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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Voß (Richard) – Votum

Er verdarb sich ein reiches Talent durch unglaubliche Schnellfertigkeit und zeigt sich namentlich in seinen flüchtigen und zum Teil mit sehr unerfreulichen Mitteln arbeitenden Romanen (am besten «Die Schildbürger», Berl. 1823) als ein charakteristischer Repräsentant der mittelmäßigen Vielschreiber, an denen sich das Publikum im Anfang des 19. Jahrh. labte. Unter ihnen sind von kulturhistor. Werte diejenigen, in denen er die verrotteten Zustände im preuß. Offizier- und Beamtentum vor der Katastrophe von Jena schilderte. V.’ zahllose, oft satir. und parodische Lustspiele und Possen verbinden mit arger Roheit doch viel Witz und scharfe Beobachtung. Sein «Strahlower Fischzug», Volksstück mit Gesang (Berl. 1822), ist einer der ersten Versuche auf dem Gebiet der Berliner Posse. Seinen «Faust» gab Ellinger in den «Berliner Neudrucken» (Berl. 1890) mit einer einleitenden Charakteristik V.’ heraus.

Voß, Richard, Dichter, geb. 2. Sept. 1851 zu Neugrape in Pommern, widmete sich philos. Studien in Jena und München und lebt jetzt teils in Frascati bei Rom (Villa Falconieri), teils auf seinem Landsitz bei Berchtesgaden. 1882 wurde er zum Bibliothekar der Wartburg ernannt. Von seinen Dramen, die meist in Reclams «Universalbibliothek» erschienen, seien genannt: «Savonarola» (Wien 1878), «Magda» (Zür. 1879), «Die Patricierin» (Frankf. 1881), «Luigia Sanfelice» (ebd. 1882), «Pater Modestus» (Lpz. 1883), «Der Mohr des Zaren», nach einem Fragment von Puschkin (Frankf. 1883), «Unehrlich Volk» (Dresd. 1885), «Mutter Gertrud» (Lpz. 1885), «Treu dem Herrn» (ebd. 1885), «Alexandra» (ebd. 1886), «Brigitta» (Dresd. 1886), «Eva» (Lpz. 1889), «Wehe den Besiegten» (ebd. 1889), «Die neue Zeit» (ebd. 1890), «Malaria» (ebd. 1891), «Schuldig» (ebd. 1892), «Unebenbürtig» (ebd. 1892), «Der Zugvogel» (1892), «Jürg Jenatsch» (1893), «Zwischen zwei Herzen» (1893), «Daniel Danieli» (1893), «Arme Maria» (1894), «Die blonde Kathrein», «Bei Sedan», «Die Streberin», «Der König» (1895) u. a. Die Dramen von V. zeugen von energischem Darstellungstalent, gehören aber zum Teil der Sensationsdramatik an. Den meisten Bühnenerfolg hatten «Die Patricierin», «Eva» und «Alexandra». Auf erzählendem Gebiete veröffentlichte er «Bergasyl» (Frankf. 1882), «Röm. Dorfgeschichten» (ebd. 1884; 4. Aufl. 1897), «Frauengestalten» (Bresl. 1879), «Helena» (Zür. 1874), «Messalina» (ebd. 1881), «Rafael» (Frankf. 1883), «Rolla. Die Lebenstragödie einer Schauspielerin»(2 Bde., Lpz. 1883), den Roman «Die neuen Römer» (2 Bde., Dresd. 1885), «San Sebastian»(Stuttg. 1883), «Scherben, gesammelt vom müden Manne» (anonym; 1. Sammlung, 2. Aufl., Zür. 1884; Neue Folge 1879), «Die neue Circe» (Dresd. 1885; 3. Aufl. 1889), «Der Sohn der Volskerin»(Stuttg. 1885), «Michael Cibula» (ebd. 1880), «Die Auferstandenen» (Dresd. 1886), «Kinder des Südens» (Stuttg. 1888), «Dahiel, der Convertit» (ebd. 1888), «Sabinerin» (ebd. 1888), «Erlebtes und Geschautes»(Jena 1889; 2. Aufl. 1890), «Nubia» (Stuttg. 1889), «Novellen» (Berl. 1889), «Der Mönch von Berchtesgaden» (Stuttg. 1891), «Villa Falconieri» (ebd. 1895), «Unter den Borgia» (Berl. 1897). Besonders anziehend sind V.’ Schilderungen des ital. Volkslebens und Volkscharakters. – Vgl. K. Goldmann, Richard V. (Berl. 1890).

