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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Spiritus; Spitzen

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Spiritus - Spitzen

und der Kristallform ganz anders beschaffen und erreichen auch die orientalischen Rubine weder im Feuer und der Sättigung der Farbe, noch in der Härte und Schwere. Diese Steine heißen Rubinspinelle und wenn sie blaß gefärbt sind Balasrubine. Die Färbungen dieser letztern sind blaßrot bis gelblichrot. Sie sind nicht so selten wie die erstern, aber keineswegs gemein und werden, wenn rein und tadelfrei, auch gut bezahlt, im allgemeinen aber doch geringer als die rubinähnlichen. Unter Almandinspinellen begreift man allerlei bläuliche, violette, rötlichbraune und sonst dunkelfarbige Sorten geringern Wertes. Die edlen Spinelle kommen aus fernen Ländern und werden in Ost- und Hinterindien, auf Ceylon, in der Tatarei, einzeln und selten im Schuttland und im Sande von Flüssen und Bächen gefunden. Steine von drei Karat und höher sind selten und teuer und erlangen in guten Exemplaren Diamantpreise. Geringere Varietäten sind häufiger und finden sich in Böhmen und Siebenbürgen, in Schweden (blaue), in Australien, in Südamerika. Die dunkelgrünen und schwärzlichblauen Varietäten führen den besondern Namen Pleonast, eine grasgrüne Varietät heißt Chlorospinell, eine schwarze aus den Pyrenäen Picotit. - Zoll: s. Edelsteine.

Spiritus (Geist, Sprit, frz. esprit, engl. spirit). Unter diesem Worte ohne nähere Bezeichnung wird bekanntlich der Weingeist oder Alkohol verstanden, der unter „Branntwein“ abgehandelt ist. In frühern Zeiten wurden eine Menge Flüssigkeiten, die mit dem Weingeist gar nichts gemein haben, mit diesem Namen belegt und durch einen Zusatz näher bestimmt. Die meisten und gebräuchlichen Präparate dieser Art jedoch enthalten Weingeist und sind Destillate von Weingeist über Pflanzenstoffe und man hat hiervon Angelika-, Anis-, Kümmel-, Löffelkraut-, Wachholder-, Lavendel-, Melissen-, Rosmaringeist oder -S. etc. Der Ameisenspiritus (Sp. formicarum) entsteht in gleicher Weise durch Destillation von Weingeist über lebenden Ameisen. Senfspiritus (Sp. Sinapis) ist eine Auflösung von ätherischem Senföl in Weingeist. Auch bei andern Arten von Pflanzenspiritus handelt es sich immer nur um die betreffenden ätherischen Pflanzenöle, und es können dieselben daher statt der Destillation von Pflanzenteilen kürzer durch Vermischen des Weingeistes mit den käuflichen Ölen hergestellt werden. Kampferspiritus (Sp. camphoratus) und Seifenspiritus (Sp. saponatus) sind bloße Auflösungen von Kampfer, resp. Seife, in Weingeist. Verschiedene hierher gehörige Flüssigkeiten sind ätherhaltig, so Sp. acetico-aethereus, Essigätherweingeist; Sp. muriatico-aethereus, Salzäthergeist (versüßter Salzgeist); Sp. nitrico-aethereus, Salpeteräthergeist (versüßter Salpetergeist). Sp. sulphurico-aethereus ist ein Gemisch von 1 Tl. Äther mit 3 Tln. Alkohol (Hoffmann'sche Tropfen). Spiritus vini, Weingeist, ist die stehen gebliebene alte Firma, unter welcher jetzt der reine Kartoffelsprit zu finden ist. Ferner wurden früher als S. bezeichnet: Sp. fumans Beguini ist Schwefelammonium; Sp. fumans Libavii ist Zinnbichlorid; Sp. salis ist Salzsäure; Sp. cornu cervi ist Hirschhorngeist, eine Lösung von unreinem, brenzlichem, kohlensaurem Ammoniak. - Zoll: S. ohne Beimischung (Alkohol, Weingeist), ebenso Destillate von Weingeist über Pflanzen zum Genuß Nr. 25 b des Tarifs. Präparate und Destillate zum Medizinalgebrauch, z. B. Ameisen-, Lavendel-, Löffelkraut-, sowie Kampfer-, Seifen- etc. S., ferner ätherhaltige Präparate Nr. 5 a des Tarifs.

Spitzen sind zarte Gewebe oder Geflechte, welche auf einem durchsichtigen Grunde Muster aus dichter liegenden Fäden haben. Sie bilden einen zierlichen, stets beliebten, Schmuck der weiblichen Kleidung und eine eigene Warengattung, welche von einfachem bis zu den kunstreichsten und sehr teuren Arbeiten geht. Wann und wo die Herstellung von S. ihren Anfang genommen, ist nicht zu sagen; wahrscheinlich hatte man schon im Altertum Ähnliches. Jedenfalls ist das Verfertigen derselben reine Nadelarbeit, Stickerei, gewesen, was es zum Teil noch jetzt ist. Dann kam das hiervon ganz verschiedne Klöppeln hinzu, dessen Ursprung auch nicht klar ist. In Sachsen hielt man die Frau Barbara Uttmann, welche vor etwa 300 Jahren das Klöppeln im Erzgebirge einführte, lange Zeit auch für die Erfinderin; es ist aber erwiesen, daß zu jener Zeit in den Niederlanden bereits geklöppelt wurde. Allerdings unterscheiden sich die sächsischen Vorrichtungen hierzu etwas von den niederländischen und es könnte hiernach vielleicht angenommen werden, daß die Erfindung doppelt gemacht worden sei. In neurer Zeit hat nun auch die Maschinenarbeit in diesen Zweig mehr und mehr eingegriffen und macht den fleißigen Händen der Klöpplerinnen und Näherinnen so große Konkurrenz, daß dieser Erwerbszweig ein sehr kümmerlicher geworden ist und immermehr beschränkt zu werden scheint. Wenigstens drei Viertel aller jetzt marktgängigen Ware ist wohlfeile Maschinenarbeit. Obwohl die Maschinen nicht in allen Stücken die Handarbeit ersetzen können und die Handspitzen immer noch von Kennern als die allein „echten“ geschätzt werden, so wird auf Maschinen doch auch sehr schöne, reich und kompliziert verzierte Ware hergestellt und zwar in bedeutenden Größen, als Vorhänge, Kleiderstoffe u. dgl. - In den als das Mutterland der Spitzenindustrie anzusehenden Niederlanden, dem heutigen Belgien und den angrenzenden französischen Distrikten mit flandrischer Bevölkerung, sind seit lange die feinsten und zartesten Spitzen gefertigt worden und werden gewöhnlich als Brabanter oder Brüsseler bezeichnet. Es wird dort mehr genäht als geklöppelt. Die hohe Qualität der dortigen Ware beruht außer auf der angeerbten Geschicklichkeit auch auf der Feinheit des dazu verwendeten Zwirnes, die wieder eine Folge der Geschicklichkeit der dortigen Spinnerinnen und der Güte des belgischen Flachses ist. Es werden dort sehr häufig noch alte, aus dem vorigen Jahrhundert stammende Muster wiederholt und es haben sich fast in jeder Stadt seit lange gewisse Eigentümlichkeiten herausgebildet, an welchen der Kenner leicht Brüsseler, Valencienner, Mechelner und andre S. unterscheidet, wenn auch damit der Ort der Herkunft nicht festgestellt