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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Wilna; Wilno; Wils.; Wilsdruff; Wilsnack; Wilson

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Wilna (Rabbi Elia) – Wilson (Henry)

47 Proz. Israeliten; auf dem Schloßberg Ruinen des alten fürstl. Schlosses der Jagellonen, Denkmal des Generals Murawjew; 2 russ. Kathedralen, 11 Pfarr-, 32 andere Kirchen und Kapellen und 2 Klöster; 1 kath. Kathedrale, 14 andere Kirchen, 3 Klöster; 2 luth., 1 reform. Kirche, 5 Synagogen, 72 israel. Betschulen. Bemerkenswert ist die russ. Kathedrale der Unbefleckten Mutter Gottes, gegründet im 14. Jahrh., 1868 erneuert, und die kath. Kathedrale des heil. Stanislaus mit prachtvoller Marmorkapelle und dem silbernen Sarge des heil. Kasimir; ferner das auf dem Thor (poln. brama) Ostry angebrachte wunderthätige Ostrobramsche Bild der Mutter Gottes, von Katholiken und Orthodoxen verehrt. Ferner bestehen: zwei Knaben-, ein Mädchengymnasium und ein höheres Marieninstitut, Realschule, Lehrerinstitut, Zeichenschule, Junker-, Eisenbahn-, Post- und Telegraphen-, Hebammen-, Feldscherschule, ein russ., ein kath. Geistliches Seminar, ein israel. Lehrerinstitut; die Archäographische Kommission, Abteilungen der Russischen Geographischen und der Russischen Musikgesellschaft, die Kaiserl. Gesellschaft der Ärzte; Bibliothek mit Museum, Theater, fünf russ. Zeitungen; die Hospitäler des heil. Jakob, des Sawitsch, ein israel. Hospital, Irren-, Findelhaus, verschiedene Wohlthätigkeits- und Vergnügungsgesellschaften (Adels-, Militär-, Renn-, Schachklub u. a.). Gegenstände der Fabrikation sind Tabak, Couverts, Bleistifte, Konfekt, künstliche Blumen, Hüte, Schuhwerk, Handschuhleder, Knöpfe, Bürsten, Gußeisenwaren u. a.; des Handels Baumwoll-, Woll-, Tuch-, Kaschmir-, Porzellan-, Gold- und Silberwaren u. a. Verfrachtet werden (durch Flußhafen und Eisenbahn) von W. aus besonders Getreide und Bauholz. Den Verkehr fördern eine Filiale der Russischen Reichsbank, die Wilnaer Privatkommerzbank und zwei gegenseitige Kreditgesellschaften. – W. wird 1128 urkundlich erwähnt und war 1323‒1795 die Hauptstadt des Großfürstentums Litauen. 1803‒32 bestand daselbst eine poln. Universität, 1812 wurde W. von Napoleon besetzt; am 19. (7.) Juni 1831 wurden hier die Polen unter General Gielgud von den Russen geschlagen.

Wilna, eigentlich Rabbi Elia, aus Wilna, lebte von 1720 bis 1790 in Polen. Vergebens trat er gegen die dortigen Chasidim (s. d.) auf. Er betonte ihnen gegenüber die Notwendigkeit des Zurückgehens auf die biblischen Quellen des Judentums und des hebr. Sprachstudiums. Er schrieb eine hebr. Grammatik und verfaßte Kommentare zu den meisten biblischen Büchern. Auch beim Talmudstudium bemühte er sich um die Reinigung der Texte, zog auch den vergessenen palästinischen Talmud zu seinen Studien heran und suchte die in wertlosen Spitzfindigkeiten spielende sog. pilpulistische Erklärungsweise der Talmude durch eine methodische Exegese zu verdrängen. – Vgl. Heschels, Elia W. (Wilna 1855); Finn, Kirza Neemana (ebd. 1860).

Wilno, s. Wilna.

Wils., hinter Vogelnamen Abkürzung für Alexander Wilson (s. d.).

