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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Meisterwurz; Melado; Melasse

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Mehl - Melasse

von allem, auch dem fest ansitzenden Schmutze befreien und so bewirken, daß ein weit weißeres, schön in die Augen fallendes M. erhalten wird. In allen derartigen Mühlen geschieht die Beutelung mittels sog. Cylinder, langer schräg liegender Hohlwalzen aus Lattenwerk und mit Beutelgaze von verschiedner Maschenweite überzogen, sodaß bei einmaliger Durchpassierung des Mahlgutes gleich drei oder vier Feinheitssorten von M. erhalten werden und die Kleie zu unterst herausfällt. Die Methoden des Mahlens sind verschieden. Nach dem amerikanischen Verfahren, das auch in England, Belgien und sonst für Proviantmehl geübt wird, passiert der Weizen nur einmal die Mühle und wird dabei gleich so vollständig gepulvert, daß er den Beutelcylindern übergeben werden kann. Das so erhaltene M. ist gelblich, wie Staub anzufühlen, und enthält die feinsten Partikel der Kleie mit. Um schöneres, reines M. zu erhalten, wie es für feines Gebäck erforderlich ist, muß man umständlicher zu Werke gehen und sich der sog. Griesmahlerei bedienen, der Methode, die jetzt gewöhnlich als die Wiener bezeichnet wird. Hierbei wird beim ersten Durchgang der Weizen von den scharfen Steinen nur geschält, der Inhalt mehr oder weniger zerbrochen und das Produkt besteht aus Hülsen, Gries und etwas M., die sich leicht trennen lassen, worauf dann der Gries für sich weiter in M. verwandelt wird. Der Roggen ist wegen seiner fester ansitzenden Hülsen schwieriger als Weizen zu vermahlen und erfordert dem entsprechend eine etwas modifizierte Behandlung. Weizen- und Roggenmehl aber sind die beiden Sorten, welche als Großhandelsartikel allein in betracht kommen; nur in Nordamerika bildet auch Maismehl neben dem des Weizens einen bedeutenden Ausfuhrartikel. -

Das M. für weitergehenden Handel erhält seine Verpackung in Fässern, in die es entweder lose eingeworfen oder fest eingestampft wird. Die letztere Füllung paßt besser zum Versand in kältere, die erste in heißere Gegenden. Nordamerika versendet die größten Massen seines Weizenmehls aus Newyork, dann aus Neuorleans, Baltimore, Philadelphia, Boston, und hat seinen ständigen Absatz in Westindien, Brasilien etc. An die europäischen Hafenplätze kommt solches M. seltner, seit hier die Handelsmüllerei selbst in Schwung gekommen ist. Deutschland hat in den meisten Jahren ansehnliche Ausfuhr von M., neuerdings ist jedoch die Ausfuhr von M. infolge der Zollverhältnisse stark zurückgegangen und die Handelsmühlen, welche für Export arbeiteten, sind dadurch sehr gefährdet. Rußland und Polen geben ebenfalls starke Posten an den Westen ab, ebenso Ungarn. Ein Hauptplatz für Mehlproduktion und Handel ist Wien; dort hat man den vorzüglichsten Weizen aus dem Banat zur Disposition und erzeugt daraus vorzüglich gute und beliebte Mehlsorten. Die österreichische Mehlausfuhr geht hauptsächlich über Triest nach den Mittelmeerländern. In Norddeutschland will die Bezeichnung Wiener M. meistens nur sagen, daß die Ware nach Wiener Art gemahlen (Griesmüllerei) und sortiert ist. Verhandelt wird das M. in der Regel nach Gewicht, in Deutschland nach dem Zollzentner. Sorten sind von Weizen wie Roggenmehl gewöhnlich drei, die beste mit Null bezeichnet, als 0, 1, 2 für beide, oder für Roggen 0, 1, durchgemahlen, oder auch 0, 0 und 1, durchgemahlen. Die Sortimente der Wiener Kunstmühlen sind zahlreicher, aber nicht durchgängig gleich, z. B. Kaiserauszug, Prima M. 00, Prima 0, Sekunda 0, M. I, ditto II. - M. aus Getreide und Hülsenfrüchten Nr. 25 q 2. Kraft- und Stärkemehl Nr. 25 q 1.

Meisterwurz (Radix Imperatoriae, rhizoma imperatoriae); ein Artikel des Droguenhandels, der getrocknete Wurzelstock der Doldenpflanze Imperatoria Ostruthium, eines ausdauernden Gewächses, das in den höhern Gebirgen Deutschlands und in den Voralpen heimisch ist, zuweilen in Gärten gezogen wird und mitunter verwildert vorkommt. Die Wurzelstöcke ohne die langen fadenförmigen Fasern sind fingerdick, etwas plattgedrückt, geringelt, längsrunzlig, warzig höckerig und von graubrauner Farbe, innen gelblich weiß mit großen braunen Harzpunkten. Geruch und Geschmack sind ähnlich wie bei der Angelikawurzel, aromatisch, beißend gewürzhaft. Die im Herbst von 2-3 jährigen Pflanzen zu sammelnden Wurzeln sollen nur von wildwachsenden Pflanzen genommen werden; sie kommen aus der Schweiz, aus dem Riesengebirge etc. und dienen zu Tierarznei und als Zusatz bei der Bereitung bittrer Liköre. Die M. enthält ätherisches Öl und Peucedanin; sie ist dem Insektenfraß sehr unterworfen, man muß sie daher in gut verschlossnen Gefäßen und an trocknen Orten aufbewahren. Zollfrei. Das ätherische Öl daraus gem. Nr. 5 a des Tarif im Anh.

Melado; unter diesem Namen kommt jetzt von Westindien aus ein stark eingedickter Zuckerrohrsaft in den Handel, der unterwegs größtenteils kristallinisch erstarrt und in europäischen Raffinerien gereinigt und auf Hutzucker verarbeitet wird. Zoll gem. Tarif im Anh. Nr. 25 x 2.

Melasse. Im allgemeinen dasselbe wie Sirup, der braune Rückstand von den auf Zucker versottenen Säften des Zuckerrohrs und der Zuckerrübe (s. die Art. Sirup und Zucker). Die M. besteht aus in Wasser gelöstem, unkristallisierbarem Zucker (Frucht- oder Schleimzucker) nebst wirklichem Zucker, der nur durch den Schleimzucker und die salzigen Bestandteile am Auskristallisieren behindert ist. Von den andern fremden Bestandteilen enthält der Rohrzuckersirup (der früher gewöhnliche braune Sirup) wenig, schmeckt daher angenehm süß und dient, wie bekannt, bei Backwaren und manchen andern Gelegenheiten als versüßendes Mittel; in den zuckerbauenden Ländern brennt man daraus den echten Rum. Die schwarzbraune, undurchsichtige Rübenmelasse dagegen ist ein weit unreinerer Stoff, da die Rübe aus dem Boden lösliche Salze, namentlich Kalisalze, aufnimmt, die sich sämmtlich im Rückstande wiederfinden. Neben den Salzen enthält die M. auch organische, übel schmeckende und riechende Stoffe und Produkte, schmeckt daher anfänglich süß, hintennach salzig, ekelhaft und riecht widerwärtig. Man versteht indes diese Masse durch eingrei-^[folgende Seite]