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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Portugiesische Eisenbahnen - Portugiesische Kunst
in Angola (Okt. 1896) Grenzabkommen zu treffen.
In den folgenden Jahren waren die internationalen
Beziehungen günstig, wie der Abschluß der Handels-
verträge mit den Niederlanden (9. Juli 1895) und
Rußland (24. März 1896) und eine längere Reise des
Königs nach Frankreich, Deutschland und England
bewies; nur in Italien war man unzufrieden, daß
der König seinen Besuch in Rom ankündigte, aber
dann, angeblich auf Betreiben der Kurie, nicht aus-
führte (Herbst 1895).
* Portugiesische Eisenbahnen. Sie umfaßten
1. Jan. 1895: 2340 km, d. i. 2,5 km auf 100 hkm
Fläche und 4,6 km auf 10000 E.
Portugiesische Kunst, die in Portugal seit dem
12. Jahrh., wo die Gründung des nationalen Kö-
nigtums erfolgte, hervorgebrachte Kunst, nicht also
die altröm. Kunst, von der noch Überreste eines
Dianentempels zu Evora erhalten sind, noch die
arab.-maur. Kunst des 8. bis 12. Jahrh., die keine
Denkmäler in Portugal aufzuweisen hat.
I. V aukunst. Sie schließt sich ganz an die Epochen
der portug. Geschichte an: an die Erkämpfung der
Unabhängigkeit im 12. Jahrh., die Abwehr des castil.
Angriffs im 13. Jahrh., die Zeit der Entdeckungen
und Koloniegründungen. Aus der Zeit des ersten
Königtums (Mitte des 12. Jahrh.), wo Coimbra
Hauptstadt wurde, stammt die dortige Kathedrale,
das Hauptdenkmal des roman. Stils, ein festungs-
artiges, zinnenbekröntes Bauwerk; ferner die Kirche
Sao Salvador daselbst, die Kathedrale in Lissa-
bon, die kleine Kirche Cedofeita in Oporto und die
alte Templerkirche zu Thomar. Das bedeutendste
Unternehmen jener Zeit waren die Bauten der 1148
von Alfons I. gestifteten Cistercienserabtei zu Al-
cobaca; die Kirche, mit halbrunder Apsis und neun-
fachem Kapellenkranz, wurde von franz. Baumeistern
nach dem Muster burgund. Abteien erbaut, aber erst
im 13. Jahrh, im Übergangsstil vollendet. Wie
plump und massig damals der got. Stil in Portugal
auftrat, zeigt die Kirche Leca do Valio (1336): an-
dere Kirchen got. Stils, wie die Kathedrale zu
Oporto, sind durch spätere Zuthaten entstellt. Bau-
werke eines reinern got. Stils stammen aus dem
Ende des 14. Jahrh.; so die zum Andenken an den
Sieg bei Aljubarrota (1385) von Johann I. gegrün-
dete Kirche des Dominikanerklosters zu Batalba, ein
dreischiffiges Langhaus, Querschiff mit vier Neben-
chören, und die noch als Ruine (Mufeum) erhaltene
Karmeliterkirche in Lissabon.
Im Anschluß an die spätgot. Formen entwickelte
sich im 16. Jahrh, in der P. K. ein eigener Stil,
nach dem baulustigen Monarchen Emanuel 63ti1o
manoeUno genannt. Dieser Baustil ist eine frei-
phantastische Abwandlung des Flamboyant (s. d.,
Bd. 6), mit Angliederung maur. Elemente und solcher
der Nenaissancekunst; vielgebrochene Varianten des
gedrückten Bogens, tauförmige Pfeiler und Gurte,
ineinander geschobene Sockelsimse, maur. Kapitale
und Zinnen, üppig wuchernde Krabben, Kreuzblumen,
Hohlkehlenfüllungen und Schäfte: das sind die Ele-
mente, mit denen dieser wesentlich dekorative Stil
Men orient.-märchenhaften Reiz ausübt. In diesem
Stil aufgeführte Baudenkmale sind zahlreich. Das
Hauptwerk ist die zur Erinnerung an die Expedition
Vasco da Gamas gestiftete, 1500 von Voutaca und
Ioäo de Castilho erbaute Kirche Sta. Maria de
Belem in Lissabon, besonders der herrliche Kreuz-
gang. Noch steht das prächtige Portal der Kirche
"Concecäo velha (um 1520). Das Meisterwerk dieses
Stils würde das Mausoleum Emanuels d. Gr. ge-
worden sein, welches als Oktogon mit Kapellen an
dem Ostchor der Kirche zu Vatalha angefügt wurde,
aber unvollendet blieb; die Fensterfüllungen des
ciHU8ti-0 sind die glänzendste Leistung dieser Orna-
mentik. Ferner sind hier zu nennen: das Schiff und
der Kapitelsaal der Templerkirche zu Thomar, Säo
Ioao in Setubal, das königl. Schloß und das Kloster
da Penha zu Cintra, die Concecao zu Braga. Die
frühesten und wohl bedeutendsten Schöpfungen der
Renaissance werden infolge des Erdbebens von 1755
untergegangen fein; Ruinen, zumeist Facaden, Por-
tale, Denkmäler in Kirchen, so in der Kathedrale zu
Coimbra, im Christuskloster zu Thomar und an an-
dern Orten, sind aus jener Zeit der Frührenaissance
erbalten. Die Hochrenaissance erscheint in mehrern
ansehnlichen Kirchmbauten aus dem Ende des 16.
