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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Vereinigte Staaten von Amerika (Bevölkerung)

außerdem überall eine Rolle. Kalte Fieber, Wechselfieber, Ruhr und Gallenfieber sind besonders in neu umbrochenem Lande und vorzugsweise in den Marschen häufig. Am Golf von Mexiko erscheint nicht selten im Spätsommer das Gelbe Fieber und verbreitet sich in den Südstaaten bisweilen landeinwärts. Die Ebenen des Mississippibeckens bieten Stürmen gewöhnlicher Art wenig Widerstand, und die gefürchteten, namentlich hier sich bildenden Wirbelstürme, gewöhnlich Cyklons genannt, richten, wenn auch in eng umschriebenem Pfade, zuweilen arge Verwüstungen an. Besonders gefürchtet sind im Nordwesten im Winter die Blizzards. Erdbeben sind überall selten, mit Ausnahme von Kalifornien.

Bevölkerung. Die Bevölkerung wächst sehr rasch. Während sie 1790 nur 3929214 betrug, 1830 dagegen sich auf 12866020 und 1860 auf 31443321, 1870 auf 38558371 und 1880 auf 50155783 belief, zählte sie nach dem Census von 1890: 62622250 (32067880 männl., 30554370 weibl.) E. Darunter waren 54983890 Weiße, 7470040 Farbige, 107475 Chinesen, 2039 Japaner und 58806 Indianer (s. Tafel: Amerikanische Völkertypen, zum Artikel Amerikanische Rasse). Zu diesen Zahlen kommen noch für die unorganisierten Gebiete 32052 E. in Alaska und 325464 E. im Indianerterritorium und auf den Reservationen, sowie 89990 E. der Sandwichinseln. 1897 schätzte man die Gesamtzahl auf 74,3 Mill. Die ersten Neger kamen 1620 in die nordamerik. Kolonien Englands. 1790 gab es schon 697897 und 1860 sogar 3953760 Sklaven in den Vereinigten Staaten. (S. Sklaverei.) Am 1. Jan. 1863 wurden alle Sklaven in den Staaten, die sich in Rebellion gegen die Union befanden, für frei erklärt. Später wurden die Neger auch politisch den Weißen gleichgestellt. 1890 waren in Südcarolina 60 Proz., in Mississippi 58, Louisiana 50, Georgia 47, Alabama 44, Florida 42, Virginia 39, Nordcarolina 35, District of Columbia 33, Arkansas 27, Tennessee 24, Texas 22, Maryland 21, Delaware 17, Kentucky 15 Proz. aller Einwohner Farbige. Namentlich in den drei erstgenannten Südstaaten, wo die Neger im allgemeinen sich in der Mehrzahl befinden, spielt das Rassenproblem im öffentlichen Leben eine Hauptrolle. Während man im N. und W. mehr von einem tiefgehenden und allgemeinen Vorurteil gegen Farbige sprechen kann, muß das Verhältnis im S. geradezu als eine absolute sociale Kluft bezeichnet werden. Hier sind die Farbigen von den Weißen in Bezug auf Kirchen, Schulen u. s. w. streng geschieden, und Mischehen sind gesetzlich verboten. Dabei gelten fast vollkommen weiße Oktavonen in allen socialen Verhältnissen ebenso sehr als "Farbige" wie die schwärzesten Neger. Trotz alledem kommen die beiden Rassen in wirtschaftlicher Beziehung nicht so übel miteinander aus. Chinesen befinden sich besonders in den Staaten an der Westküste, wo auch die Bevölkerung am heftigsten gegen ihre Zulassung war und schließlich das Verbot der Einwanderung der Chinesen in die Union durchgesetzt hat. Von allen eingewanderten Nationen sind sie die einzigen, welche sich nicht assimilieren. 1890 waren 72000 in Kalifornien, 9000 in Oregon, 4000 bis 1000 in Washington, Nevada, Montana, Idaho, Colorado und Arizona. In den östlichern Staaten sind sie vereinzelter und haben sich dort hauptsächlich auf den Betrieb von Waschanstalten verlegt. (S. Chinesenfrage.) Die Indianer wohnen entweder im Indianerterritorium oder anderwärts, meist auf Reservationen, d. h. auf Land, das den Stämmen zum ausschließlichen Wohnsitz angewiesen ist. Die Bundesregierung hält bei ihnen "Agenten" genannte Beamte (56) stationiert, beaufsichtigt sie und unterstützt sie. 1896 wurden 12 Mill. Doll. für die Indianer ausgegeben. Im Gegensatz zu den Stammesreservationen macht in den letzten Jahren die Zustellung von Land für jedes Einzelindividuum Fortschritte. Hiermit ist die Trennung von der Stammesangehörigkeit und die Erwerbung des Bürgerrechts verbunden. Im Indianerterritorium lebten (1895) 67358, in den Reservationen von Arizona 37723, von Montana 10783, von Oklahoma 12570, von Süddakota 18861, von Kalifornien 12574, von Washington, Neumexiko, Wisconsin je 9000 Indianer u. s. w., zusammen 248340 gegen 255327 im J. 1880.

