Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: West-Houghton; Westindia and Pacific Steam Navigation Company; Westindia-Hurricane; Westindien

668

West-Houghton - Westindien

West-Houghton (spr. haut’n oder hoht’n), Stadt in der engl. Grafschaft Lancashire, liegt an der Lancashire- und Yorkshire-Eisenbahn, zwischen Bolton-le-Moors und Wigan, besitzt Kohlenbergwerke, Seidenfabrik, Druckereien und Baumwollspinnereien und zählt (1891) 11077 E.

Westindia and Pacific Steam Navigation Company, Dampfschiffahrtsgesellschaft auf Aktien in Liverpool, welche eine direkte Dampfschifffahrt von Liverpool nach Westindien unterhält. Den Endpunkt der Fahrten bildet gewöhnlich Colon, von wo aus die Gesellschaft auch für die Weiterbeförderung der Güter nach mexik. Häfen über den Isthmus und weiter an der pacifischen Küste sorgt. Die Gesellschaft war Mitte 1896 im Besitz von 18 großen Oceandampfern mit einem Bruttoraumgehalt von 67728 Registertons, ferner 1 Dampfer im Bau. Die Expeditionen (mit Passagierbeförderung) finden in der Regel alle 10 Tage von Liverpool aus statt.

Westindia-Hurricane, s. Hurricane.

Westindien, eigentlich gleichbedeutend mit Antillen (s. d.); während aber letzteres mehr geogr. Benennung ist, wird W. meist in polit. Sinne gebraucht. Über Lage, Gliederung, geogr. und geolog. Beschreibung, Flora, Fauna und Klima s. Antillen nebst Karte: Antillen.

Die Bevölkerung besteht aus 1,9 Mill. Weißen und 4,1 Mill. Farbigen (einschließlich von ungefähr 100000 chines. und ind. Kuli). Die Sklaverei ist in den brit. Kolonien 1838 aufgehoben worden, in den dänischen 1847, in den französischen 1848, in den holländischen 1863 und in den spanischen 1887, während sie auf Haïti bereits durch die Negerrevolution von 1801 ein Ende nahm. Seither leben die Farbigen in der Mehrzahl als Kleinbauern und ländliche oder städtische Proletarier, und an vielen Orten sind sie nahezu vollständig in afrik. Zustände zurückversunken. Der Arbeiternot der Pflanzungen, die so zum großen Teil in schlimmen Verfall gerieten, suchte man durch die Einführung von Kuli zu steuern. Die Neger sprechen einen Mischdialekt der Sprache des Volks, unter dessen Herrschaft sie stehen oder gestanden haben (das sog. Kreolische). Ihre Religion ist teils das katholische, teils das methodistische, baptistische oder moravische Christentum, auf vielen Inseln (Haïti, Martinique u. s. w.) bunt durchsetzt mit heidnisch-afrik. Branchen (Woodookultus). Von europ. Nationen sind am stärksten vertreten Spanier, Engländer, Franzosen und Deutsche. Industrie giebt es, abgesehen von der Zucker-, Rum- und Cigarrenfabrikation, nicht, so daß Industrieerzeugnisse jeder Art neben Weizenmehl die Haupteinfuhrgegenstände bilden. Haupterwerbszweig ist der Ackerbau, und zwar erstreckt sich derselbe auf Zuckerrohr, Kaffee, Tabak, Bananen, Orangen, Limonen, Ananas, Yams, Bataten, Arrow-Root, Ingwer, Piment, Mais, Reis, Bohnen, Tomaten u. s. w. Die Baumwolle wird, obwohl sie in W. einheimisch ist, nur wenig gebaut.

