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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Varolsbrücke; Varotāri; Vár-Palota; Varrentrapp; Varro; Varrōnische Zeitrechnung

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Varolsbrücke - Varronische Zeitrechnung

Marquis A. de Custine à Varnhagen d’Ense et Rahel Varnhagen d’Ense etc.» (Brüss. 1870), «Biogr. Porträte» (Lpz. 1871). Seine «Ausgewählten Schriften» erschienen gesammelt (3. Aufl. in neuer Ausg., 19 Bde., Lpz. 1887).

Seine Gattin Rahel, geborene Levin, nachher unter dem Familiennamen Robert bekannt, Schwester des Dichters Ludw. Robert, geb. 19. Mai 1771 zu Berlin, sammelte hier wie in Paris, Holland, Prag einen Kreis von Gelehrten und Künstlern um sich. 1808 lernte sie ihr nachheriger Gatte kennen, doch erst 1814 vermählte sie sich mit ihm, nachdem sie zum Christentum übergetreten war. Während der Freiheitskriege war sie eifrig für die Verwundeten, zur Zeit der Cholera 1831 hilfreich für die Kranken thätig. Sie starb 7. März 1833 zu Berlin. Eine reiche Auswahl aus ihrem Nachlaß gab ihr Gatte u. d. T. «Rahel, ein Buch des Andenkens für ihre Freunde» (3 Bde., Berl. 1831) heraus, der dann die «Galerie von Bildnissen aus Rahels Umgang» (2 Bde., Lpz. 1836) folgte. Später erschien aus ihres Gatten Nachlaß «Briefwechsel zwischen Rahel und David Veit» (2 Tle., Lpz. 1861), ferner «Briefwechsel zwischen V. v. E. und Rahel» (6 Bde., ebd. 1874-75) und «Aus Rahels Herzensleben. Briefe und Tagebuchblätter» (hg. von Ludmilla Assing, ebd. 1877). – Vgl. Schmidt-Weißenfels, Rahel und ihre Zeit (Lpz. 1857).

Varolsbrücke (Pons Varolii), Gehirnknoten, benannt nach dem ital. Anatomen Konstanz Varoli (1543‒75). (S. Gehirn.)

Varotāri, Alessandro, venet. Maler, genannt Il Padovanino, geb. 1590 zu Padua, gest. 1650 zu Venedig, bildete sich nach den Werken Tizians und Paolo Veroneses. Zahlreiche Bilder von ihm befinden sich in den Kirchen Venedigs und Paduas, auch in der Akademie zu Venedig (Hochzeit zu Kana, 1622); ein schönes Werk ist: Judith mit dem Haupte des Holofernes (Dresdener Galerie; mit geringen Veränderungen im Hofmuseum zu Wien).

Vár-Palota, ungar. Groß-Gemeinde, s. Palota.

Varrentrapp, Konrad, Historiker, geb. 17. Aug. 1814 in Braunschweig, studierte in Göttingen, Berlin und Bonn, habilitierte sich 1868 in Bonn, wurde 1873 daselbst außerord. Professor, 1874 ord. Professor in Marburg, 1890 in Straßburg. Er schrieb: «Erzbischof Christian Ⅰ. von Mainz» (Berl. 1867), «Zur Geschichte der kurfürstl. Universität Bonn» (Bonn 1868), «Hermann von Wied und sein Reformationsversuch in Köln» (Lpz. 1878), «Johannes Schulze und das höhere preuß. Unterrichtswesen in seiner Zeit» (ebd. 1889).

