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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Milchsäure; Milchzucker

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Milchsäure - Milchzucker

pro Kopf. Die im Handel vorkommenden Sorten sind sehr verschiedenwertig, mehr oder weniger lange haltbar, im ganzen aber nicht sehr beliebt, wie obige Verbrauchsziffer beweist. Der Händler muß sich sehr genau nach der Bezugsquelle erkundigen. Nach Fleischmann enthalten die Handelssorten in Prozenten von 22,73 bis 35,66 Wasser, 8,61-14,68 Fett, 30,18-51,78 Milch- und Rohrzucker, 9,92-16,35 Proteïnsubstanzen und 1,81-3,12 Aschenbestandteile. Versendet werden sie in Büchsen; beim Gebrauch löst man die Masse in vierfacher Menge von Wasser. Die Präparate können die frische M. aber nicht ersetzen; für Schiffe und Festungen sind sie jedoch sehr nützlich und außerdem bieten sie die alleinige Möglichkeit, den Überfluß zu verwerten. Die ersten Fabriken entstanden dafür in Amerika, die ersten in Europa 1866 durch die „Anglo Swiss Condensed Milk Company“ in Cham (Verarbeitung 3000 kg täglich), dann noch in der Schweiz, in England, Österreich und Deutschland. -

Die M. wird in Vakuumpfannen bis zur Honigbeschaffenheit eingedampft; man verwendet nur besten Rohrzucker als Zusatz und zwar von 12% und darüber. Von den Fabriken sind manche wieder eingegangen. Nägeli in München versetzt in noch nicht bekanntem, patentiertem Verfahren M. in einen Zustand, in welchem sie, in verschlossenen Flaschen, längere Zeit, ohne zu säuern, aufbewahrt werden kann. Milchkonserven nennt man Präparate aus kondensierter M. mit Zusätzen, um sie für Kinder verwertbar zu machen und die große Süße zu reduzieren, sog. Kindermehle, z. B. von Neßler, jetzt vielfach dargestellt, die Farine factée von Cham, Lakto-Leguminose nach Gerber u. dgl. mehr, Präparate, in welchen ähnlich wie in den Kunstpräparaten nach Liebig die Zusammensetzung der natürlichen M. möglichst erreicht werden soll. Die Analysen ergaben in Prozenten 5,78-9,47 Wasser, 1,15-7,08 Fett, 6,38-18,77 Alluminate, 0,44-2,98 Aschenbestandteile und den Rest als lösliche und unlösliche sog. Kohlenhydrate (Zucker etc.). -

Auch die Kindermehle dieser Art werden nur in geringem Maße verbraucht und meist nur in Apotheken verkauft; sie kommen der guten, durch gleichmäßige Fütterung erzielten Kuhmilch nicht gleich; für diese zahlt man in Städten, in verschlossenen Flaschen loco Haus geliefert, schon 40-50 Pf. pro l, ein zu hoher Preis, wenn allgemein davon Gebrauch gemacht werden soll. Milchhandel und Milcherzeugung in und für die Großstädte haben noch eine große Zukunft. - Die M. ist zollfrei. Kondensierte M. gem. Tarif im Anh. Nr. 25 p 1.

Milchsäure (Lactylsäure, acidum lacticum); eine starke organische Säure, von der man zwei verschiedne, ihrer prozentischen Zusammensetzung nach aber gleiche Arten hat; die eine wird gewöhnliche M. oder Äthylidenmilchsäure, auch Gärungsmilchsäure genannt, die andre Fleischmilchsäure oder Äthylenmilchsäure; nur die erstere kommt im Handel vor und entsteht bei Säuerung der Milch aus dem Milchzucker derselben, aber auch sonst bei sehr vielen Gärungsprozessen; sie ist es unter andern, welche den Geschmack des Sauerkrautes und der sauren Gurken, sauer gewordenen Kleisters etc. verursacht. Im tierischen Körper findet sich dagegen die Fleischmilchsäure im Muskelfleisch und im Magensaft.

Die reine konzentrierte Gärungsmilchsäure ist eine farb- und geruchlose syrupdicke Flüssigkeit von stark saurem Geschmack, die aus der Luft Wasser anzieht und sich in jedem Verhältnis mit solchem wie mit Weingeist mischt. Sie wird medizinisch verwendet und dient hauptsächlich zur Darstellung des milchsauren Eisenoxyduls (Ferrum lacticum), eines der beliebtesten Eisenmittel und andrer milchsaurer Salze. Die Darstellung der Säure durch Gärungsprozesse beruht im allgemeinen darauf, daß Rohr- oder Stärkezuckerlösung, gemischt mit magerer Milch oder Molken, durch einen Zusatz von altem Käse in Gärung gesetzt wird. Die entstehende Säure wird von hinzugebrachtem Kalk oder Baryt aufgenommen, das hierdurch gebildete Kalk- oder Barytsalz gereinigt, mit Schwefelsäure zersetzt etc. Wird die Gärung länger als 10 Tage und bei hoher Temperatur fortgeführt, so verwandelt sich sämtliche Milchsäure in Buttersäure. Die milchsauren Salze werden auch mit dem Namen Lactate belegt, von diesen werden hauptsächlich das Eisenlactat und Natriumlactat medizinisch verwendet; auf den Preisverzeichnissen findet man außerdem noch Magnesialactat (milchsaure Magnesia, Magnesia lactica), Morphiumlactat (milchsaures Morphium, Morphium lacticum), Zinklactat (milchsaures Zinkoxyd, Zincum lacticum) u. a., welche jedoch nur höchst selten noch medizinisch verwendet werden. - Zollfrei einschließlich der genannten Präparate.

Milchzucker (Saccharum lactis, frz. sucre de lait; engl. sugar of milk); eine eigentümliche, vom gewöhnlichen Zucker verschiedne, schwer gärungsfähige Zuckerart, die sich in der Milch aller säugenden Geschöpfe zu 3-6% (im Mittel zu 4,5%) aufgelöst findet und nachdem diese abgerahmt und der Käsestoff abgeschieden, in den dann übrig bleibenden Molken enthalten ist. Die süßen Molken bestehen eben nur aus einer wässerigen Lösung des Milchzuckers, begleitet von geringen Mengen von Salzen. Man gewinnt den M. in der Regel nur als Nebenprodukt bei der Bereitung von Süßmilchkäse. In fester Form, aber zunächst nicht rein und weiß, wird der Zucker einfach erhalten durch Eindampfen der aus Kuhmilch gewonnene Molken bis zur Sirupdicke, wo dann derselbe beim Erkalten herauskristallisiert. Die Kristallmasse wird dann von dem Übrigen abgesondert, wieder im heißen Wasser gelöst, die Lösung durch Aufkochen und Abschäumen geklärt, wieder eingedickt, was in größeren Etablissements mit Vorteil in Vakuumapparaten geschieht, und zur Kristallisation hingestellt. Man hängt dabei in die Flüssigkeit Stäbchen oder Fäden, um welche sich ein Teil der Kristalle ansetzt und zu sog. Trauben anwächst, cylindrische, bis fußlange, am einen Ende verjüngte Kristalldrusen. An den Wandungen der Kristallisierkufen setzt sich die Masse in plattenförmigen Krusten an. In diesen beiden