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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Trinitatisfest

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Trinitatisfest

begriff dadurch festhielt, daß sie in letzterm eine Mehrheit einander völlig gleichstehender Personen unterschied, und den damit sich ergebenden Widerspruch für ein im Wesen der Gottheit liegendes Mysterium erklärte. Das älteste Judenchristentum hielt an der göttlichen Einheit oder "Monarchie" und der wesentlichen Menschheit Christi fest. Auch der Apostel Paulus kennt die Trinitätslehre noch nicht. Nach ihm ist Christus das himmlische, zu unserer Erlösung ins Fleisch gekommene Urbild der Menschheit, dessen Wesen der von Gott ausgehende Geist ist. Aber derselbe Gottesgeist wird bei der Bekehrung auch den Gläubigen eingepflanzt, die dadurch ebenfalls zu Söhnen Gottes und des ewigen göttlichen Lebens teilhaftig werden. Die Gnostiker, die zuerst polytheistischen Elementen ins Christentum Eingang verstatteten, machten Christum zu einem aus dem Geisterreiche herabgestiegenen "Äon", der entweder mit dem Menschen Jesus sich verbunden, oder nur eine scheinbare Menschheit angenommen habe. In der großen Kirche bildete sich dagegen die Anschauung von Christus dadurch weiter aus, daß die angesehensten Kirchenlehrer auf ihn, wie es zuerst der Verfasser des 4. Evangeliums gethan, den aus der griechischen, namentlich alexandrinischen Phisosophie bekannten Begriff des göttlichen Logos (s. d.) anwandten. Christus wurde dadurch ein neben oder in Gott subsistierendes göttliches Wesen, als dessen Funktion Weltschöpfung und Offenbarung Gottes galten. Da hierbei sich bereits die Frage erhob, wie sein Verhältnis zum Vater innerhalb der Gottheit zu denken sei, wich eine andere Anschauung, die namentlich in Rom bis Mitte des 3. Jahrh. großen Anklang fand (seitens der Bischöfe Zephyrinus und Callistus), dieser Frage dadurch aus, daß sie Gott und Christus dem Wesen nach einfach identifizierte und nur formell unterschied (modalistische Monarchianer, s. d.). Vom Heiligen Geist war in diesen Kontroversen immer nur noch anhangsweise die Rede. Die Logoslehre trug, verteidigt von Irenäus, Tertullian, Hippolytus, den Sieg davon. Doch erhielt sich unter dem Namen des Sabellianismus (s. d.) ein fortgebildeter Monarchianismus, der im Logos ebenso wie im Heiligen Geiste nur verschiedene Erscheinungsformen des einen göttlichen Wesens sah, bis ins 4. Jahrh. hinein. Aber schon Origenes (s. d.) hatte die ältere Logoslehre dahin weiter gebildet, daß er eine "ewige Zeugung" des Logos als des Sohnes von seiten des Vaters lehrte, wodurch jener rücksichtlich der Ewigkeit letzterm schon gleichgestellt war. Im Laufe des 3. Jahrh. gewann diese Meinung allenthalben die Oberhand, und nur darüber war Streit, ob der Sohn in demselben Sinne Gott heißen könne wie der Vater, oder diesem völlig wesensgleich sei oder nicht. Für erstere Ansicht, welche Bischof Athanasius von Alexandria gegen den Presbyter Arius verteidigte, entschied 325 die Synode von Nicäa; doch dauerte es über ein halbes Jahrhundert, ehe das Nicänische Bekenntnis von der Wesensgleichheit des Vaters und des Sohnes allgemeine Annahme fand. Die entgegengesetzte, allmählich zu der Konsequenz fortgebildete Ansicht, daß der Sohn nur die erstgeschaffene Kreatur und höchstens im uneigentlichen Sinne Gott sei, weil doch die Ungezeugtheit nur dem Vater zukommen könne, wurde als arianische Ketzerei von der Kirche ausgeschlossen, und dieser Beschluß auch gegenüber der mannigfach schwankenden kaiserl. Kirchenpolitik festgehalten. Die zu Nicäa noch nicht ausgesprochene Gleichstellung des Heiligen Geistes mit Vater und Sohn wurde auf der Synode zu Konstantinopel (381) angebahnt und dann bald zur herrschenden kath. Lehre erhoben. (S. Heiliger Geist.)