Vossische Zeitung (eigentlicher Titel: «Königlich Privilegierte Zeitung von Staats- und Gelehrten Sachen»), täglich zweimal in Berlin erscheinende freisinnige Zeitung, mit einer Sonntagsbeilage. Auflage 25000; Verleger: Vossische Erben; Redacteur: Friedrich Stephany. Das Blatt ist die älteste der noch erscheinenden Berliner Zeitungen. Der älteste erhaltene Jahrgang ist von 1725, wo das Blatt u. d. T. «Berlinische privilegierte Zeitung» dreimal wöchentlich herauskam, aber das königl. Privilegium für den Buchhändler Johann Andreas Rüdiger datiert vom 11. Febr. 1722 und dessen Vater hatte bereits 1704 die Genehmigung zur Ausgabe eines Wochenblattes erhalten. Nach dem Tode Rüdigers (1751) ging das Privileg auf dessen Schwiegersohn, den Buchhändler Christian Friedrich Voß, über, der den Titel des Blattes in «Staats- und gelehrte Zeitung» umänderte und dem mit ihm befreundeten Lessing die Redaktion des litterar. Teils übertrug, die er bis 1755 führte. 1754 erhielt die Zeitung wieder den alten Titel und seit 1785 führt sie den heutigen. Nach dem Tode von Christ. Friedr. Voß’ gleichnamigem Sohn (1795) erbte dessen Tochter, die Gattin des Münzdirektors Karl Lessing in Breslau, eines Bruders von Gotth. Ephr. Lessing, das Blatt, und ihre Nachkommen sind noch in seinem Besitz. Ihr Sohn, der frühere Justizkommissarius Christian Friedrich Lessing (gest. 1850), übernahm 1823 die Redaktion der seit 1824 täglich erscheinenden Zeitung, dessen Seele unter ihm seit 1826 bis in die vierziger Jahre Rellstab (s. d.) durch seine feuilletonistische Berichterstattung war. Daneben war Gubitz Theaterreferent. Seit 1864 ist Ludwig Pietsch (s. d.) für das Feuilleton thätig. Theaterreferent war 1871–89 Theodor Fontane (s. d.). Hermann Kletke, seit 1838 Mitarbeiter, hatte 1867‒80 die Chefredaktion.

Vossius, s. Voß, Gerh. Joh.

Voß-Kanal, s. Finowkanal und Tabelle Ⅰ zur Karte: Die Schiffahrtsstraßen des Deutschen Reiches, beim Artikel Schiffahrtskanäle.

Voßsche Katarrhpillen, s. Katarrhpillen.

Vostitza, griech. Stadt, s. Ägion.

Votieren, sein Votum (s. d.) abgeben.

Votīvgeschenk, s. Weihgeschenk.

Votīvkreuz, soviel wie Betsäule (s. d.).

Votīvmesse (lat. missa votiva), eine Messe (s. d.), sowohl öffentliche als private, die für ein besonderes Anliegen celebriert wird, entweder auf Anordnung der kirchlichen Obern z. B. bei Königskrönungen, öffentlichen Notständen u. s. w.), oder aus eigenem Antrieb des betreffenden Priesters, oder auf Bestellung anderer.

Votīvmünzen (lat. numi votivi), röm. Kaisermünzen, welche sich auf die öffentlichen Gebete, die seit Augustus alle zehn und seit Diocletian alle fünf Jahre für die Erhaltung der Kaiser angestellt wurden, beziehen. Sie tragen die Inschriften: Vota Publica, Vot. Ⅹ. Mult. ⅩⅩ. (Votis decennalibus multis vicennalibus), Votis Ⅴ. Multis ⅩⅤ. (Zahl der Regierungsjahre) u. s. w.

Votīvtafel (lat. tabula votiva), bei den alten Römern eine infolge eines Gelübdes einer Gottheit (in deren Tempel) geweihte Tafel, auf der in Relief oder Malerei die Gottheit und die Weihenden, vielfach auch das Geschehnis selbst, welches zu der Weihung Veranlassung gegeben hatte, dargestellt war. Neuerdings bezeichnet man mit V. eine Gedenktafel zu Ehren einer Stiftung.

Votum (lat.), eigentlich gleichbedeutend mit Gelübde (s. d.), bezeichnet vorzugsweise bei den durch