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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Toulouse

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Toulouse (Geschlecht) - Toulouse (Louis Alexandre, Graf von)

Lafayette trennt die Vorstädte St. Aubin und Matabiau und hat beim Canal du Midi ein Marmorstandbild des Schöpfers desselben, Riquet, von Rissoul-Dorval (1838). Die große nordöstl. Vorstadt Matabiau zu beiden Seiten des Kanals enthält die Tierarzneischule und den Hauptbahnhof. Hinter der Schule steht ein Obelisk zur Erinnerung an die Schlacht von T., 10. April 1814, und weiterhin die Sternwarte. Hinter dem Boulevard d'Arcole liegt die nördl. Vorstadt Arnaud-Bernard, im Nordwesten liegen Kasernen, im Westen hinter dem Arsenal die Vorstadt St. Pierre und südlich davon die bedeutende Vorstadt St. Cyprien mit dem Hôtel Dieu St. Jacques (12. Jahrh.) am Pont Neuf und dem Hospice St. Joseph de la Grave. Diese Vorstadt leidet bei den Überschwemmungen am meisten und wurde 23. bis 27. Juni 1875 fast ganz zerstört.

Bildungsanstalten. Die 1233 gegründete Universität hat außer der prot.-theol. Fakultät zu Montauban (s. d.) eine jurist.,mediz.-pharmaceut., mathem.-naturwissenschaftliche und histor.-philos. Fakultät, 93 Lehrer und 1731 Hörer, eine Bibliothek mit 80 670 Bänden (21 320 sind in Montauban). Außerdem giebt es noch freie Fakultäten für Theologie und Philosophie mit zusammen 23 Lehrern, ein Großes und ein Kleines Seminar, Lyceum, Kleines Lyceum, Lehrerinnenseminar, Collège Ste. Marie, eine der drei großen nationalen Tierarzneischulen, Kurse für Chemie, Physik, Agrikultur, Botanik, Geologie und Geburtshilfe, Kunstschule, Konservatorium und Schule für Musik, Artillerie- und Reitschule, gelehrte Gesellschaften, wie die Akademie derJeux floraux (s. d.), Akademie der Wissenschaften, der Inschriften und Litteratur, der Landwirtschaft und der Jurisprudenz. Handel und Industrie. Durch die Lage an der Garonne, dem Canal du Midi und dem Zusammenfluß verschiedener Pyrenäenstraßen ist der Handel von jeher sehr bedeutend gewesen, namentlich mit Landesprodukten und Lebensmitteln mit Spanien. Ebenso ist auch die Industrie lebhaft; außer der staatlichen Pulverfabrik und der Tabakmanufaktur sind Fabriken für landwirtschaftliche Maschinen und Geräte, Papierindustrie und Gewerbe aller Art vorhanden. Viele Straßenbahnen durchziehen die Stadt.

Geschichte. T., lat. Tolosa, war als Hauptort der Tektosagen schon unter den Römern bedeutend und eine heilige Stadt der Gallier, mit einem heiligen Teiche, der einen großen Schatz enthielt. Es wurde 419 Hauptstadt des Reichs der Westgoten, das nach ihm als das "Tolosanische" bezeichnet wird, fiel 507 an Chlodwig und wurde 778 eine Grafschaft, deren Besitzer mit Raimund VII. 1249 ausstarben (s. den folgenden Artikel), worauf T. 1271 an die Krone fiel. Sehr verderblich für T. waren von 1208 ab die Albigenserkriege (s. Albigenser). Im Bürgerkriege von 1562 fielen 4000 Hugenotten und zu Bartholomäus 1572 wurden noch 300 gemordet. Am 10. April 1814 wurden bei T. die Franzosen von Engländern und Spaniern unter Wellington geschlagen. - Vgl. Jourdan, Panorama historique de T. (2. Aufl., Toulouse 1877); T., histoire, archéologie monumentale, facultés ect. (ebd. 1887).

