Autorenkollektiv,
Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig,
Dritte Auflage, 1884
Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse
unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.
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Astrachan - Attich
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Asphalt'
riechen aber beim Reiben und beim Erwärmen schwach pechartig.
Außer diesen beiden Hauptsorten kommt in kleineren Mengen auch
noch A. von Braunschweig, Hannover und dem Elsaß in den Handel,
der aus Bergteer gefertigt wird. Verwendung findet der A. zur
Bereitung von schwarzen Lacken, zum Ätzgrund für
Kupferstichplatten, sowie, mit Kalk und Sand gemischt, zur
Herstellung von Asphaltpflasterungen. Für letzteren Zweck
wird auch sehr häufig das billige
Steinkohlenteerpech
benutzt und dann
Steinkohlenasphalt genannt.
- A. ist zollfrei Nr. 36 des Tarifs. Asphaltarbeiten, wie
Pappwaren gemäß Tarif im Anh. Nr. 27 f 1, 2 od. 3.
Astrachan (s. unter
Lämmerfelle). Außer dem tierischen Produkt
ist der Name auch auf gewisse Webstoffe übertragen worden,
welche durch eine gelockte glänzende Oberfläche gewissermaßen
jene Lämmerpelze nachahmen. Sie gehören zu den
Plüschen
(s. d.). Künstl. A. Zoll: Gemäß Tarif im Anh. Nr. 41 d 6.
Atlas (frz. u. engl. satin). Obschon
man bei dem Worte zunächst an hochglänzende Seidenzeuge zu
denken pflegt, so ist der Name doch viel umfassender, indem
aus jedem Spinnstoff atlasartige Gewebe hergestellt werden,
und nicht der Stoff, sondern die Art der Fädenverbindung den
A. ausmacht. Das Gewebe ist eine Art Köper, unterscheidet sich
aber von diesem darin, daß die Bindungen oder Fadenkreuzungen
bei ihm nicht aneinander stoßen und schräglaufende Linien bilden,
sondern sie sind zerstreut und in geringerer Zahl vorhanden
als beim Köper, übrigens auch fast ganz verdeckt. Der Glanz
des A. entsteht nun dadurch, daß die Kettfäden, zu welchen
das feinste, wenig gedrehte Material genommen wird, immer
mehrere Einschußfäden auf der Rechtseite übergreifen, dann
einen einzelnen unterfahren und wieder auf der Oberfläche
erscheinen. Die Fläche besteht demnach fast ausschließlich aus
den offen (flott) liegenden glänzenden Kettfäden. Die Zahl der
überdeckten Kettfäden mit Hinzurechnung des einen unterfahrenen
macht eine Bindung aus,
und es unterscheidet der Weber hiernach 4-9- und noch
mehrbündigen oder -schäftigen A. Jede Nummer erfordert
ebensoviel Züge oder Tritte am Webstuhl. Am gewöhnlichsten
ist die 5bündige Schnürung für Seiden-, Leinen-, Woll- und
Baumwollstoffe, die 8bündige für seidene Kleider- und Westenstoffe;
mehrschäftiger A. wird auf dem Jacquardstuhl in Verbindung
mit andern Schnürungen zur Erzeugung von Mustern und andern
Effekten gewebt. Außer den ganzseidenen gibt es halbseidene,
leinene und Wollatlasse. Drells, englisches Leder, Lasting,
Sergen u. s. w. haben ebenfalls Atlasbindung. - Die A. kommen
in den verschiedensten Graden von schwer und leicht vor, von
dem schwersten und teuersten Roben- und Möbelstoff bis zum
leichtesten Futteratlas. Je leichter sie sind, desto stärker
pflegt man, sie zu appretieren (gummieren); die besten Sorten,
die an sich schon Glanz genug haben, bleiben ohne Appretur
und heißen, weil sie sich an den Enden von selbst aufrollen,
Rollatlas. Die schönsten glatten Seidenatlasse lieferte früher
Italien; jetzt werden sie in gleicher Güte auch
↔
in Deutschland, Frankreich und England erzeugt. In der
französischen Fabrikation steht Lyon obenan. In Deutschland
werden A. in Wien, Berlin, Annaberg, Frankenberg, Elberfeld,
Krefeld u. s. w. gefertigt. Für Österreich ist Wien
Hauptfabrikationsort.
