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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Wolf (Ferd.) - Wolf (Friedr. Aug.)

Thron bestiegen hatte, ging W. als Geheimrat, Vicekanzler der Universität und Professor des Natur- und Völkerrechts nach Halle zurück. 1743 wurde er Kanzler und 1745 in den Reichsfreiherrenstand erhoben. W. starb 9. Mai 1754. Bei seinem Tode war seine Philosophie durch ganz Deutschland und einen Teil Europas verbreitet.

Das Verdienst W.s um die Philosophie beruht auf der Ordnung, Klarheit und Vollständigkeit, mit der er die Leibnizschen Gedanken darstellte und das Gesamtgebiet der damaligen Wissenschaft behandelte. Auch die nüchterne Strenge, mit der er eine gesunde bürgerliche Moral den laxen Sitten seiner Zeit entgegenhielt, ist segensreich gewesen. Ebenfalls um die deutsche Sprache erwarb er sich Verdienste. Sein reiner und klarer Stil entwickelte eigentlich zuerst ihren Reichtum für philos. Begriffe. Die Menge und der Umfang seiner Schriften ist außerordentlich groß. Er behandelte sämtliche mathem. und philos. Wissenschaften in einer doppelten Reihe von Werken, zunächst kürzer und lesbarer in deutscher, später mit ermüdender Breite in lat. Sprache. Dazu kommt noch eine große Anzahl Abhandlungen über einzelne Gegenstände der Physik, Mathematik und Philosophie. - Vgl. Chr. W.s eigene Lebensbeschreibung, hg. von Wuttke (Lpz. 1841); Ludovici, Sammlung und Auszüge der sämtlichen Streitschriften wegen der Wolfschen Philosophie u. s. w. (2 Bde., ebd. 1737); ders., Ausführlicher Entwurf einer vollständigen Historie der Wolfschen Philosophie u. s. w. (3 Bde., ebd. 1736-38); Zeller, W.s Vertreibung aus Halle (in den "Vorträgen und Abhandlungen" (2. Aufl., ebd. 1895).

Wolf, Ferd., Romanist, geb. 8. Dez. 1796 zu Wien, vollendete seine philos. und jurist.-polit. Studien an der Universität zu Graz 1819 und kehrte dann nach Wien zurück, um sich zur Advokatur vorzubereiten. Seine Neigung zog ihn aber zu litterar. Beschäftigung, vorzüglich zum Studium der Litteraturgeschichte. An der kaiserl. Hofbibliothek angestellt, ward er 1827 Skriptor, 1853 Kustos. Bei Begründung der Akademie der Wissenschaften zu Wien trat er als Mitglied und Sekretär in diese ein. W. starb 18. Febr. 1866. Seine selbständigen Werke sind: "Über die neuesten Leistungen der Franzosen für die Herausgabe ihrer Nationalheldengedichte" (Wien 1833), "Die Sage vom Bruder Rausch" (mit Endlicher herausgegeben, ebd. 1835), "Floresta de rimas modernas castellanas" (2 Bde., Par. 1837), "Über die Lais, Sequenzen und Leiche" (Heidelb. 1841), "Rosa de romances" (Lpz. 1846), "Primavery y flor de romances etc." (mit Konr. Hofmann, 2 Bde., Berl. 1856), "Studien zur Geschichte der span. und portug. Nationallitteratur" (ebd. 1859), "Le Brésil littèraire. Histoire de la littérature brésilienne" (ebd. 1863). Außerdem lieferte er größere Aufsätze für die Wiener "Jahrbücher der Litteratur", wovon einige in Sonderabdrücken erschienen, wie "Beiträge zur Geschichte der castil. Nationallitteratur" (Wien 1832), "Über altfranz. Romanzen und Hofpoesie" (ebd. 1834), "Über die Romanzenpoesie der Spanier" (ebd. 1847). Mehreres von ihm enthalten die "Schriften" der kaiserl. Akademie, z. B. eine Ausgabe eines Auto sacramental vom Totentanze, "Proben portug. und catalon. Volksromanzen", "Über die niederländ. Volksbücher von der Sibille und von Hüon von Bordeaux". Mit Ad. Ebert gründete er 1858 das "Jahrbuch für roman. und engl. Litteratur" und veröffentlichte auch hier viele Aufsätze. Auch zu Julius' Übersetzung von Ticknors "Geschichte der span. Litteratur" (2 Bde., Lpz. 1852; Supplement, hg. von seinem Sohne Adolf W., ebd. 1867) lieferte er Berichtigungen und Zusätze. Kleinere Schriften von F. W. gab E. Stengel (Marb. 1890) heraus.

