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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Wohlau (Kreis und Stadt) - Wohlfahrtsausschuß

es sein Bruder, Joachim Friedrich von Brieg, erbte. Dessen Enkel Christian, der es 1639 erhielt, vereinigte es mit den von seinen Brüdern ererbten Herzogtümern Brieg und Lignitz.

Wohlau. 1) Kreis im preuß. Reg.-Bez. Breslau, hat 803,98 qkm und (1895) 44 083 (21 174 männl., 22 909 weibl.) E., 4 Städte, 133 Landgemeinden und 114 Gutsbezirke. -2) W. (Wolau), Kreisstadt im Kreis W., an der Linie Breslau-Stettin der Preuß. Staatsbahnen, Sitz des Landratsamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht Breslau) und Bezirkskommandos, hat (1895) 2671 E., darunter 840 Katholiken und 50 Israeliten, Postamt zweiter Klasse, Telegraph, evang. und kath. Kirche, Piastenschloß, jetzt Sitz der Behörden, Gymnasium, höhere Mädchenschule, Unteroffiziervorschule; Ofen- und Knopffabrikation, Dampfmühle, Brauerei und Ziegeleien. In der Nähe gute Mergelgruben.

Wohlbrück, Marianne, s. Marschner, Heinrich.

Wohlen, schweiz. Dorf, s. Freiamt.

Wöhler, Friedrich, Chemiker, geb. 31. Juli 1800 zu Eschersheim bei Frankfurt a. M., studierte in Marburg und Heidelberg Medizin und Chemie, arbeitete dann in Stockholm unter Berzelius, wurde 1825 Lehrer der Chemie und Mineralogie an der Gewerbeschule in Berlin, zog 1831 nach Cassel, wo er später ebenfalls Lehrer der Chemie an der Gewerbeschule wurde. 1836 kam er als ord. Professor der Medizin, Direktor des Chemischen Instituts und Generalinspektor der hannov. Apotheken nach Göttingen, wo er 23. Sept. 1882 starb. Hier wurde ihm im Juli 1890 vor dem Kollegiengebäude der Universität ein Erzstandbild gesetzt. W. führte sich schon als Student durch Arbeiten über die Salze der Thiocyansäure und Cyansäure sowie durch Lösung der Heidelberger Preisaufgabe über den Übergang chem. Verbindungen in den Harn in die Wissenschaft ein. Die Analyse der cyansauren Salze wurde der Anstoß einiger Entdeckungen von grundlegender Bedeutung. Als Liebig 1825 die Zusammensetzung des knallsauren Silbers bestimmte und dieselben Verhältnisse wie W. für das ganz verschiedene cyansaure Silber fand, griff er letztern mit dem Vorwurfe ungenauer Analysen an. In dem Streite blieb W. Sieger und wurde damit zum ersten Entdecker der Isomerie organischer Verbindungen, deren Zahl er alsbald durch die Entdeckung der Cyanursäure (1830) und in Gemeinschaft mit Liebig des Cyamelides weiter vermehrte. Aus dieser klassischen Untersuchungsreihe ist aber noch ein Erfolg erster Größe: die künstliche Darstellung des Harnstoffs aus dem isomeren cyansauren Ammon (1828) und damit die erste Synthese einer zweifellos organischen Verbindung, zu verzeichnen. Der wissenschaftliche Zwist mit Liebig hatte sich bald zu einer freundschaftlichen Vereinigung zu genieinsamer Arbeit entwickelt, der die Wissenschaft mehrere Großthaten (wie die Arbeit über die Benzoylverbindungen, 1832) verdankt (vgl. Aus Justus Liebigs und Friedrich W.s Briefwechsel, hg. von A. W. Hofmann, 2 Bde., Braunschw. 1838). Die Anzahl der von W. veröffentlichten Einzeluntersuchungen ist sehr groß. Sie haben auf den Gebieten der unorganischen, organischen, analytischen und Mineralchemie Wesentliches zu deren Entwicklung beigetragen. Aus W.s Laboratorium gingen überdies zahlreiche bedeutende Schülerarbeiten hervor. Die Abhandlungen W.s sind meist in den Liebigschen "Annalen der Chemie und Pharmacie", deren Mitherausgeber er 1838 wurde, veröffentlicht. Weite Verbreitung fand sein "Grundriß der Chemie". Der erste Teil umfaßt den "Grundriß der unorganischen Chemie" (Berl. 1831; 15. Aufl., bearb. von Kopp, Lpz. 1873), der zweite den "Grundriß der organischen Chemie" (Berl. 1840; 11. Aufl., bearb. von Fittig, 1887). Ferner sind zu nennen: "Die Schwefelwasserquellen zu Nenndorf" (mit d'Oleire, Cass. 1836) und "Die Mineralanalyse in Beispielen" (2. Aufl., Gött. 1861). Auch machte er sich durch die deutsche Bearbeitung von Berzelius' "Lehrbuch der Chemie" (4 Bde., Dresd. 1825-31; 10 Bde., Dresd. und Lpz. 1835-41; 5 Bde., ebd. 1864) sowie von dessen "Jahresbericht über die Fortschritte der physischen Wissenschaften" verdient.

