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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Baumwollgewebe

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Baumwollgarne - Baumwollgewebe

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Baumwollgarne'

und geschnürt, dann für Versendung im Großen in Ballen von 500 k vereinigt sind. Außerdem kommen namentlich aus England viele Kettgarne in den Handel als Warps, das sind bereits durch Maschinen zum Aufbäumen vorgerichtete und geschlichtete Ketten mit einer bestimmten Fädenzahl in der Blattbreite. Sie haben die Form von gewickelten Knäueln und ihre Abnehmer sind Webereien, welche Maschinenstühle (Power looms) gehen haben. In ähnlicher Weise wird es häufig auch mit dem Einschußgarn gehalten, indem man dasselbe auch nicht haspelt, da es sonst vom Weber erst wieder gespult werden müßte. Man läßt so viel Garn auf die Spindeln der Maschinen laufen, als der Hohlraum des Webeschützen zuläßt, zieht diese Kötzer, die englisch Pincops oder Cops heißen, ab und bringt sie so in den Handel. Sie erscheinen als dickwandige nahezu cylindrische Röhren mit kegelförmigen Enden und müssen, da sie Druck nicht vertragen können, sehr sorgfältig (in Kisten) verpackt werden. Die ferner im Handel vorkommenden Benennungen Weft und Warp bedeuten Schußgarn bez. Kettengarn. - Manche Baumwollgarne kommen mit Appretur an den Markt; sie sind gedämpft, gesengt oder auch lüstriert. Durch das Dämpfen soll dem Garn eine größere Weichheit gegeben und das Bestreben, sich aufzudrehen, benommen werden. Das Sengen, das besonders bei den feinen Garnen für Bobbinet- und Spitzenfabrikation vorkommt, bezweckt das Wegbrennen der aus dem Körper des Fadens hervorstehenden feinen Fäserchen. Der Faden wird dadurch leichter, glatter und feiner, sodaß z. B. Garn von Nr. 90 durch das Sengen zu Nr. 95 wird. Das Lüstrieren besteht in einem Überziehen des Fadens mit einem Klebstoff, Dextrin oder Gummilösung u. dgl., welcher die Fäserchen niederhält und Behandlung mit streichend wirkenden Bürsten, wodurch ein erhöhter Glanz hervorgebracht wird. Andere Garne werden gefärbt, und unter diesen hat das schöne echte Türkischrot (s. unter Krapp) die meiste Bedeutung. Ein neueres Spinnprodukt der Engländer ist ferner starkes B., das nicht gestreckt, sondern nach Art der Streichwolle versponnen wird, bei dem die Fasern nicht längshin, sondern verwirrt durcheinander liegen. Es dient zur Anfertigung tuch- und flanellartiger Zeuge wie Moleskins, Biber u. dgl. Ferner wird viel dubliertes, d. h. aus zwei und mehr Fäden zusammengedrehtes (gezwirntes) Garn erzeugt. Dieser Baumwollzwirn ist links gewunden, wenn die Einzelfäden rechts gedreht waren. Man erhält dadurch einen mehr runden Faden. Die Zwirne werden je nach der Fadenzahl als 2, 3, 4 drähtig bezeichnet. Näh- oder Strickgarne sind 2-8drähtig; von festgedrehten glatten Garnen werden jetzt Nähzwirne gefertigt, die den leinenen sehr nahe kommen und im Einzelverkauf auch oft für solche ausgegeben werden. - Wie England die Wiege der Maschinenspinnerei für die Baumwolle war, so ist es jetzt noch unbestritten das Hauptquartier derselben sowohl hinsichtlich der Menge seines Erzeugnisses als der Größe mancher dortigen Spinnereien, deren es einzelne mit 150000 Feinspindeln ↔ gibt. Die Anzahl dieser Organe liefert aber allgemein den Maßstab für die Größe einer Anlage und den Standpunkt der Spinnerei eines ganzen Landes. In Nordamerika, wo zuweilen die Geschäfte noch größere Dimensionen annehmen als selbst in England, besteht unter anderm zu Rhode Island die Spinnerei, Weberei und Druckerei der Gebrüder Sprague mit 250000 Spindeln, welche im Jahr gegen 20000 Ballen Baumwolle verarbeitet und dazu noch Massen von Rohkattunen aus fremden Webereien ankauft. Eine lebhafte Spinnndustrie findet sich außer England in Frankreich, Belgien, der Schweiz, Deutschland und den österreichischen Ländern, Nordamerika. Im deutschen Reich sind gegenwärtig etwa 5100000 Spindeln für Baumwolle in Betrieb. Elsaß nimmt darin mit 2100000 die erste Stelle ein; dann folgen Sachsen und die Rheinprovinz. Obige 5100000 repräsentieren etwa 7,6% der auf der ganzen Erde auf Baumwolle gehenden Spindeln. In Sachsen haben die Spinnereien meistens kleinern Umfang, 5-10000 Spindeln. Größere mit 50 bis zu 100000 bestehen hier und da, in Rheinpreußen, Hannover, Baiern, Baden u. s. w. Die österreichische Spinn- und Webeindustrie kommt an Ausdehnung der deutschen excl. Elsaß nahezu gleich. Im deutschen Reiche werden trotz des lebhaften Spinnereibetriebes noch erhebliche Mengen namentlich feinerer Garne vorwiegend aus England eingeführt, da die deutschen Spinnereien meist mittlere Garne spinnen. Der Hauptmarktplatz für die englischen Garne ist Manchester; der Zwischenhandel für Deutschland liegt größtentheils in Hamburgs Händen. Die Einfuhr belief sich im deutschen Reiche in 1878 auf 18405300 k, die Ausfuhr auf 12578550 k. - Zoll: S. Tarif im Anh. Nr. 2 c 1-5. Bezügl. der Erhebung der Staffelzölle ist die hinter Nr. 2 c 3 befindliche Erläuterung zu beachten.

Baumwollgewebe. Während ein kleinerer Teil des Baumwollgespinstes gezwirnt als Näh- und Strickgarn seinen besonderen Weg der Verwendung geht, dient die bei weitem größte Menge zu Geweben sehr mannigfacher Art. Die feinsten Erzeugnisse der Weberei, deren Muster ehedem zu hohen Preisen aus Indien kamen, sind die Musseline oder Batiste, von denen abwärts sich eine lange Reihe an Beschaffenheit und Güte sehr verschiedener Webstoffe erstreckt, bis zu ganz ordinären, halt- und dauerlosen, nur durch große Wohlfeilheit sich auszeichnenden Stoffen für die untersten Stände. Große Haltbarkeit ist bekanntlich überhaupt nicht bei Baumwollwaren zu finden; sie gleichen diesen Mangel im allgemeinen wieder aus durch ihre Wohlfeilheit, die einen öftern Wechsel gestattet. Wohlfeil und den weitesten Kreisen zugänglich ist die Ware erst durch die Maschinenspinnerei gemacht worden. Während die Handspinnerei bei Baumwollgarn ganz und gar bedeutungslos geworden ist, hat man auch das Weben, wenigstens in England, zum allergrößten Theil den selbstthätigen Webstühlen übertragen, während auf dem Kontinent die Verbreitung der Maschinenstühle weniger rasch vor sich gegangen ist, in dem letzten Jahrzehnt aber bedeutende Fortschritte gemacht

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 43.