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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Wenzel (Herzog von Böhmen) - Werch

nach Böhmen zu entkommen. Hier begünstigte er die Anhänger von Huß, und seine Hinneigung zur czech.-nationalen Partei trug nicht wenig zur Schwächung des Deutschtums im Lande bei. Verhängnisvoll in dieser Beziehung war sein Dekret vom 18. Jan. 1409, durch welches die Prager Universität czechisiert und der Auszug der deutschen Professoren und Studenten veranlaßt wurde. Als nach Ruprechts Tode 1410 Sigismund zum röm. König gewählt wurde, trat W. zu dessen Gunsten seine Rechte auf die Kaiserwürde ab, führte jedoch den röm. Königstitel fort. Er starb 10. Aug. 1419 am Schlagfluß.

Vgl. Pelzel, Lebensgeschichte des röm. und böhm. Königs W. (2 Bde., Prag 1788-90); Palacky, Geschichte von Böhmen, Bd. 3 (ebd. 1844 fg.); Deutsche Reichstagsakten unter König W., hg. von Weizsäcker (3 Bde., Münch. 1868-77); Lindner, Geschichte des Deutschen Reichs unter König W. (2 Bde., Braunschw. 1875 u. 1880); Vahlen, Der Deutsche Reichstag unter König W. (Lpz. 1892).

Wenzel, Wenceslaus (czech. Václav), der Heilige, Herzog von Böhmen (928-935), Sohn des Herzogs Wratislaw und seiner Gattin Drahomira, wurde von seiner Großmutter Ludmila (s. d.) im Christentum erzogen und wirkte als Herzog auf das eifrigste für die Verbreitung des Christentums in Böhmen. Mit dem deutschen König Heinrich I., dessen Oberlehnsherrlichkeit er anerkannte, hielt er gute Freundschaft. Aber seine Hinneigung zum Christentum und zum Deutschen Reiche erbitterte den heidn. Adel, und so wurde W. 28. Sept. 935 von seinem Bruder Boleslaw und dessen Genossen in Altbunzlau erschlagen. Nach seinem Tode wurde er zum ersten Schutzpatron des Landes erhoben.

Wenzel, Wenceslaus, Name mehrerer Könige von Böhmen.

W. I. (1230-53) übernahm nach seinem Vater Ottokar I. das Reich und führte einen langwierigen Streit mit Herzog Friedrich dem Streitbaren von Österreich fort. Im Kampf zwischen Kaiser Friedrich II. und den Päpsten neigte sich W. bald auf des Kaisers, bald auf des Papstes Seite. Während des Mongolensturms zog er dem Herzog Heinrich dem Frommen von Breslau zu Hilfe, kam aber zur Schlacht von Wahlstatt (9. April 1244) zu spät. In den letzten Jahren seiner Regierung, als W. sich ganz und gar der welfischen Partei angeschlossen hatte, mußte er die Waffen gegen seinen eigenen Sohn Ottokar (s. d.) wenden, der sich an die Spitze der aufständischen Barone gestellt hatte. Ottokar bemächtigte sich der Hauptstadt Prag und drängte seinen Vater in das nördl. Böhmen (1248). Hier kam es zu einem für den Sohn unglücklichen Kampfe bei Brüx und zu einem Vertrage in Prag, dem zufolge Vater und Sohn gemeinschaftlich die Regierung führen sollten. Aber W. hielt den Vertrag nicht und erlangte in dem neuerdings ausbrechenden Kampfe das Übergewicht. W. starb 22. Sept. 1253. Er begünstigte die Ansiedelung deutscher Mönche in Böhmen und förderte auch die Einwanderung deutscher Bürger und Bauern.