Abgesehen von den Republiken Haïti (s. d.) und Santo Domingo (s. d.) ist W. zur Zeit noch der Kolonialbesitz von fünf europ. Staaten. Spanisch-Westindien umfaßt mit den beiden Generalkapitanaten Cuba und Portoriko noch 128147 qkm und 2,5 Mill. E., also nach Fläche und Einwohnerzahl ungefähr die Hälfte, von der weißen Bevölkerung aber mehr als drei Viertel (1,5 gegen 1 Mill. Farbige). Britisch-Westindien, mit 32019 qkm und 1475000 E. (worunter reichlich 1,4 Mill. Farbige), also etwa mit ein Achtel der Fläche und ein Viertel der Bevölkerung, zerfällt in die 6 Statthalterschaften Bahama, Jamaika (nebst Turk-, Caicos- und Caymans-Inseln), Leeward- nebst Virgin-Inseln (Antigua, St. Christopher, Dominica u. s. w.), Barbados, Windward-Inseln (Santa Lucia, St. Vincent, Grenada u. s. w.) und Trinidad nebst Tabago. Französisch-Westindien (2858 qkm und 350000 E.) besteht aus Guadeloupe und Martinique mit Dependenzen; Niederländisch-Westindien (1130 qkm und 48000 E.) aus Curaçao, Bonaire, dem Westen von Saint Martin u. s. w.; und Dänisch-Westindien (359 qkm und 33000 E.) aus den drei Jungferninseln Sankt Thomas, Saint John und Sainte Croix.

Die meisten westind. Inseln, zuerst (1492) die Bahamas, Cuba und Haïti, wurden von Columbus (s. d.) entdeckt, und weil derselbe in ihnen einen Teil der ostasiat. Inselwelt gefunden zu haben glaubte, erhielten sie den Namen W. im Gegensatz zu Ostindien. Columbus selbst gründete auf Haïti die ersten span. Niederlassungen, und seit 1503 begann die Verteilung der westind. Ländereien an die Europäer (repartimiento). Die Ureinwohner aber, den beiden Indianerstämmen der Kariben (s. d.) und Arrawaken (s. d.) angehörig, wurden zu Sklaven gemacht und im Laufe des 16. Jahrh. bis auf wenige Reste, die sich in Westcuba und auf Dominica bis in das 19. Jahrh. erhielten, ausgerottet. Bereits 1527 begann auch die Einführung von Negersklaven, und die Kultur der Kolonialprodukte nahm damit einen gewissen Aufschwung. Die höhere Blüte der Kolonie wurde aber teils durch die rücksichtslose Handhabung des span. Kolonialsystems, teils durch die vielfachen Einfälle der engl., franz. und holländ. Flibustier (s. d.), die im 17. Jahrh. förmliche kleine Raubstaaten in W. bildeten, und die die Spanier in jeder Weise zu schädigen und zu berauben suchten, schwer beeinträchtigt. Erst als im 18. Jahrh. geordnete Zustände in W. einkehrten, wurde dies anders, und auch die Kriege der Engländer mit Spanien (1762) und Frankreich (1783) haben es nicht verhindert, daß die verschiedenen westind. Kolonien in der zweiten Hälfte des vorigen und der ersten Hälfte des gegenwärtigen Jahrhunderts eine sehr glänzende Rolle in dem Wirtschaftsleben spielten. Die gegenwärtige Verteilung der Inseln datiert, namentlich was England und Frankreich angeht, erst aus der Zeit der Napoleonischen Kriege. Die wirtschaftliche Blüte W.s ging aber in dem laufenden Jahrhundert teils durch die unvermittelte Negeremancipation, teils durch die Konkurrenz der europ. Rübenzuckerindustrie, teils durch Aufstände (besonders auf Cuba, wo sie von Nordamerika her geschürt wurden), teils endlich durch Orkane, Erdbeben und Seuchen sehr zurück, und zur Zeit ist die Lage beinahe auf allen Inseln eine üble.

Vgl. Meinicke, Versuch einer Geschichte der europ. Kolonien in W. (Weim. 1831); Bates, Central-America, West-Indies and South-America (Lond. 1878); Grisebach, Die geogr. Verbreitung der Pflanzen W.s (Lpz. 1880); Moister, The West-Indies, enslaved and free (Lond. 1883); Ober, Camps in the Caribbees (Edinb. 1880); von Benko, Reise S. M. Schiff Zrinyi nach W. 1885‒86 (Pola 1887); Fronde, The English in the West-Indies (Lond. 1888); Martin, Westind. Skizzen (Leiden 1887); Salmon, The Caribbean Confederation (Lond. 1888); Hooper, The forests of the West-Indies (ebd. 1888); Paton, Down the Islands (ebd.