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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Vellinghausen; Vellon; Vellore; Velocimeter; Velociped

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Vellinghausen - Velociped

V. war eine bedeutende Volskerstadt, die 338 v. Chr. zu Rom kam.

Vellinghausen, Dorf und Rittergut im Kreis Soest des preuß. Reg.-Bez. Arnsberg, links von der Lippe, hat (1895) 555 E., darunter 20 Katholiken. Hier siegte Herzog Ferdinand von Braunschweig über die Franzosen 15. und 16. Juli 1761.

Vellon (span., spr. welljohn), soviel wie Billon (s. d.); Real de V., s. Real.

Vellore, engl. für Wellur, Stadt in Karnatak (s. d.).

Velocimeter (lat.-grch.), s. Chronoskop.

Velociped (vom lat. velox, d. i. schnell, und pes, d. i. Fuß), Fahrrad, eine Maschine, welche die Ausnutzung der menschlichen Muskelkraft zur selbständigen Fortbewegung mit größerer Geschwindigkeit als beim Gehen ermöglicht. Die Erfindung des Fahrrades machen sich Deutschland, Frankreich, Italien und England streitig, wo bereits im 17. und 18. Jahrh. mechanisch in Bewegung zu setzende Kunstwagen erwähnt werden. Als wirklicher Vorläufer unserer modernen Zweiräder ist die Reitmaschine oder Draisine (s. d.) zu betrachten. Eine wesentliche Verbesserung dieses unbeholfenen Fortbewegungsmittels schuf 1855 Michaux in Paris, indem er das Vorderrad mit zwei Tretkurbeln versah. Nach einem neuern Bericht soll jedoch der 1812 geborene Instrumentenmacher Phil. Moritz Fischer in Schweinfurt nachweislich schon zu Anfang der fünfziger Jahre (spätestens 1855) sich ein Zweirad mit Tretkurbeln gebaut und dieses zu seinen Geschäftstouren gebraucht haben. Von einer eigentlichen Verbreitung des Fahrrades kann jedoch erst im Laufe der sechziger Jahre die Rede sein, nachdem es durch vielfache technische Verbesserungen vervollkommnet worden war. Bis noch vor wenigen Jahren waren fast alle technischen Verbesserungen engl. Ursprungs; so baute der Engländer Madison 1867 das erste Rad mit Drahtspeichen; dann wurden die Holzfelgen durch massives Eisen ersetzt. 1869 benutzte der Turnlehrer Trefz aus Stuttgart das Hinterrad zum Antrieb und das Vorderrad zur Steuerung. Seit 1871 verwendet man zum Gestell und den Felgen statt des Holzes und massiven Eisens leichte widerstandsfähige Stahlröhren, wodurch die Fahrräder nicht nur dauerhafter, sondern auch gefälliger wurden. Eine weitere bemerkenswerte Verbesserung bildet die Umspannung der Felgen mit massiven Gummireifen, ebenso die Verwendung der Kugellager statt der einfachen Achsenlager. 1889 wurden dann die massiven, etwa 5/8 -1zölligen Gummiringe (Solid tyres, Vollreifen) durch etwa 1-1½ Zoll starke, hohle Reifen (Cushion tyres, Kissen- oder Polsterreifen) ersetzt, bis 1891 der Schottländer J. B. Dunlop seinen pneumatischen Reifen (Pneumatic tyre, Preßluftreifen) konstruierte. (Über diesen und weitere Reifen sowie andere Teile s. die Erläuterungen auf der Rückseite der Tafel: Velociped.)