Jahrh., als der Italiener Filippo Terzi in Portugal
wirkte: Sao Antäo, Sta. Maria do Desterro, Eäo
Vicente deFora, Sao Noque in Lissabon, Sao Bento
in Oporto; das Kloster Penha Longa bei Cintra ragt
jedoch noch in die Zeit Johanns III. hinein. Die
Kunst des 18. Jahrb. brachte ein Gegenstück zum
Escorial und zum Schloß von Versailles in dem
Kloster Mafra hervor, einem unter Johann V. durch
einen Deutschen Ludovici 1717-30 errichteten präch-
tigen, von barocken Übertreibungen freien Palast,
Kloster und Kaserne vereinigenden Niesenbau.
II. Bildnerei. Die portug. Skulptur des Mittel-
alters findet hauptsächlich Verwendung zum Schmuck
von arcbitektonischen Monumentalanlagen undGrab-
denkmälern. Die Hauptwerke des got. Stils findet
man in Alcobaca: Grabmäler der Könige Alfons II.,
Alfons III., Pedro I. und der Ines de Castro; ferner
in Batalba: die Statuen der Stifter von Vatalha,
Johanns I. und der Philippa von Lancaster, in der
Capella do Fundador; in Vraga: Grabmal des Erz-
bischofsGonzaloPereira(1326). Statuengefchmückte
Portale besitzt die Kathedrale zu Batalha und die
zu Evora (um 1300). Gegen Ende des 15. Jahrh,
sandte Lorenzo de' Medici den Bildhauer Andrea
Sansovino an den Hof Johanns II. (von ihm das
Kastell Alvito) und sührte der Pisaner Niculoso
Francisco die Kunst der Robbia in Portugal ein;
derartige Bildwerke (Statuen, Reliefs, Kamine) fin-
den sich in der Kirche zu Belem, in Cintra u. a.
1517 berief dann Emanuel d. Gr. französische, im
got. Stil arbeitende Architekten und Bildhauer; sie
schufen unter andern die Statuen des Portals von
Sta. Cruz in Coimbra, Verwandtes in Sao Marco bei
Coimbra. In den dreißiger Jahren des 16. Iabrh.
bürgerte sich der Renaissancestil ein; ein Prachtstück
ist die Kanzel in Sta. Cruz zu Coimbra. Die folgen-
den Jahrhunderte pflegten in der kirchlichen Kunst
vornehmlich die Holzschnitzerei mit Vemalung.
III. Malerei. Unsere Kenntnis der portug. Ma-
lerei, wo nicht deren Existenz, beginnt erst mit dem
16. Jahrh., aus früherer Zeit waren bis jetzt nur
vereinzelte und auf fremde Hände hinweisende Trüm-
mer nachzuweisen. Trotz der Beziehungen zu Italien,
von denen unter andern die herrliche, in Florenz in
den neunziger Jahren ausgeführte Emanuelbibel ein
Zeugnis giebt, gravitiert die portug. Malerei bis in
die zweite Hälfte des Jahrhunderts durchaus nach
den Niederlanden. Infolge der Beziehungen zu Ant-
werpen, wo 1503 die portug. Faktorei gegründet
wurde, studierten dort junge Portugiesen; ihre Na-
men, Eduard und Simon, Affonso Castro, Ioäo
Valasco, haben die Gildenbücher erschlossen. In
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