Der im vollendeten Trinitätsdogma liegende Widerspruch wurde schließlich durch die abendländ. Theologie zur vollsten Bestimmtheit entwickelt, am schärfsten im sog. Athanasianischen Symbolum (s. d.) zusammengefaßt und von der mittelalterlichen Kirche als göttliche Offenbarung hingenommen. Zwar versuchte die Scholastik eine Zeit lang das Geheimnis dem Denken begreiflich zu machen, gelangte dabei aber nur bald zu völliger Dreigötterei, bald zur sabellianischen Aufhebung wirklich persönlicher Unterschiede in Gott. Die Reformation des 16. Jahrh. nahm die Trinitätslehre als das Fundament alles Christenglaubens in ihre sämtlichen Bekenntnisschriften herüber und verfolgte jede Abweichung davon als ärgste Ketzerei selbst mit blutiger Gewalt. (S. Servet.) Dennoch ging schon in der Reformationszeit aus der neu belebten Kritik der überlieferten Kirchenautorität die Gründung einer eigenen "unitarischen" Kirchengemeinschaft hervor, die die T. verwarf. (S. Antitrinitarier.) Auch unter den Arminianern (s. d.) und in der anglikanischen Kirche nahmen bald unitarische Meinungen überhand, die der engl. Deismus (s. d.) zur konsequenten Bestreitung der Trinitätslehre ausbildete. Auch der deutsche Nationalismus verwarf dieselbe, während der Supranaturalismus sie in abgeschwächten Formen zu halten suchte.

Die Kantsche Philosophie sah in der T. nur eine symbolische Andeutung der göttlichen Macht, Weisheit und Liebe, oder die schöpferische, erhaltende und regierende Wirksamkeit Gottes. Auch Schleiermacher, der sie in seiner Glaubenslehre in den Anhang verwies, redete nur von verschiedenen Daseinsformen des göttlichen Seins. Die Hegelsche Schule dagegen fand nach dem Vorgange Schellings in der T. den Inbegriff alles spekulativen Gehalts des christl. Glaubens zusammengefaßt, indem man das Ansichsein des Absoluten als den Vater, sein Anderssein in der Welt als den Sohn, seine Rückkehr zu sich selbst im menschlichen Bewußtsein als den Geist bezeichnete. Die freiere prot. Theologie der Gegenwart erkennt im Trinitätsdogma einen Versuch der alten Kirche, den Gottesbegriff christlich zu gestalten, erachtet denselben aber als durch Einmischung metaphysischer Spekulation über das innere Wesen Gottes mißlungen, und glaubt, was im Trinitätsdogma beabsichtigt war, einfacher und zutreffender durch theol.-wissenschaftliche Ausgestaltung des religiösen Begriffs der göttlichen Liebe zu erreichen.

Vgl. Baur, Die christl. Lehre von der Dreieinigkeit und Menschwerdung Gottes (3 Bde., Tüb. 1841-43); G. A. Meier, Die Lehre von der T. (2 Bde., Hamb. und Gotha 1844); Langen, Die trinitarische Lehrdifferenz zwischen der abendländ. und morgenländ. Kirche (Bonn 1876).

Trinitatisfest oder Fest der heiligen Dreieinigkeit (lat. festum trinitatis), wurde im 11. Jahrh. in der röm. Kirche zuerst in Klöstern gefeiert und durch Papst Johann XXII. 1334 für die ganze Kirche und zwar für den ersten Sonntag nach Pfingsten angeordnet. Die Sonntage nach dem T. werden bis zum ersten Advent als Trinitatissonntage gezählt (s. Kirchenjahr und Dominica). Die griech. Kirche feiert statt seiner an demselben Tage das Fest Allerheiligen (s. d.).