W. II. (1278-1305), Enkel des vorigen, war beim Tode seines Vaters Ottokar II. 7 J. alt und wurde bei seinem Vormund, dem Markgrafen Otto dem Langen von Brandenburg, erzogen. Als er 1283 nach Böhmen zurückkehrte, geriet er ganz unter die Herrschaft seines Stiefvaters Zawisch von Falkenstein, der jedoch durch das Eingreifen des deutschen Königs Rudolf von Habsburg, des Schwiegervaters W.s, vom Hofe entfernt und 1290 hingerichtet wurde. W. erwarb nebst Oberschlesien und Krakau Großpolen und ließ sich 1300 zum König von Polen krönen. Seinem Sohne verschaffte er nach dem Aussterben der Arpaden in Ungarn vorübergehend die St. Stephanskrone (1301). Bei der Wahl Albrechts I. zum deutschen König erlangte er von diesem die Ernennung zum Reichsverweser in Meißen, dem Oster- und Pleißnerlande. Vergeblich suchte später Albrecht I. die immer bedrohlicher anwachsende Macht W.s durch einen Kriegszug zu brechen. Er scheiterte an dem Widerstand Kuttenbergs (1304). Als der Krieg im nächsten Jahre erneuert werden sollte, starb W. 21. Juni 1305. Unter seiner Regierung breitete sich die deutsche Kolonisation und deutsche Kultur in Böhmen immer mehr aus.

W. III. (1305-6), Sohn des vorigen, gelangte 16 J. alt zur Regierung und nannte sich König von Böhmen, Polen und Ungarn. Die Ansprüche auf Ungarn gab er zu Gunsten des Herzogs Otto von Niederbayern auf. Um seine durch Wladislaw gefährdeten Rechte auf Polen zu behaupten, rüstete er zum Kriege. In Olmütz aber, wo sich die Truppen sammeln sollten, fiel er durch Meuchelmord (4. Aug. 1306), der in seinem Urheber wie in den Motiven nicht aufgeklärt erscheint. Mit W. III. starb das Haus der Přemysliden in der männlichen Linie aus.

W. IV., s. Wenzel, deutscher König.

Weppur, ind. Schreibunq für Bepur (s. Malabar).

Wer, s. Burg.

Werbach, Dorf im Amtsbezirk Tauberbischofsheim des bad. Kreises Mosbach, am Wetzbach, unweit der Tauber, hat (1895) 988 kath. E., Postagentur, Fernsprechverbindung, kath. Kirche; Weinbau und Sandsteinbrüche. Hier fand 24. Juli 1866 ein Gefecht zwischen der oldenb.-hanseat. Brigade und den bad. Truppen statt, wobei die letztern zum Rückzug gezwungen wurden.

Werbelliner Kanal, s. Finowkanal und Tabelle I zur Karte: Die Schiffahrtsstraßen des Deutschen Reiches, beim Artikel Schiffahrtskanäle.

Werbelliner See, See im preuß. Reg.-Bez. Potsdam, 11 km lang und mit geringer Breite, zwischen bewaldeten Hügeln gelegen, mit neuerdings entdeckten Pfahlbauresten, auf 5 km schiffbar und durch den Werbelliner Kanal mit dem Finowkanal verbunden.

Werben in der Altmark, Stadt und königl. Domäne im Kreis Osterburg des preuß. Reg.-Bez. Magdeburg, am Aland, hat (1895) 1690, mit der dazugehörigen, am rechten Elbufer gelegenen Kolonie Neuwerben 1763 evang. E., Post, Telegraph, St. Johanniskirche (1160) mit wertvollen Glasmalereien (1467); Ziegeleien, Schiffahrt und Getreidehandel.

Werbesystem, Aufbringung der Truppen durch Werbung (Anwerben), d. h. Annahme dienstlustiger Leute gegen Geldvergütung auf eine bestimmte Zeit. Geworbene Truppen treten zu allen Zeiten auf. Seit dem spätern Mittelalter tritt das W. namentlich in Mitteleuropa immer mehr in den Vordergrund und erreicht seine größte Ausdehnung um die Zeit des Dreißigjährigen Krieges. (S. Söldner und Landsknecht.) Von den großen Staaten Europas hat nur England das W. beibehalten (s. Großbritannisches Heerwesen und Heerwesen Europas).

Werbung, s. Werbesystem.

Werch, s Hede.