Wilsdruff, Stadt in der Amtshauptmannschaft Meißen der sächs. Kreishauptmannschaft Dresden, 15 km westlich von Dresden, an dem links zur Elbe gehenden Saubach und den Nebenlinien Potschappel-W. (10,9 km) und W.-Nossen (im Bau) der Sächs. Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgerichts Dresden), hat (1895) 3116 E., darunter 83 Katholiken, Post, Telegraph, 2 Kirchen, Rathaus, Wettindenkmal, altes Schloß, elektrische Beleuchtung, Krankenhaus; Fabrikation von Konserven, Cigarren, Treibriemen, Schirmstöcken, Leim und Holzstricknadeln, Möbeltischlereien, Ziegeleien und Gerbereien.

Wilsnack, Stadt im Kreis Westprignitz des preuß. Reg.-Bez. Potsdam, an der rechts zur Elbe gehenden Karthan und der Linie Berlin-Wittenberge-Hamburg der Preuß. Staatsbahnen, hat (1895) 2165 E., darunter 26 Katholiken und 28 Israeliten, Post, Telegraph, evang. Kirche (14. Jahrh.); Handel mit Fettvieh und Pferden. Im spätern Mittelalter war W. bekannt durch den Streit um die Anerkennung des dortigen sog. Wunderblutes, das 1383 an drei Hostien sich gezeigt haben sollte. Doch regte sich bald lebhafte Opposition: eine Prager Synode vom J. 1405 verbot die Wallfahrten, und Huß verteidigte in einer Schrift dieses Verbot; eine Magdeburger Provinzialsynode vom J. 1412 bezeichnete sogar das Treiben der Wilsnacker Geistlichkeit als Betrug. Dagegen erklärte der Papst Nikolaus Ⅴ. 1453 seinen Glauben an das heilige Blut. Am 28. Mai 1552 verbrannte der erste evang. Prediger der Stadt, Joachim Ellefeld, die Hostien.

Wilson (spr. wills’n), Alexander, Ornitholog und Dichter, geb. 6. Juli 1766 zu Paisley in Schottland, erlernte die Weberei und wurde später wandernder Krämer. Während er seine Leinwand verkaufte, sammelte er zugleich Unterzeichnungen auf seine Gedichte, deren erste Sammlung 1790 zu Paisley erschien und schon im folgenden Jahre eine zweite Auflage erlebte; sein anonymes Gedicht «Watty and Meg» (1792) wurde Burns zugeschrieben und erregte verdientes Aufsehen. 1794 wanderte er nach Amerika aus, wo er Schulmeister in verschiedenen Orten Pennsylvaniens war. Der Naturforscher Bertram und der Kupferstecher Lawson, die er in Philadelphia kennen lernte, weckten durch Unterricht sein Talent für Naturforschung. Nachdem er mehrere Wanderungen gemacht hatte, ließ er seine treffliche «American ornithology» (Bd. 1‒7, Philad. 1808‒13) erscheinen, die nach seinem Tode, der 23. Aug. 1813 zu Philadelphia erfolgte, aus seinen Sammlungen von Ord fortgesetzt (Bd. 8 u. 9, 1814) und von Lucian Bonaparte durch vier Supplementbände (1825‒33) ergänzt wurde. Eine Ausgabe in 3 Bänden erschien 1832 zu London mit Biographie von Sir William Jardine. Eine Sammlung seiner Dichtungen erschien 1857 zu Belfast, und zusammen mit seinen prosaischen Schriften von A. B. Grosart herausgegeben (2 Bde, Lond. 1876). 1874 wurde ihm zu Paisley eine Statue errichtet. – Biographien von W. schrieben William B. O. Peabody in Sparks’ «Library of American Biography», C. Lucy Brightwell (Lond. 1860) und Allan Park Paton (1863).

Wilson (spr. wills’n), Henry, 18. Vizepräsident der Vereinigten Staaten, geb. 16. Febr. 1812 zu Farmington in New-Hampshire, arbeitete bis 1839 als Schuhmacher zu Natick (Massachusetts), wurde dann in die Legislatur, später in den Staatssenat und endlich 1855 in den Senat der Vereinigten Staaten gewählt, dem er bis 1873 angehörte. In letzterm trat er energisch für die Aufhebung der Sklavenfluchtgesetze und für Abschaffung der Sklaverei im Distrikt Columbia und in den Territorien auf. Während des Bürgerkrieges war er Vorsitzender des wichtigen Komitees für Kriegsangelegenheiten. 1872 wurde er als Kandidat der Republikanischen Partei zum Vicepräsidenten der Vereinigten Staaten gewählt