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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Quecksilber

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Quecksilber - Quecksilber

falls und man würde bei einfacher Erhitzung nur wieder Zinnober erhalten. Es ist also ein Mittel nötig, welches die Trennung von Schwefel und Q. bewirkt; hierzu dient der Sauerstoff der Luft. Man setzt die Erze in einem Schacht- oder Flammenofen der unmittelbaren Einwirkung des Feuers aus. Hierbei wird der Schwefel zu schwefliger Säure verbrannt, welche mit den Quecksilberdämpfen durch mehrere Niederschlagkammern zieht und am Ende derselben entweicht, während das Metall sich tropfbar verdichtet. Nach einem andern Verfahren werden die Erze in geschlossenen Räumen, Retorten etc., abdestilliert, nachdem man ihnen vorher einen Zuschlag von Kalk, zuweilen auch von Eisen oder Hammerschlag gegeben hat. Hier destilliert das Metall allein ab, der Schwefel verbindet sich mit den Zuschlägen zu Kalkschwefelleber, resp. Schwefeleisen. Das rohe Destillat wird von fremden Stoffen einigermaßen gereinigt, indem man es durch Sämischleder preßt oder durch sehr feine Löcher abtropfen läßt; die Handelsware enthält aber meist immer noch fremde Metalle, Blei, Kupfer, Wismut, Antimon, Silber in Auflösung, die ihm, wenn es auf größere Reinheit ankommt, durch anhaltendes Schütteln mit verdünnter Salpetersäure zu entziehen sind. Unreines Q. ist dadurch kenntlich, daß sein Glanz durch ein mattes Häutchen getrübt ist, daß es träge und nicht in Kügelchen fließt, sondern auf Papier sog. Schwänze bildet und Schmutz hinterläßt. - Das Q. hat ein spezif. Gewicht von 13,596 bei 0° C., ist im reinen Zustande stark glänzend und spiegelnd und wird von Salzsäure bei gewöhnlicher Temperatur nicht angegriffen. Verdünnte Salpeter- und Schwefelsäure haben bei gewöhnlicher Temperatur auch nur geringe Wirkung. Unverdünnte Salpetersäure löst das Metall bei gewöhnlicher Temperatur ruhig und bildet salpetersaures Quecksilberoxydul, bei Anwendung von Wärme stürmischer unter Bildung des Oxydsalzes. Konzentrierte Schwefelsäure, namentlich heiß angewandt, löst das Metall ebenfalls und bildet schwefelsaures Q.-oxyd. An der Luft bis nahe zum Siedepunkte erhitzt, nimmt das Metall Sauerstoff auf und bedeckt sich mit einer Schicht roten Oxydes; stärker erhitzt, läßt es den Sauerstoff wieder fahren und kehrt in den metallischen Zustand zurück. Dieses Verhalten gab hauptsächlich Anlaß zur Entdeckung des Sauerstoffs und diente als erstes Beweismittel für seine Existenz. - Das so vielfach nützliche Q. entwickelt schon bei gewöhnlicher Temperatur Dämpfe, welche durch die Sinne nicht wahrgenommen werden können, aber höchst nachteilig auf den menschlichen Organismus wirken. Speichelfluß, fieberhafte Störung des Allgemeinbefindens sind die ersten Anzeichen der Vergiftung; bei lang andauernder Wirkung stellt sich Abmagerung, Schwäche, Zittern, Stammeln, Lähmung und starke Störung der geistigen Thätigkeit ein. Bergleute, Arbeiter in Spiegelfabriken und Vergolder haben daher viel zu leiden und sind stets der Gefahr des Siechtums und frühen Todes ausgesetzt. Unverteiltes Q. wirkt, selbst in größeren Massen verschluckt, nicht nachteilig auf den Organismus ein. Die meisten Q.-verbindungen und -präparate sind ebenfalls mehr oder weniger giftig. Das metallische Q. wird benutzt in seiner Eigenschaft als schwere Flüssigkeit zu Barometern und Manometern, Instrumenten zu Bemessung des Luft-, resp. Dampfdrucks, und zu Senkwagen; der Gebrauch der Q.-Manometer bei Dampfkesseln hat fast ganz aufgehört, weil dieselben bei den jetzt verwendeten hohen Spannungen eine zu große und unbequeme Höhe erhalten würden. Die Verwendung des Q. zu Füllung von Thermometern gründet sich darauf, daß dasselbe sich zwischen 0 und 100° sehr gleichmäßig ausdehnt und erst bei ca. -40° erstarrt. Als guter Elektrizitätsleiter wird es benutzt zur raschen Verbindung von Leitungsdrähten, ferner braucht man es zu manchen andern physikalischen und chemischen Apparaten und Arbeiten, namentlich auch als Mittel zu luftdichten Absperrungen. Für gewisse Zwecke dient das Metall in Form von Amalgam (s. d.). Oberflächlich amalgamierte Zinkplatten sind bei den gangbarsten galvanischen Apparaten für Telegraphie und andre Zwecke in Gebrauch; man wendet das Q. deshalb an, weil sich in dieser Verbindung das Zink viel langsamer und regelmäßiger auflöst. Das Q. wird gewöhnlich auf die mit einer verdünnten Säure benetzte Platte angerieben. Vorteilhaft kann hierbei das Metall durch eines seiner Salze, welche das Zink unter Freimachung des Metalles zersetzen, vertreten werden. Reibt man daher das befeuchtete Salz auf die reine Zinkfläche, so entsteht sogleich ein feiner und gleichmäßiger Q.-Spiegel. Das schwefelsaure Salz erscheint hierfür als das passendste. - Die chemischen Verbindungen des Q. sind sehr mannigfaltig; ein großer Teil davon schlägt in das pharmazeutische Fach, doch finden einige auch technische Verwendung; vielfach ist ihre Benutzung im chemischen Laboratorium. Keine chemische Verbindung, sondern nur ein Gemenge von sehr gleichartiger bläulichgrauer Färbung, ist die graue Quecksilbersalbe (Unguentum hydrargyri cinereum) zum äußerlichen Gebrauch gegen Ungeziefer und als zerteilendes Mittel. Sie bebesteht ^[richtig: besteht] aus metallischem Q., innig zusammengerieben mit Fett, Talg oder Kakaobutter, worin sich das Metall ungemein fein verteilt. Das Präparat wird wie die meisten andern quecksilberhaltigen gegenwärtig gleich in chemischen Fabriken fertig gestellt und auf Maschinen zubereitet. Das graue Quecksilberpflaster ist ein ähnliches Erzeugnis aus Q. und Terpentin, nachträglich mit Bleipflaster und gelbem Wachs gemischt. Mit dem Sauerstoff bildet das Q. ein schwarzes Oxydul und ein rotes Oxyd, beide mit Säuren Salze bildend; ersteres war früher offizinell, wird aber jetzt, seiner leichten Zersetzbarkeit wegen, nicht mehr verwendet. Das Oxyd ist der unter dem Namen roter Präzipitat (Hydrargyrum oxydatum rubrum) bekannte Stoff, ein gelbrotes, in Wasser etwas lösliches, widrig metallisch schmeckendes Pulver von höchst giftiger Wirkung, in kleinsten Gaben aber innerlich wie äußerlich in Salben, auch zu Hutmacherbeize gebraucht. Es wird in zweierlei Weise erhalten, einmal durch Abdampfen einer