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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Teufelsabbiß - Teuffel

gerettet haben, verharrte die Kirchenlehre im wesentlichen bei den frühern Bestimmungen. Und wenn man einerseits auch Fegefeuer und Hölle immer schrecklicher ausmalte, so boten andererseits doch eine stets bereite Hilfe teils die Gnadenmittel der Kirche, teils die gesteigerte Macht der Jungfrau Maria, die selbst den, der sich dem T. verschrieben, aber dabei nur Gott, nicht zugleich auch ihr, abgesagt hatte, erretten, ja sogar bereits Verdammte wieder aus der Hölle erlösen konnte.

In allen diesen Vorstellungen, kirchlichen wie volksmäßigen, war Luther aufgewachsen. Indem er mit dem Katholicismus brach, verlor er auch den Glauben an die von der Kirche dargereichten Schutzmittel gegen den T. Allein mit dem reinen Gottesworte in der Hand tritt er allem, was diesem widerstrebt, kühn entgegen. Und im schroffen unvermittelten Gegensatz verkörperte sich ihm alles Gottwidrige zu einer einzigen Gestalt, dem T., der nun, in fast wiederum dualistischer Fassung, eine solche Bedeutung erhielt, wie er sie nie zuvor im Christentum besessen hatte. Allerdings wird auch nach Luthers Ansicht der T. mit Gottes Hilfe und durch Gottes Wort überwunden, wie Christus ihn überwunden hatte; aber doch hat er eine wirkliche und sehr gefährliche Macht. Außerhalb Christus regiert der T. und hat das Werk Gottes im Menschen verdorben. Er verursacht die kirchlichen Mißbräuche, sucht die Wirkung des Gebets zu hindern, gefährdet Leben und Eigentum, bereitet Unglück aller Art und tötet die Menschen auf verschiedene Weise, geht aber auch Bündnisse mit ihnen ein. Der Papst wurde für Luther zum leibhaften Antichrist, wie es vordem Mohammed und noch früher Nero gewesen war. Diese Vorstellungen gingen auch in die Bekenntnisschriften der luth. Kirche über und wurden von den spätern Dogmatikern in schulgerechte Verbindung mit den ältern theol. Bestimmungen gesetzt. Letztere begegnen im wesentlichen auch in der reform. Kirche, die jedoch den Exorcismus bei der Taufe verwarf. Nur sehr allmählich und durch angestrengten Kampf konnte der Teufelsglaube im Volksbewußtsein erschüttert werden. Nach dem Vorgang von Spinoza, Balthasar Bekker und des Juristen Christian Thomasius verwarf die Aufklärung des vorigen Jahrhunderts den ganzen Teufels-, Dämonen- und Hexenglauben als abergläubisch, und zu Ende des 18. Jahrh. war derselbe so ziemlich überall aus dem öffentlichen Bewußtsein verschwunden. Die Kritik Schleiermachers an der Vorstellung vom T. hat die wissenschaftliche Unhaltbarkeit derselben gezeigt und sie vom Gebiete der Dogmatik lediglich in die christl. Kunst verwiesen als mytholog. Hülle tiefsinniger sittlicher Ideen. Wirklich liegt dieser Vorstellung der religiös unentbehrliche Gedanke von der unheimlichen Macht der Sünde oder des Bösen zu Grunde, die, wenn auch innerhalb des Bereichs der Erlösung principiell gebrochen, sich immer wieder aufs neue auch an den Frommen versucht. Die Personifikation dieser Idee ist der kirchlichen Vorstellung überhaupt gemäß und nach Analogie zahlreicher anderer Dogmen zu beurteilen, denen dieselbe Versinnlichung einer geistigen Wahrheit zu Grunde liegt. Die neuere Orthodoxie hat sich dem Teufelsglauben wieder zugewandt. - Über T. und Dämonen in der Religion Zoroasters s. d. und Dêw. - Vgl. Roskoff, Geschichte des T. (2 Bde., Lpz. 1869); Wessely, Die Gestalten des Todes und des T. in der darstellenden Kunst (ebd. 1876); Albers, Die Lehre vom T. (Straßb. 1878); Längin, Die biblischen Vorstellungen vom T. (Lpz. 1890); Graf, Naturgeschichte des T. (aus dem Italienischen von Teuscher, Jena 1890); Osborn, Die Teufellitteratur des 16. Jahrh. (Berl. 1893).