Türkischer A. ist
Baumwollenzeug mit seidenen Streifen durchwebt;
Brüggescher A. hat eine
Kette von Seide und einen Schuß von Wolle, dient zu Tapeten
und Möbelüberzügen; A.-Brokat ist dichtes schweres Wollenzeug
mit Atlasgrund und Figurschuß mit Gold- od. Silberfäden.
Verzollung: Baumwollener A. Tarif im Anh. Nr. 2 d 2 oder 3;
leinener Nr. 22 f; halbseidener 30 f; seidener Nr. 30 e;
wollener 41 d 5 α oder β.
Atlasholz; mit diesem Namen bezeichnet
man keine bestimmten Holzarten, sondern man nennt so mehrere
verschiedene ausländische Holzarten, die sich durch einen
seidenartigen Glanz auf ihrer polierten Schnittfläche
auszeichnen.
Atlasstein (Atlasspat, Faserkalk)
ist eine vereinzelt, am meisten in England vorkommende
Varietät von kohlensaurem Kalk von rein weißer, auch rötlicher
und andrer Färbung, die vermöge ihrer feinfaserigen Struktur
auf den Schliffflächen einen eigentümlichen atlasähnlichen
Schimmer zeigt. Man schleift denselben zu Perlen für
Halsketten und andern Schmucksachen, die einen sehr schönen
Glanz und hübsches Aussehen haben, dasselbe aber bei der
Weichheit des Materials nicht lange erhalten. Zuweilen
versteht man unter A. auch eine Art Fasergips von ebenfalls
seideglänzendem Ansehen, der in Thüringen, im Mansfeldischen,
im Waadtland in schöner Qualität gefunden und gleiche
Verwendung wie der vorige hat, aber noch weicher ist als
dieser. - Zollfrei. Waren daraus gemäß Nr. 33 c des Tarifs
im Anh.
Atropin
(Atropinum); das giftige
Prinzip der Tollkirsche, Atropa
Belladonna, findet sich in allen Teilen dieser Pflanze,
hauptsächlich aber in der Wurzel und den Blättern. Das giftige
Prinzip des Stechapfels, Datura
Stramonium, welches man früher
Daturin nannte, soll mit
dem A. identisch sein. Das A. gehört zu den stickstoffhaltigen
organischen Basen (Alkaloiden); es wird medizinisch verwendet,
meist äußerlich bei Augenkrankheiten, da es die Eigentümlichkeit
besitzt, die Pupille des Auges stark zu erweitern. An das
Publikum darf das A. seiner Giftigkeit wegen nicht abgegeben
werden. Das A. erscheint in farblosen, geruchlosen, seidenartig
glänzenden, zu Büscheln vereinigten Kristallnadeln. Außer dem
reinen A. benutzt man auch noch das
schwefelsaure A.
(Atropinsulfat,
Atropinum sulfuricum)
und das baldriansaure A.
(Atropinvalerianat,
Atropinum valerianicum);
beide sind ebenfalls farblos und kristallinisch. - Zollfrei.
Attich ist der populäre Name des
Zwergholunders (Sambucus
Ebulus), der bei uns an Wald- und Feldrändern,
zwischen Gebüsch und Hecken hier und da wächst, nur ein paar
Fuß hoch wird und einen krautigen Stengel hat, sonst in
Blattwerk, Blüten und Früchten dem schwarzen Holunder ähnlich
ist. Offizinell ist hier und da noch der eingedickte Saft
der Beeren,
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 27.