Wohlerworbene Rechte, s. Erworbene Rechte.

Wohlfahrtsausschuß (Comité de salut public) hieß in der Französischen Revolution die Regierungsbehörde des Nationalkonvents (s. d.). Nachdem zunächst 25. März 1703 ein "Ausschuß der öffentlichen Wohlfahrt und der allgemeinen Verteidigung" aus 25 Mitgliedern konstituiert war, trat schon 6. April eine veränderte Organisation ein, indem der W., aus 9 Mitgliedern bestehend, getrennt wurde von dem sog. "Sicherheitsausschuß" (Comité de sûreté générale), der die hohe Staatspolizei ausübte. Der W. dagegen sollte alle Schritte der exekutiven Gewalt überwachen, in dringenden Fällen konnte er auch die Verfügungen der Minister suspendieren und selbständig die nötigen Maßregeln ergreifen. Dieser Ausschuß war dem Konvent verantwortlich; seine Vollmacht war auf einen Monat beschränkt und wurde dann erneuert, wie auch allmonatlich die Neuwahl der Mitglieder stattfand. Nachdem der Konvent 10. Okt. die neue Verfassung suspendiert und eine revolutionäre Regierung bis zum Frieden dekretiert hatte, erhielt der W. 3. Dez. 1793 eine erweiterte Kompetenz. Er fungierte seitdem als oberste Regierungsbehörde, ernannte die Generale und Beamten, schickte Konventsdeputierte als Kommissare mit unbeschränkter Vollmacht in die Departements u. s. w. Die Zahl der Mitglieder, die gleichzeitig auf 12 erhöht war, ward dann wieder auf 9 und endlich auf 10 festgesetzt. Gleich unter den ersten Mitgliedern hatte sich Danton befunden, der sich aber schon nach einigen Monaten wieder zurückzog. Dafür trat 27. Juli 1793 Robespierre ein und behauptete bis zum Juli 1794 im W. den maßgebenden Einfluß. Neben ihm waren ständige Mitglieder Couthon und Saint-Just. Am Ende kam es innerhalb des W. zum Zwiespalt, indem die übrigen Mitglieder sich gegen dieses sog. Triumvirat erhoben und es mit Hilfe der Majorität des Nationalkonvents 27. Juli 1794 (9. Thermidor II) stürzten. An die Stelle der gestürzten Triumvirn traten Tallien und andere in den W. ein. Auch ward bestimmt, daß bei seiner monatlichen Erneuerung die vier austretenden Mitglieder nicht wieder wählbar sein sollten. Als dann Ende Aug. 1794 die Verwaltungszweige an 15 verschiedene Sonderausschüsse verteilt wurden, behielt der W. nur die Leitung der militär. und diplomat. Geschäfte. Er versank seitdem in Bedeutungslosigkeit und hinterließ dem Direktorium 1795 die Geschäfte im tiefsten Verfall. - Nächst Carnots und besonders Barères Memoiren vgl. Aulard, Recueil des actes du Comité salut public (5 Bde. und Register, Par. 1890-93); Senar, Révélations puisées dans les cartons des Comités de salut public et de sûreté générale (2. Aufl., ebd. 1824),