Die Fahrräder können mit 1, 2, 3, 4 und mehr Rädern konstruiert sein und werden dem entsprechend genannt: Einrad (Monocycle), Zweirad (Bicvcle), Dreirad (Tricycle), Vierrad (Quadricycle) und Vielrad (Multicycle). Das Einrad dient nicht dem eigentlichen Radfahrsport (s. d.), da seine Geschwindigkeit sehr gering ist und das Fahren mit demselben große Übung erfordert; es wird daher nur von Artisten verwendet. Das Zweirad war früher als Hochrad (Ordinary Bicycle, s. Tafel: Velociped, Fig. 1) gebräuchlich; jetzt wird es fast nur noch zum Kunst- und Reigenfahren verwendet. Weitere, jetzt fast gar nicht mehr gebräuchliche Gattungen des Zweirades mit Vorderradantrieb sind das Facile (Hochrad mit Zahnradübersetzung und Hebelantrieb), das Kangaroo (verhältnisniäßig niederes Hochrad mit Kettenantrieb am Vorderrad) und das Star Bicycle (Hochrad mit Hebelantrieb mittels auf Trommeln laufender Riemen und vorn befindlichem kleinem Steuerrad). Neuere Konstruktionen von Zweirädern sind das sog. übersetzte Hochrad (Geared Ordinary Bicycle), welches Vorderradantrieb mit gleichzeitiger Zahnradübersetzung besitzt, ferner der Front-Driver, welcher sich von diesem lediglich durch die Façon unterscheidet. Bequemer beim Auf- und Absteigen, auch sicherer beim Fahren ist das niedere oder Sicherheitszweirad mit Hinterradantrieb durch Kettenübersetzung (Bicyclette oder Safety Bicycle), das Ende 1884 von dem Engländer J. K. Starley konstruiert und im folgenden Jahre von der Firma Starley & Sutton (jetzt J. K. Starley & Co., Coventry) unter der Bezeichnung Rover Safety Bicycle, später einfach Rover (von engl. to rove, herumschwärmen, umherstreifen) oder Niederrad genannt, auf den Markt gebracht wurde und jetzt das gebräuchlichste Fahrrad darstellt. Dasselbe wird jetzt speciell für Militär, Jäger u. s. w. so niedrig gebaut, daß man, um die Waffe zu gebrauchen, das Rad nicht zu verlassen braucht, sondern nur die Füße auf den Boden setzt. Einen Herrenrover als Tourenmaschine zeigt Fig. 2, als Rennmaschine Fig. 13. Beim Damenrover (Fig. 3) sind Hinterrad und Kette mit Schutzgehäusen umgeben. Ein engl. Niederrad neuester Konstruktion (Fig. 14) kann sowohl von Herren als von Damen gefahren werden; es zeichnet sich durch große Stabilität und geringes Gewicht aus. In anderer Weise sucht man das Gewicht durch Anwendung leichter Materialien (Aluminiumlegierungen, Bambusrohr u. s. w.) zu verringern. Kettenlose Rover werden von der Pariser Fabrik "Acatène-Métropole", neuerdings auch in Deutschland gefertigt. Bei diesen Rädern geschieht die Übertragung von der Kurbelachse zum Hinterrad entweder durch zwei Kegelräderpaare (Fig. 9) oder besser durch Stirnräder (System Lutz in Darmstadt, Fig. 6). Das Zwischenrad, welches von dem auf der Tretkurbelachse sitzenden Zahnrad angetrieben wird, greift in Triebstöcke ein, die an dem Hinterrad sitzen und mit Gummi überzogen sind. Für militär. Zwecke bauen die Adler-Fahrradwerke in Frankfurt a. M. ein Fahrrad mit dem modernen sog. Humberrahmen, das ebenso rasch zusammengeklappt als wieder in seinen Gebrauchszustand gebracht werden kann. Fig. 7 zeigt das Fahrrad halb nach hinten umgeklappt und die Lenkstange heruntergeklappt. Am obern und untern Rahmenrohre sind Scharniere angebracht, deren jedes aus zwei Hülsen besteht, die über die zusammenstoßenden Rohrenden aufgeschoben und mit diesen durch Lötung verbunden sind. Zum Zweck einer absolut festen Verbindung der Scharnierteile und sichern Versteifung des Rahmens sind im Innern der Rahmenrohre Schiebhülsen angebracht, welche mittels eines Handgriffs über die Scharnierteile geschoben und durch Klemmschrauben befestigt werden. Von den doppelsitzigen Zweirädern sind die Sociables ("Gesellschaftsräder"), die lange Zeit veraltet waren, neuerdings wieder aufgekommen; bei ihnen sind die Sitze der beiden Fahrer nebeneinander (Fig. 8), während die Fahrer auf dem modernen