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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Vulkanglas – Vulnus

der Ätna deren über 700 trägt, der alte centrale Hauptschlot wird verschoben, im Innern des Berges längere Zeit stagnierende Lava löst die alten Massen auf, bei einem starken Ausbruche werden außer der neu empordringenden Lava auch ältere, bereits zu Gestein verfestigte Massen derselben hinausgeschleudert; es bildet sich ein gewaltiger Hohlraum im Berge, und endlich bricht sein Gipfel in sich zusammen. In diesem Zustande stellt sich der Vulkan dar als ein Wall, der ringförmig einen Kessel, eine Caldera (s. d.) umgiebt; die Val del bove auf den östl. Flanken des Ätnas wird als solch ein sog. Einsturzkrater gedeutet. Auf dem Grunde der Caldera kann sich von neuem ein Schlund öffnen, über dem sich wieder allmählich ein Kegelberg emporbaut, und es entsteht dann ein zusammengesetzter Vulkan, wie z. B. der Vesuv, an dem der Monte-Somma den Rest des Randwalles eines Einsturzkraters bildet, von dessen Boden der Atrio del Cavallo der Rest ist. Vgl. nachstehende Abbildung eines zusammengesetzten Vulkans, wo a die Wand eines Einsturzkraters, b dessen schluchtartige Durchbrechung (Barranco, s. d.), c einen jüngern Eruptionskegel auf dem Boden des Einsturzkraters bezeichnet.

^[Abb.]

Im J. 1866 häufte sich bei einer Eruption auf der griech. Inselgruppe Santorin zähflüssige Lava zu einem Kegel über der Ausbruchstelle an; man glaubt hier einen zweiten Typus von V., homogene V., bei der Entstehung beobachtet zu haben. Zu diesen homogenen V. gehören dann die zahlreichen basaltischen und trachytischen kegel- oder glockenförmigen Berge in Deutschland, Böhmen, Centralfrankreich u. s. w. Doch können solche Berge auch wohl dadurch entstehen, daß in dem vorhin besprochenen Hohlraum eines ältern Vulkans Lava eindringt und dort erstarrt; wird später der äußere Schlackenmantel durch Erosion weggeführt, so bleibt eine große homogene und ungeschichtete Masse übrig. (S. auch Lakkolith.)

Auch in der Vorzeit der Erdentwicklungsgeschichte hat es V. und vulkanische Eruptionen gegeben; sind auch die äußeren Formen dieser Berge zerstört worden, so ist es doch bisweilen möglich, aus den Ruinen, aus Überresten, die durch Erosion freigelegt wurden, die alten V. zu rekonstruieren. So deutet man z. B. die Umgebung von Predazzo am Avisio in Südtirol mit Recht als den Kern eines Vulkans der Triasperiode.

Was die Grundursache aller vulkanischen Erscheinungen anbetrifft, so ist sie zu suchen im Empordringen der Lava, das seinerseits durch einen Druck der äußern Erdrinde auf das Innere infolge der allmählichen Abkühlung der ganzen Erde bewirkt wird. Das Vorkommen der V. steht überall im Zusammenhange mit dem geolog. Bau, wie sich das schon äußerlich durch ihr Auftreten in Reihen und in der Nähe der Ränder der Kontinente kundgiebt. Die gewaltsamen Eruptions- und Explosionserscheinungen bei einem Ausbruch sind die Folgen der Befreiung des Wasserdampfes aus dem Berge oder aus dem Schoße der Lava selbst. Noch ist es strittig, ob das Meereswasser bei den an den Küsten gelegenen V. und bei den Inselvulkanen Zutritt erlangt zu der aufsteigenden Lava, oder ob aller Wasserdampf ursprünglich in der Lava absorbiert vorhanden war. Das nicht selten beobachtete Auftreten von großen Mengen von Kochsalz, Chlornatrium und von Salzsäure und gasförmigen Schwefelverbindungen bei den Eruptionen wird zu Gunsten eines Zuflusses von Meereswasser zu dem vulkanischen Herde gedeutet.

Die Zahl der thätigen V. auf der Erde läßt sich sehr schwer angeben; einerseits ist die Ausscheidung der erloschenen V. unsicher, andererseits ist es oft kaum möglich, festzustellen, wie viel Eruptionsschlünde zu einem Vulkan zusammengehören. Man kann sagen, daß es in der Gegenwart über 300 selbständige vulkanische Herde giebt; die Zahl der «vulkanischen Berge» beläuft sich auf mehrere Tausend. Die Schlammvulkane (s. d.) haben nur eine rein äußerliche Ähnlichkeit mit den V.

Vgl. P. Scrope, Über V. (deutsch von Klöden, Berl. 1872); J. F. J. Schmidt, Vulkanstudien (Lpz. 1874); Fuchs, Die vulkanischen Erscheinungen der Erde (Lpz. und Heidelb. 1865); ders., V. und Erdbeben (Lpz. 1875); Reyer, Beitrag zur Physik der Eruptionen und der Eruptivgesteine (Wien 1877); Hull, Volcanoes: Past and Present (Lond. 1892) und neuere Lehrbücher der Geologie.

Vulkānglas, s. Glas.

Vulkāninsel, bedeutende Insel vor der Küste von Kaiser-Wilhelms-Land, in der Nähe der Station Hatzfeldthafen; besteht aus einem noch thätigen, steil kegelförmig aus der See aufragenden Vulkan. V. heißt auch eine Insel in der Blanchebai (s. d.).

Vulkāninseln, s. Volcano-Inseln.

Vulkanisation, s. Gummiwarenfabrikation.

Vulkanische Asche, s. Asche, vulkanische.

Vulkanische Bomben, s. Bomben, vulkanische.

Vulkanische Gebirge, s. Gebirgsbildung.

Vulkanische Gesteine, s. Gesteinsbildung.

Vulkanisiertes Gummi, s. Gummiwarenfabrikation.

Vulkanismus, die Gesamtheit der Erscheinungen, die in ursächlichem Zusammenhange mit dem Herausdringen geschmolzener Gesteinsmassen aus dem Erdinnern stehen. Hierher gehören die Eruptionen solcher Massen (Laven, jung- und altvulkanische Gesteine, z. B. Basalte, Porphyre); Auswürfe von durch Dampfexplosionen zerstäubtem Gesteinsmaterial (vulkanische Aschen und Sande, Lapilli, Bomben, vulkanische Tuffe); Ausströmungen von Gasen und Dämpfen (Mofetten, Fumarolen, Solfataren); heiße Quellen und Geysirs; Erdbeben und Hebungen und Senkungen weiter Gebiete zum Teil.

Vulkanisten, s. Geologie.

Vulkanit, soviel wie Vulcanit (s. d.).

Vulkānöl, soviel wie Phönixöl (s. d. und Schmiermittel).

Vulkānpaß, die tiefste Einsenkung des Vulkangebirges der südwestl. Grenze Siebenbürgens und der Walachei. Der Paß (948 m) führt an der Ostseite des Strázsaberges (1877 m) aus dem Giuluthal nach Rumänien in die Kleine Walachei.

Vulkānpulver, eine in Nordamerika eingeführte Sorte Dynamit (s. d.); es zählt besonders zu den Nobeliten und enthält 35 Teile Nitroglycerin, 48 Natronsalpeter, 7 Schwefel und 10 Holzkohle.

Vulnus (lat.), Wunde (s. d.).