Teufelsabbiß, Pflanzenart, s. Scabiosa.

Teufelsanbeter, s. Jeziden.

Teufelsauge, Pflanzengattung, s. Adonis.

Teufelsbanner, s. Exorcismus.

Teufelsberg, s. Drengfurth.

Teufelsbolzen, Vogel, s. Meise.

Teufelsbrücke, die bekannteste Brücke der St. Gotthardstraße, 1830 aus Granitquadern erbaut, liegt von hochragenden kahlen Felswänden umgeben in 1400 m Höhe, 2 km südlich von der Station Göschenen (s. d.) der Gotthardbahn, in der Schöllenenschlucht im schweiz. Kanton Uri und spannt sich mit einem kühnen Bogen von 8 m Weite über die Reuß (s. d.), die in einer Reihe donnernder Wasserfälle durch die Felskluft hinabstürzt. Etwa 6 m unterhalb der jetzigen Brücke liegt die alte, 1888 eingestürzte T. des ehemaligen Saumwegs. Bei der T. fanden im Sept. 1799 harte Kämpfe der Österreicher und Russen gegen die Franzosen statt (s. Französische Revolutionskriege).

T. heißt auch eine Brücke (840 m) über die Sihl, zwischen Einsiedeln und dem Etzel im Kanton Schwyz.

Teufelsbrücke, Ort bei Flottbek (s. d.).

Teufelsdreck, s. Asa foetida.

Teufelsfinger, s. Belemniten.

Teufelsgrube, Kohle bei Altdorf (s. d.) in Bayern.

Teufelsklaue, Pflanzengattung, s. Lycopodium und Aspidium.

Teufelsklaue (Pteroceras), eine Art der Flügelschnecken (s. d.).

Teufelsklaue, eine Art Bagger (s. d. nebst Textfigur 6).

Teufelskralle, s. Bergbohrer.

Teufelskralle, Pflanzenname, soviel wie Rapunzel (s. Phyteuma).

Teufelsmauer, s. Pfahlgraben. - T. heißt auch ein natürlicher, in grotesken Formen aufgetürmter Wall aus Quadersandstein, welcher bis 250 m hoch in der Nähe des nordöstl. Fußes des Harzes von Blankenburg bis zu den "Gegensteinen" bei Ballenstedt in Anhalt sich hinzieht; ferner ein Fels bei Böhmisch-Aicha (s. d.).

Teufelsmühlen, s. Granit.

Teufelspuppe, Pflanzengattung, s. Physalis.

Teufelsstein, s. Riesengebirge.

Teufelswurz, Pflanzengattung, s. Hyoscyamus.

Teufelszwirn, Name verschiedener Pflanzenarten, s. Lycium, Clematis, Cuscuta und Solanum.

Teufen, Dorf und Hauptort des Bezirks Mittelland im schweiz. Kanton Appenzell-Außerrhoden, in 836 m Höhe) an der Dampfstraßenbahn von St. Gallen nach Gais, hat (1888) 4588 E., darunter 378 Katholiken, Post, Telegraph, evang. Kirche, Rathaus mit schönem Saal, Artilleriezeughaus, Real- und Mittelschule, Armenhaus; Musselinfabrikation und Stickerei. T. war im frühen Mittelalter Sitz des Ammanns des Sonderamtes, welches 1366 vom Stift St. Gallen an Rudolf von Steinach verpfändet, 1381 aber wieder eingelöst wurde.

Teuffel, Wilh. Sigismund, Philolog, geb. 27. Sept. 1820 zu Ludwigsburg, studierte in Tübingen und habilitierte sich daselbst 1844 mit der Schrift "De Juliano imperatore Christianismi contemptore et osore" (Tüb. 1844). Nach dem Tode Paulys übernahm er 1845 die Redaktion der durch Pauly begründeten "Realencyklopädie der klassischen Altertumswissenschaft" sowie auch später die der