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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Veluchi - Vendée

See, im engern die 90 km lange untere Stufe, die von der Landschaft Bormio durch den Engpaß Serra di Morignone getrennt wird. Das eigentliche V. ist ein üppiges, nach Westen geöffnetes Thal zwischen den Bernina- und den Bergamasker Alpen, deren Abhänge bis hoch hinauf mit Nadelwäldern und Almweiden bekleidet sind. Die Vorhügel sind ungemein fruchtbar und liefern auf der rechten Thalseite hoch geschätzte Rotweine (Sassella, Inferno, Grumello u. s. w.); der Thalgrund, im untersten Teile sumpfig, wird in dem obern von Obstgärten, Mais- und Kornfeldern eingenommen. Malerische Nebenthäler, Val Malenco, Val Masino u. s. w., öffnen sich zu beiden Seiten. Außer Wein gelangen auch Vieh, Honig, Rohseide und Holz zur Ausfuhr. Die wichtigsten Ortschaften sind außer Sondrio das Städtchen Tirano (s. d.) am Eingang des Poschiavo (s. d.), Teglio, nach dem das Thal benannt ist, Morbegno (260 m, 3400 E.) mit schöner Kirche, mehrern ehemaligen Klöstern und einem alten Palast der Malacrida und Grossotto, Grosotto, oberhalb Tirano mit 1998 E. Die Hauptverkehrslinie ist die Bahn Colico-Sondrio und die große Straße des Addathals, Sondrio-Bormio.

Im Mittelalter machte das V., wie Bormio und Cbiavenna, einen Teil der Lombardei aus, fiel an das Herzogtum Mailand und wurde 1512 an Graubünden abgetreten. Am 19. Juni 1620 versuchten die Katholiken des V. sich durch Ermordung der Beamten und aller Reformierten von der Herrschaft der Bünde frei zu machen (Veltliner Mord). Nach mannigfachen Wechseln im Dreißigjährigen Krieg gelang es aber den Bündnern, mit Hilfe Spaniens und Österreichs sich im Besitz der Thäler zu behaupten. 1797 sagte sich das V. von Graubünden los und wurde von Bonaparte der Cisalpinischen Republik einverleibt. 1814 kam das V. an das Lombardisch-Venetianische Königreich unter österr. Herrschaft, 1859 an Italien. - Vgl. Romegialli, Storia della Valtellina (Sondrio 1834); Leonhardi, Das V. (Lpz. 1860); Tschudi, Graubünden und V. (St. Gallen 1871); Guida alla Valtelina (Mail. 1873); Zwiedineck-Südenhorst, Die Politik der Republik Venedig, Bd. 2 (Stuttg. 1885); Wiezel, Veltliner Krieg (Straßb. 1887).

Veluchi, früher Tymphrestos, Gipfel im südl. Pindus in Mittelgriechenland, ist 2319 m hoch.

Velum palatinum, Gaumensegel, s. Gaumen.

Velvet (engl.), soviel wie Sammet (s. d).

Velveteen (engl., spr. -tihn), soviel wie unechter Sammet (s. d.).

Vely, E., Pseudonym für Emma Simon (s. d.).

Veme, s. Femgerichte.

Vena (lat.), Blutader, s. Venen; V. anonyma, s. Anonyma; V. cava, s. Hohladern; V. haemorrhoidales, s. Hämorrhoiden; V. jugulares, s. Drosseladern; V. portae, s. Pfortader.

Venaissin (spr. wĕnässäng), ehemalige Grafschaft im franz. Depart. Vaucluse in der Provence, hat seinen Namen von dem Städtchen Venasque (mittellat. Vendascum). Ursprünglich im Gebiete des Deutschen Reichs den Grafen von Toulouse gehörig, wurde das V. vom letzten Grafen Raimund VII. an die Kirche abgetreten, von dieser aber 1243 wieder an Raimund zurückgegeben. Als dessen Erbe, sein Schwiegersohn Alfons von Poitou, 1271 kinderlos gestorben war, erbte die franz. Krone sein Gebiet. Diese trat das V. 1273 an den Papst ab, ebenso wie 1348 das von V. umschlossene Gebiet von Avignon. Der Papst ließ die Landschaften, nachdem sie wiederholt von den franz. Königen eingezogen worden waren, durch Rektoren regieren, bis sie 14. Sept. 1791 für immer mit Frankreich vereinigt wurden.