Was die Gebürtigkeit betrifft, so waren (1890) 85,23 Proz. in der Union und 9249547, d. i. 14,77 Proz., im Ausland geboren, gegen 13,32 Proz. im J. 1880 und 9,68 Proz. im J. 1850, und zwar kommt der größte Anteil der Zuwanderung auf die nördlichen atlantischen, die nördl. Central- und die Weststaaten. Es waren gebürtig 1890 aus:

Geburtsländer Einw. 1890

England 909092

Wales 100079

Schottland 242231

Irland 1871509

Deutschland 2784894

Canada, Neufundland 980938

Schweden 478041

Norwegen 322665

Rußland 182644

Italien 182580

Polen 147440

Dänemark 132543

Österreich 123271

Böhmen 118106

Frankreich 113174

China 106688

Schweiz 104069

Niederlande 81828

Mexiko 77853

Cuba u. Westindien 23256

Ungarn 62435

Belgien 22639

Portugal 15996

Spanien 6185

Südamerika 5006

Andere Länder 54385

Etwa je ein Drittel der nicht im Inland Geborenen stammt also aus Großbritannien und Irland und aus Deutschland.

Bis 1820 fehlen alle Nachweise über die Zahl der Eingewanderten. Man nimmt an, daß bis einschließlich 1820 im ganzen 250000 Personen, 1820-94: 17,38 Mill. (15,64 Mill. aus Europa, davon 4904187 Mill. aus Deutschland) eingewandert sind. Die Einwanderung nahm erst größere Dimensionen an in den vierziger Jahren, wo sie jährlich etwa 170000 betrug; 1850-70 stieg sie auf etwa 250000, 1870-80 auf etwa 295000 jährlich, hat seitdem zugenommen und erreichte 1881/82 das Maximum von 730349 Menschen. Folgende Zahlen ergaben die letzten Jahre, wobei aber die Einwanderer über die brit. und mexik. Grenze nicht mitgerechnet sind, 1886: 334203, 1887: 490109, 1888: 546889, 1889: 444427, 1890: 455302, 1891: 560319, 1892: 623084, 1893: 502917, 1894: 314467, 1895: 279948, 1896: 343267 Personen. Von der letztgenannten Zahl kamen 31885 aus Deutschland, 64827 von den brit. Inseln, 33229 aus den skandinav. Reichen, 51445 gegen 79294 im J. 1892 aus Rußland (meist vertriebene Juden), 65103 gegen 80136 im J. 1892 aus Österreich-Ungarn, 2463 aus Frankreich, 31835 gegen 76065 im J. 1891 aus Italien u. s. w. Solche, die sich schon in Europa kontraktlich zu einer Arbeit in den Vereinigten Staaten verpflichtet haben, desgleichen Arbeitsunfähige und dabei mittellose Personen dürfen nicht landen. (S. Auswanderung.) Die Deutschen