Wolf, Friedr. Ang., Altertumsforscher und Kritiker, geb. 15. Febr. 1759 zu Haynrode unweit Nordhausen, studierte in Göttingen, wurde 1779 Lehrer am Pädagogium in Ilfeld und begründete hier zuerst seinen Ruf durch Herausgabe des Platonischen "Symposium" (Lpz. 1782). 1782 wurde er Rektor der Stadtschule zu Osterode am Harz, 1783 Professor der Philosophie in Halle. Schon damals lehrte er nach dem Grundsatz, daß das klassische Altertum vorzüglich als Vorbild eines auf den edelsten und höchsten Ideen beruhenden öffentlichen und Privatlebens betrachtet werden müsse, und die Hauptaufgabe seines Amtes schien ihm zu sein, den vaterländischen Schulen tüchtige Lehrer und Vorsteher zuzuführen und das Schulwesen von der pedantischen Praktik der Pädagogen zu befreien. Nach Aufhebung der Universität Halle, siedelte er 1807 als Mitglied der Akademie der Wissenschaften nach Berlin über, wo er an der neuen Einrichtung der Universität eifrigen Anteil nahm. Da aber seine Wünsche nicht völlige Berücksichtigung fanden, blieb er nur kurze Zeit im eigentlichen Staatsdienst als Direktor der wissenschaftlichen Deputation und Mitglied der Sektion für den öffentlichen Unterricht im Ministerium des Innern. Die andern amtlichen Pflichten eines ord. Professors lehnte er von vornherein ab, er wollte nur Vorlesungen an der Universität halten, ohne weitere Verpflichtungen. Auch seine Beziehungen zur Akademie, die ihn seit 1812 zu ihren Ehrenmitgliedern zählte, gestalteten sich nicht nach seinen Wünschen. Zur Wiederherstellung seiner Gesundheit unternahm W. im April 1824 eine Reise nach Südfrankreich, wo er 8. Aug. 1824 zu Marseille starb.

Neben einer Bearbeitung der Demosthenischen "Oratio adversus Leptinem" (Halle 1789) veröffentlichte W. ferner die "Prolegomena ad Homerum" (ebd. 1795), in denen er seine Gedanken von der ursprünglichen Gestalt der Homerischen Gedichte, ihren mannigfachen Schicksalen und der Art ihres Zustandekommens niederlegte. (S. Homer.) Die Äußerungen mehrerer Gelehrten, auch Heynes, daß ihnen längst gleiche Gedanken vor der Seele geschwebt hätten, veranlaßte W.s geistreiche "Briefe an Heyne,eine Beilage zu den neuesten Untersuchungen über Homer" (Berl. 1797). Ferner sind zu erwähnen W.s Ausgaben der "Theogonia" des Hesiod (Halle 1783), einzelner Schriften Lucians u. d. T. "Luciani libelli quidam" (ebd. 1791), der "Historiae" des Herodian (ebd. 1792), mit einer kritischen Vorrede und trefflichen Einleitung, von Ciceros "Questiones Tusculanae" (Lpz. 1792; 3. Aufl. 1825), desselben Reden "Post reditu in Senatu", "De domo sua ad pontifices", "De haruspicum responsis" und "Pro Marcello" (Berl. 1801), deren Echtheit W. gegenüber Markland verteidigte; des Sueton (4 Bde., Lpz. 1802), mit den Anmerkungen von Casaubonus und Ernesti, eines "Dialogorum delectus" aus Plato (Berl. 1812 u. 1820; er enthält den "Euthyphron", die "Apologie des Sokrates" und den "Kriton" in einer neuen Textrecension, mit einer klassischen lat. Übersetzung), sowie die Erklärungen "Zu Platos Phädon" (ebd. 1811). Auch besorgte er eine vielfach bereicherte Ausgabe der Schrift von Reiz: "De prosodiae graecae accentus