Venal (lat., käuflich, feil; davon das Hauptwort Venalität.

Venantius Fortunatus, lat. Dichter, geb. um 530 zu Duplavilis bei Treviso, erwarb sich zu Ravenna eine ausgezeichnete Bildung in Grammatik und Rhetorik, Philosophie und Theologie, zog um 560 durch Germanien und Gallien, lebte längere Zeit am Hofe Sigeberts von Austrasien und begab sich dann nach Poitiers, wo Radegunde, Gemahlin Chlothars I., deren Leben er später beschrieb, in einem Kloster lebte. Jetzt erst trat V. F. in den geistlichen Stand, wurde 599 Bischof von Poitiers und starb als solcher 609. V. F. ist der letzte bedeutende Dichter vor Karl d. Gr. Die beste Ausgabe seiner Werke veranstaltete Luchi (2 Bde., Rom 1786-87). In den "Monumenta Germaniae historica. Auctores antiquissimi" erschienen die "Opera poetica" (hg. von Leo, Berl. 1881) und die "Opera pedestria" (hg. von Krusch, ebd. 1885). - Vgl. Bormann, Über das Leben des lat. Dichters Fortunatus (Programm, Fulda 1848); Le Roux, Le poète Fortunat (Poitiers 1885).

Venäsektion (lat.), der Aderlaß.

Venasque, span. Stadt, s. Benasque.

Vendée (spr. wangdeh). 1) 75 km langer franz. Fluß in Poitou im Departement V., entspringt an der Südwestseite der Hauteurs de la Gatine, geht in südwestl. Lauf an Fontaney-le-Comte vorüber und mündet, zuletzt schiffbar, oberhalb Marans rechts in die Sèvre-Niortaise. - 2) Franz. Departement, besteht aus dem westl. (Nieder-)Poitou, liegt zwischen den Depart. Loire-Inférieure im N., Deux-Sèvres im O., Charente-Inférieure im S. und dem Atlantischen Ocean im W., hat auf 6707,75 nach Berechnung 6971) qkm (1896) 441 735 E (620 weniger als 1891), darunter 198 Fremde, also 66 E. auf 1 qkm, zerfällt in 3 Arrondissements (Fontenay-le Comte, La Roche-sur Yon, Les Sables d'Olonne) und 30 Kantone mit 303 Gemeinden und hat La Roche-sur-Yon (früher Napoléon Vendée genannt) zur Hauptstadt. Das Land wird von der Sèvre-Nantaise an der Nordostgrenze sowie der ihr zufließenden Maine, von der Sèvre-Niortaise (mit der V.) an der Südgrenze, den Küstenflüssen Vie, Jaunay, Ausance und dem 104 km langen, 22 km schiffbaren Lav (mit Yon) sowie von der links zur Loiremündung gehenden Boulogne bewässert, hat eine einförmige Küste mit wenig Vorgebirgen (Pointe de l'Aiguille), Häfen (Beauvoir, St. Gilles-sur-Vie, Sables d'Olonne) und den vorgelagerten Inseln Bouin 45 qkm), mit Fischerei und Salzgewinnung, Noirmoutier und Yeu. Es enthält verschiedenartige Gebiete, wie Le Marais (Morastland) im S., südlich von Luçon und Fontenay, dem Meere abgerungener Alluvialboden mit Salzsümpfen, Weide- und Ackerland, wo Hanf, Getreide, Gemüse und guter Wein gedeihen, aber ungesund und ohne Trinkwasser; sodann Le Bocage (Buschland) im O., Hügelland mit Wald und Heide sowie mittels der vielen Wasserläufe urbar gemachtem Boden, der Obst, Gemüse und guten Wein trägt; die Hauteurs de la Gatine steigen im Mont-Malchus 285 m empor; ferner La Plaine (Ebene) im S., ein aus Jurakalk bestehendes dürres Gebiet. Das Klima ist feucht, aber gesund. 1020 qkm sind Wiesen und 4616 qkm Ackerland, wo Weizen (1895: