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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Handfeuerwaffen
Oberring umfaßt mit seinem obern Teil das vordere
Laufende, mit seinem untern den Vorderschaft, der
mit einer längern Stahlplattc versehen ist, die als
unteres Lager für den vordern Laufcylindcr dient,
und durch welche auch der Entladestock geht. Trotz-
dem der vordere Laufteil durch den Oderring und
die Platte sicher gehalten ist, kann er doch frei durch
diese Lagerung hindurch wachsen. Bemerkenswert
ist noch, daß die Abzugsvorrichtung ein jedes Ab-
feuern des Gewehrs, wenn dasselbe nicht vollständig
geschlossen war, dadurch verhindert, daß die Ab-
zugsgabel vorn eine Warze trägt, die bei dem An-
ziehen des Abzugs in die Bohrung des Verschluß-
gehäuses tritt. Nur bei völligein Verschluß erlaubt
ein Ausschnitt des Verschlußkolbens der Warze hier
einzutreten (Taf. I, Fig. 2). Der hintere Teil des
Laufs ist ebenso wie bei dem chilenischen Mau-
sergewehr N95 (f. Taf. I, Fig. 6 u. 7) mit
einem hölzernen Handschutz versehen, welcher die
Handhabung der heiß gewordenen Waffe gestattet.
Die vier 0,125 mm tiefen Züge vollenden eine Um-
drehung auf 22 cm. Das Visier hat zwei Kimmen
und ist bis 2000 in eingeteilt. Die 24,8 3 schwere
Patrone entbält ein Geschoß (Hartbleitern mit nickel-
plattiertem Stahlmantel) von 11,2 3 Gewicht und
2,5 F rauchschwaches Blättchenpulver. Die Geschoß-
geschwindigkeit an der Mündung beträgt 728, 25 in
vor der Mündung 700 m; der größte Gasdruck wird
mit 3100-3300 kF auf 1 qcm angegeben. 12 m
vor der Mündung dringt das Geschoß 138-140 cm
in Tannenholz ein. Die Scheitelhöhe der Flugbahn
beträgt bei 500 m Entfernung 1,034, bei 550 m
1,295 und bei 600 m 1,63" m. Die Streuungsver-
hältnisse der Waffe sind als sehr günstig zu bezeich-
nen. Auf 500 m Entfernung beträgt die senkrechte
Streuung 41, die wagerechte 28 cm, auf 1200 m sind
diese Zahlen auf 186,3 und 93 cm gewachsen. Die
Gesamtschußweite beträgt bei einem Erhöhungswinkcl
von etwa 30° über 4000 m. Die gesteigerte Rasanz
hat das Standvisier bis auf 300 m hinauszuschieben
ermöglicht. Das schwedische Gewehr N93 (Ka-
liber 6,5 mm) ähnelt sehr der span. Waffe.
In Rumänien ist das gleiche Kaliber 6,5 mm
bei dem ^193 angewandt worden mit dem verbesser-
ten Repetierwerk nach Mannlicher (s. Taf. II,
Fig. 1 - 8), während der Verschluß (s. Taf. II,
Fig. 5-8) demjenigen des deutschen Gewehrs 88
nachgebildet ist und der hölzerne Handschutz des
Laufs dem des chilen. Gewehrs gleicht. Das Maga-
zin nimmt den Patronenrahmen mit fünf Patronen
auf; letzterer ist derart gebaut, das; er mit beiden
Seiten eingesetzt werden kann, was bei dem österr.
Gewehr ^188 wegen der schrägen Form des Rah-
mens nicht möglich ist. Der Rahmen fällt von
selbst aus der Waffe durch eine Öffnung im Maga-
zinraum, sobald die letzte Patrone von dem Ver-
schluß vorgeführt worden ist. Die vier Züge vollen-
den auf 20 cm eine Umdrehung, die Patrone ent-
hält ein 10,3 3 schweres Stablmantelgeschoh, welchen:
die Ladung von 2,35 3 rauch schwachem Pulver eine
Anfangsgeschwindigkeit von 700 m auf 25 m vor
der Mündung verleiht.
In den Niederlanden ist eine dem rumän.
Gewehr N93 sehr ähnliche Waffe ebenfalls mit
6,5 mm-Kaliber als N95 angenommen, welches
einen längern Lauf (790 statt 725 mm) besitzt und
mit einem Quadrantenvisier ausgestattet ist.
Das italienische Gewehr N 91 (Kaliber
6,5 mm) gehört dem System Mannlicher an. Es
besitzt ein festes Mittelschaftsmagazin für sechs Pa-
tronen mit Rahmenladung. Der äußerlich gebräunte
Lauf hat vier Züge mit Progressivdrall, das Visier
eine Einteilung bis 2000 m, das niedrigste Visier
liegt auf 300 m, das Gewebr wiegt ohne Säbel-
bajonnet 3,821^, mit demselben 4,i61<F. Die Pa-
trone (22 F) enthält ein Geschoß (10,5 3) mit Mantel
aus 80 Proz. Kupfer und 20 Proz. Nickel. Die La-
dung besteht aus 1,95 F Ballistit. Die Geschoß-
geschwindigkcit an der Mündung wird mit 709 m,
25 m vor der Mündung mit 685 m angegeben.
Von Änderungen und Vorschlägen zur Ver-
besserung der bereits eingeführten kleinkalibrigen
Nepeticrgewehre sind folgende zu erwähnen.
In Frankreich hat das Gewehr N1886 eine
Änderung erhalten, welche namentlich einen bessern
Schutz des Mannes gegen ausströmende Gase beim
Platzen der Patronenhülse bezweckt. Die umgeän-
derten Gewehre erhalten die Bezeichnung N1886-
N1893. Die "Modifikation" gewährt den G^en
einen Ausweg nach der Seite und versperrt ihnen den
Weg nach hinten. Deshalb hat der neue Verschluß-
kopf einen Feuerschirm und das Verschlußgehäuse eine
schraubenartige Rinne zum Entweichen der Gase er-
halten. Der äußere Durchmesser des Schlagbolzen-
halters ist um 3 mm größer als der innere Durch-
messer des Verschlußgehäuses, wodurch die Bohrung
für den Gang des Verschlusses völlig gesperrt wird.
Österreich hat, unter Beibehaltung der Pa-
trone des N 88/90, ein neues erleichtertes Modell 95
für das Infanteriegewehr angenommen, welches all-
mählich, zunächst beider Landwehr, eingeführt werden
soll. Der bisherige Verschluß des Gewehrs N88
wurde durch den symmetrischen Verschluß des österr.
Karabiners N90 ersetzt. Das Visier ist nach deut-
schem Vorbild konstruiert, der Lauf wird beinahe
vollständig von einem hölzernen Handschutz bedeckt.
Infolge der Anwendung des Karabinervcrschlusses
tonnte die Länge (von 1,2.31 auf 1,268 m) und das
Gewicht (von 4,4 auf 3,6 kF) der neuen Waffe er-
heblich verringert werden.
Auch in der Schweiz ist ein neues Gewehrmodell
angenommen worden. Dasselbe führt den Namen
Repetiergewehr N1889/96. Der Hauptunter-
schied von der bisherigen Waffe besteht darin, daß
der Verschluß erheblich verkürzt und die Verschluß-
warzen nach vorn versetzt worden sind. Es ergeben
sich hieraus folgende Vorteile: der Verschluß wird
verstärkt, das ganze System wird solider, indem der
etwas lange Verschluß in der Mitte und nicht erst
im hintern Viertel sein Widerlager findet, Brüche
der Verschluftstücke werden weniger vorkommen, da
nur noch die Warzen und nicht mehr das ganze Ver-
schlußgehäuse auf Druck beansprucht werden. Es
können auch Patronen, die einen höhern Gasdruck
als 2400-2600 Atmosphären ergeben, verwendet
werden. Der Verschluß ist leichter zu öffnen; infolge
der nach vorn verlegten Führung kommen Klem-
mungen weniger vor. Der Vcrschlußkolben wird bei
dem Schusse weniger vibrieren und bietet der Pa-
tronenhülse einen bcständigern Stoßboden als bei
dem bisherigen Modell. Durch die größere Stabi-
lität des Verschlußkolbens und die gleichmäßigere
Anlehnung der Patrone an diesen wird auch die
Präcision der Waffe gewinnen. Durch die Ver-
kürzung der Verschlußteile (Verkürzung des
Schraubenganges und progressive Steigung des-
selben) ergeben sich nachstehende Vorteile: Leichteres
Funktionieren des Verschlusses, Verminderung der