Toulouse (spr. tuluhs'), altes südfranz. Geschlecht, dem seit 507 das Gebiet und die Stadt T. gehörte. Lange Zeit regierten die Herzöge von Aquitanien in Toulouse, bis Pippin 767 ihrer Herrschaft ein Ende machte: nun wurde Toulouse wieder Sitz einer Grafschaft, die 852 mit Raimund I. an das neue aquitanische Geschlecht kam. Unter ihm und seinen Nachfolgern wurde Quercy und Albigeois, unter Raimund Pons (923-950), der 924 die bis zur Provence vorgedrungenen Ungarn schlug, auch Auvergne und Aquitanien zeitweilig erworben. Auf Pons folgte sein Sohn Wilhelm Taillefer (950-1037), der durch Heirat die Provence gewann. Sein Enkel Wilhelm IV. hatte keine Söhne und gab daher Toulouse an seinen Bruder Raimund IV. von Saint-Gilles, der bereits Novergue, Nimes und Narbonne besaß und einer der reichsten Fürsten seiner Zeit war. Er hatte einen hervorragenden Anteil am ersten Kreuzzug 1096 und eroberte 1103 das Fürstentum Tripolis in Syrien, wo er 1105 starb. Sein Sohn Bertrand, der ihm in Toulouse folgte, zog 1109 ins Heilige Land und starb dort 1112. Sein Nachfolger in Toulouse war sein Neffe Alfons Jordanus (1112-48), der anfangs durch Wilhelm IV. von Aquitanien aus seinem Besitz vertrieben war; dann folgte Alfons' Sohn Raimund V. (1148-95), der sich gegen den Erben der Aquitanier, Heinrich II. von England, mit Hilfe Frankreichs 1159 behauptete und gegen die in Toulouse erstarkende Sekte der Albigenser (s. d.) mit Strenge einschritt. Sein Sohn Raimund VI. (1195-1222) vereinigte mit seinen Gebieten in Languedoc auch noch das Marquisat der Provence auf dem linken Rhôneufer um Avignon; sein Hof war ein Mittelpunkt der provencal. Poesie. Bald aber geriet er wegen Begünstigung der Albigenser (s. d.) mit Papst Innocenz III. in Streit. Mehrfach exkommuniziert, sah er sein reiches Land bald zu einer Beute fanatischer Mönche und habgieriger Kreuzfahrer werden. Dem Anführer der letztern, Simon von Montfort (s. d.), sprach Innocenz 1215 trotz der Demütigung Raimunds VI. die Herrschaft in Toulouse zu. Aber dieser setzte sich zur Wehr und hatte, als er 1222 im Bann starb, fast alle seine Länder wiedererobert. Sein Sohn Raimund VII. (1222-49), ein unruhiger, kriegerischer und unbeständiger Fürst, hatte anfangs gegen Simons Sohn Amalrich von Montfort guten Erfolg, bis dieser seine Ansprüche auf Toulouse an Frankreich abtrat, dessen König Ludwig VIII. nun 1226 gegen Raimund VII. zog. Dieser mußte im Frieden von Paris 1229 einen Teil seines Gebietes an Ludwig IX. von Frankreich geben und den Rest von ihm zu Lehn nehmen, auch Kirchenbuße und Verfolgung der Ketzer geloben. Seine Tochter Johanna wurde mit Ludwigs IX. Bruder Alfons von Poitou vermählt, und dieser erbte Toulouse, als Raimund VII. nach manchen Fehden und Versuchen, sein Land zurückzuerobern, 1249 ohne männlichen Erben starb. Auch Alfons starb 1271 ohne Nachkommen, so daß nun Philipp III. von Frankreich Toulouse mit seiner Krone vereinigen konnte. - Vgl. Devic und Vaissete, Histoire du Languedoc (neue Ausg., 15 Bde., Toulouse 1873-93).

Toulouse (spr. tuluhs'), Louis Alexandre von Bourbon, Herzog von Penthièvre, Graf von, dritter natürlicher Sohn Ludwigs XIV. von der Montespan, geb. 1678, focht 1690 mutig in den Niederlanden, kämpfte im Spanischen Erbfolgekrieg 1704 unentschieden zur See bei Malaga gegen die Engländer und trat dann ins Privatleben zurück. Sein Vater hatte ihn wie auch die andern Kinder der Montespan legitimiert und sogar im Fall des Aussterbens der legitimen Bourbons für thronfähig erklärt. Der Regent Philipp von Orlèans annullierte diese Bestimmungen, ließ aber dem Grafen von T.