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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

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Baumwollgarne - Baumwollgarne

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Baumwollgarne'

= Maultier, ein Bastard; der Name soll andeuten, daß die Maschine ein Bastard, wie aus dem Obigen hervorgeht.) Auf Crompton's Maschine gelang es, auch feine weiche Garne zu spinnen; sie ist, wie Karmarsch sagt, "die Krone des gesamten Spinnmaschinenwesens"! Im Laufe der Zeit hat sie viele Verbesserungen erfahren; aus der Maschine von 1779, welche bei geringer Spindelzahl noch sehr viel Menschenkraft und Geschicklichkeit erforderte, ist der Selfactor, die selbstthätig spinnende Mulemaschine hervorgegangen, welche Ausziehen, Spinnen und Aufwickeln selbsthätig (Anmerkung des Editors: richtig: selbstthätig) besorgt, mit 600, 800, 1000 ja selbst 1200 Spindeln arbeitet und wenig Menschenkraft erfordert. - Von 1784-94 hatte sich schon eine ziemliche Anzahl mechanischer Spinnereien in Deutschland, zunächst in den Rheinlanden, dann anderwärts aufgethan und bildeten meist sehr einträgliche Unternehmungen. Ungleich größer war jedoch der Aufschwung in England selbst, und die dortigen Maschinenbauer wetteiferten in Verbesserung der Spinnmaschinen und Herstellung zweckmäßiger Vorbereitungsapparate. Die Baumwolle muß, bevor an das Verspinnen gedacht werden kann, aufgelockert und von den aus Staub, Sand, Schalen und Blätterteilen, Samen u. s. w. bestehenden Verunreinigungen befreit werden. Die erste Auflockerung, das Öffnen der Baumwolle, besorgen Wölfe, Öffner und Willow; Maschinen, deren arbeitende Teile mit Stiften oder Nasen oder langen Stäben bebesetzte (Anmerkung des Editors: richtig: besetzte) rasch rotierende Walzen oder Armkreuze sind, welche reißend oder klopfend auf die durch die Verpackung stark zusammengeballte Baumwolle wirken. Auf der Schlag- oder Flackmaschine wird die Auflockerung weiter fortgeführt und zugleich mittelst Ventilatoren Staub und andere Unreinigkeiten ausgeschieden. Das Schlagen der B. geschieht in der Regel zweimal. Die erste Maschine liefert die B. in losem Zustande oder in Form von zu Wickeln aufgerollter Watte. Im ersten Falle muß die B. durch Arbeiter gleichmäßig auf dem Zuführtuch, der zweiten Schlagmaschine ausgebreitet werden; im zweiten Falle legt man die Wickel vor. Die zweite Schlagmaschine liefert immer Wickel (Schlag- und Wickelmaschine). Die Auflockerungsmaschinen dienen zugleich zur Mischung, denn in den meisten Fällen werden Wollen aus verschiedenen Ballen oder Sorten miteinander verarbeitet. Die wichtigste Arbeit des ganzen Spinnprozesses, das Krempeln oder Kratzen schließt sich unmittelbar an das Schlagen an. Das Krempeln bezweckt die völlige Auflösung der B.; die Isolierung aller einzelnen Fasern; ferner die gleichmäßige Verteilung derselben; die Ausscheidung noch vorhandener feiner Verunreinigungen und aller ganz kurzen Fasern. Das Hauptorgan der Krempel oder Karde, ist eine große, rasch rotierende, an der ganzen Umfläche mit feinen Drahthäkchen besetzte Walze. Dieselbe arbeitet zusammen mit einem festen aus einzelnen Deckeln zusammengesetzten ebenfalls mit Häkchen besetzten Dache oder mit langsamer rotierenden in gleicher Weise beschlagenen Walzen (Deckelkrempel und Walzenkrempel). Der großen Trommel werden die von der Schlagmaschine ↔ gelieferten Watten vorgelegt. Die rotierenrenden (Anmerkung des Editors: richtig: rotierenden) Häkchen greifen die Faserbündel auf und führen sie den feststehenden der Deckel oder den in ganz langsamer Bewegung befindlichen der Walzen (Arbeiter) zu. Dabei findet ein Auskämmen oder Durchhecheln statt. Die losgelösten Verunreinigungen und die ganz kurzen Fasern gehen in das Beschläge über und müssen, daraus von Zeit zu Zeit entfernt werden, die längeren isolierten Fasern bleiben auf den Häkchen der großen Trommel liegen und werden in Gestalt eines ganz feinen Vließes abgelöst, welches sogleich durch einen Trichter zu einem 30-50 mm breiten Bande zusammengezogen wird. Das Kratzen erfolgt bei Deckelkrempeln in der Regel zweimal. Eine Anzahl der von der Vorkarde kommenden Bänder vereinigt die Lappingmaschine zu einer Watte von der Arbeitsbreite der Feinkrempel. Diese liefert wieder Band, welches in Töpfen oder Kannen aus Weißblech aufgespeichert und dann der Strecke oder Streckmaschine zugeführt wird. In der Strecke erfolgt mit Hilfe von Walzenpaaren, wie oben angegeben, das Ausziehen. Durch das Strecken werden die Bänder so fein, daß sie den weiteren Transport nicht aushalten würden. Man vereinigt deshalb eine Anzahl von nebeneinander aus der Strecke laufenden Bändern wieder miteinander (Duplieren). Das abziehende aus 5-8 Einzelbändern bestehende Band besitzt ungefähr dieselbe Dichte wie die Eingeführten. Eine Verdünnung ist hiernach kaum eingetreten, wohl aber liegen die Fasern besser geordnet. Das Duplieren läßt ein Band von viel größerer Gleichmäßigkeit entstehen. Eine schwache Stelle im Einzelbande wird durch das Daraufdecken vieler anderer Bänder von normaler Dicke fast zum Verschwinden gebracht. Strecken und Duplieren wird je nach der Feinheit des zu spinnenden Garnes 3-5mal ausgeführt. Dennoch ist das von der letzten Strecke abziehende Band nicht wesentlich schwächer als das der ersten Strecke vorgelegte. Die stufenweise Verfeinerung desselben, die Überführung in einen losen, runden, schwach gedrehten Faden geschieht durch das Vorspinnen. Die jetzt fast allein verwendete Vorspinnmaschine ist die Spindelbank oder der Flyer. Dieselbe besitzt ein Streckwerk zum weiteren Ausziehen der Bänder und senkrecht aufgestellte Flügelspindeln mit Spulen zum Drahtgeben und Aufwickeln des Fadens. Das Vorspinnen wird je nach der Feinheit des zu erzeugenden Garnes 3-5mal vorgenommen. Durch das sich anschließende Feinspinnen erhält der Faden mit einem Male die gewünschte Feinheit durch ein Streckwerk und den geforderten Draht durch die Spindel. Das Feinspinnen erfolgt entweder auf der Watermaschine mit Flügelspindel oder auf der in neuerer Zeit namentlich in Amerika in Aufnahme gekommenen und jetzt auch in Europa kultivierten Ringspinnmaschine oder auf der Mulemaschine, dem Selfactor. Grobe und scharf gedrehte Garne spinnt man auf der Watermaschine; für etwas feinere und weichere Garne ist die Ringspinnmaschine sehr gut verwendbar; feine und feinste Garne mit schwachem Draht lassen sich nur auf der Mulemaschine, die

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 41.