547 beladene Kanalschiffe mit 93 650 und 141 beladene Rheinschiffe mit 11 196 t Gütern. Außerdem verkehrten im Spitalthor-Hafen 306 Schiffe mit 45 403 t und im innern Stadtgebiet 728 Schiffe mit 92 871 t Gütern. Gegen 1895 ist eine Zunahme des Wasserverkehrs von 70 Proz. erfolgt. - S. liegt an den Linien Weißenburg-Basel, Appenweier-S. (20,8 km), S.-Saales (61,5 km), Lauterburg-S. (55,5 km), S.-Deutsch-Avricourt (91 km) und S.-Mommenheim-Saaralben (91,9 km) der Elsaß-Lothring. Eisenbahnen und hat Straßenbahnverbindung (Straßburger Straßenbahn) mit Truchtersheim (14,9 km), Markolsheim (54,4 km) und Kehl-Bühl (39,1 km). Elektrische und Dampfstraßenbahnen durchziehen die Stadt. S. hat zwei Postämter und ein Telegraphenamt erster Klasse, ein Bahnpostamt, drei Stadtpostanstalten, drei Postämter dritter Klasse (in Königshöfen, Neudorf, Ruprechtsau), eine Postagentur mit Fernsprechverbindung (in Neuhof) und ein Fernsprechamt. - Der 1895 errichtete Verkehrsverein für S. und die Vogesen erteilt unentgeltlich Auskunft in Verkehrsangelegenheiten.

Festungswerke. S. zählt zu den stärksten Waffenplätzen des Deutschen Reichs, dessen mit großartigen Inundationsanlagen versehene Stadtumwallung seit 1870/71 eine wesentliche Umgestaltung und Erweiterung erfuhr. S. hat 11 Thore und ist von 14 Forts, in einer Entfernung von 4 bis 8 km vom Mittelpunkt der Stadt, umgeben, und zwar von 11 linksrheinischen (Fort Fransecky in der Ruprechtsau, Fort Moltke bei Reichstett, Feste Roon bei Vendenheim, Fort Podbielski bei Mundolsheim, Feste Kronprinz bei Niederhausbergen, Feste Großherzog von Baden bei Oberhausbergen, Fort Fürst Bismarck bei Wolfisheim, Fort Kronprinz von Sachsen bei Lingolsheim, Fort von der Tann bei Geispolsheim, Fort Werder bei Illkirch-Grafenstaden, Fort Schwarzhof beim Altenheimer Hof) und 3 rechtsrheinischen (Fort Blumenthal bei Auenheim, Fort Bose bei Kork, Fort Kirchbach bei Sundheim).

Geschichte. Das Gebiet von S. war zur Zeit seiner ersten Besiedelung von Armen des Rheins, der Ill und der Breusch vielfach durchzogen. Von den Tribokern verdrängte Kelten dürften durch die Ergiebigkeit der Jagd und des Fischfangs zur Niederlassung veranlaßt worden sein. Den Römern boten die Lage des Fischerdorfs sowie die Leichtigkeit des Rheinübergangs wesentliche Vorteile für die Anlage einer Militärstation. Als solche erhielt S. (Argentoratum) Mauern, von denen noch in neuerer Zeit Reste bloßgelegt wurden, eine Wasserleitung u. s. w., war Standort der 8. Legion, besaß eine Waffen-^[folgende Seite]