Varro, Marcus Terentius, von seinem Geburtsort Reate im Sabinerland Reatinus genannt, der größte Gelehrte des alten Roms, wurde 116 v. Chr. geboren. Er bekleidete die höhern Staatsämter bis zur Prätur und kämpfte dann im Bürgerkriege auf seiten des Pompejus in Spanien. Nach dem Ende des Krieges kehrte er, von Cäsar zum Vorstand der zu gründenden öffentlichen Bibliothek bestimmt, nach Rom zurück. Von Antonius proskribiert, verlor er, wenn auch nicht sein Leben, so doch einen Teil seiner Bibliothek und seinen Grundbesitz. Er starb im höchsten Greisenalter. Ein Vertreter der alten nationalen Römersitte, erstreckte V. seine Forschungen auf alle Gebiete des menschlichen Lebens, insbesondere aber auf die des röm. Altertums (Sprache, Religion, Sitten, Recht, staatliche Einrichtungen u. s. w.). Unter seinen poet. Werken ragen die 150 Bücher «Saturae Menippeae» hervor, in denen Prosa und Poesie, sowie Ernst und Scherz, ähnlich wie bei dem Cyniker Menippus, gemischt waren; unter den prosaischen Werken freierer Art und Form die 76 Bücher «Logistorici», welche philosophische, namentlich ethische Erörterungen mit vielen Belegen aus Mythen und Geschichte enthielten. Unter den gelehrten Werken V.s war das bedeutendste eine röm. Altertumskunde in 41 Büchern, von denen 25 dem öffentlichen und Privatleben, 16 dem Sakralwesen gewidmet waren. Daneben treten bedeutsam die 15 Bücher «Imagines» oder «Hebdomades», welche außer dem biogr. Text 700 Porträtbilder (wahrscheinlich durch Schablonen hergestellt) nebst beigegebenen Versen enthielten. Von weittragender Bedeutung waren ferner die 9 Bücher «Disciplinae», die erste röm. Encyklopädie, aus der später die sog. sieben freien Künste des Mittelalters hervorgegangen sind. (S. Martianus Capella.) Dazu hat V. die hier zusammengefaßten Disciplinen großenteils auch in Einzelschriften bearbeitet und auch Werke über die Landwirtschaft und «De jure civili» geschrieben. Endlich hat er außer einem großen Hauptwerke «De lingua latina» mehrere Specialschriften grammatischen Inhalts verfaßt.

Erhalten sind nur «De re rustica» (hg. neuerdings von H. Keil zusammen mit Catos Buch, Bd. 1, Lpz. 1884, und Bd. 2, Heft 2, 1891), sowie sechs Bücher, aber unvollständig, von den 25 des Werks «De lingua latina» (hg. von Spengel, Berl. 1826 u. 1885, und von O. Müller, Lpz. 1833). Eine Sammlung und Bearbeitung der zahlreichen Fragmente der übrigen Werke fehlt zur Zeit noch. Die der «Saturae Menippeae» besorgten Öhler (Quedlinb. 1844), Riese (Lpz. 1865), Bücheler in der Ausgabe des Petronius (3. Aufl., Berl. 1882); die der «Logistorici» Riese (in der Ausgabe der «Saturae», Lpz. 1865) und mit denen der «Heptomades» Chappuis (Par. 1868). Von dem gelehrten systematischen Hauptwerk V.s über die röm. Altertumskunde sind die Fragmente der ersten Hälfte im 5. Bände der «Leipziger Studien» (1882), die der andern, welche das Sakralwesen enthielt, von Merkel in seiner Ausgabe von Ovids Fasten (Berl. 1841) gesammelt; die der Schrift «De vita populi romani» hat Kettner (Halle 1863), die der vier Bücher «De gente populi romani» derselbe in den «Varronischen Studien» (ebd. 1865), die der grammatischen Schriften Wilmanns bearbeitet (Berl. 1864). Von ältern Gesamtausgaben ist zu nennen die von Stephanus mit Scaligers Anmerkungen (Par. 1581‒91). – Vgl. K. L.Roth, Das Leben des V. (Bas. 1857); Ritschl, Die Schriftstellerei des M. T. V. (im 3. Band der «Opuscula», Lpz. 1877) nebst den andern Arbeiten desselben über V.; Boissier, Étude sur la vie et les ouvrages de Varron (Par. 1861).

Varro, Publius Terentius V. Atacinus, röm. Dichter, geb. 82 v. Chr. zu Atax in der Narbonensischen Provinz (in Gallien), unfern der Hauptstadt Narbo Martius (Narbonne), gest. 37 v. Chr. Bedeutendere Werke von ihm waren die nach dem griech. Original des Apollonius (s. d.) von Rhodus gedichteten «Argonautica», ein originales Epos «De bello Sequanico», über den Krieg Cäsars gegen die Sequaner, außerdem eine Chorographie und eine Witterungskunde nach alexandrinischen Vorbildern. Die Bruchstücke sind zusammengestellt von Bährens («Fragmenta poetarum romanorum», Lpz. 1886).

Varrōnische Zeitrechnung, s. Ära.