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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Valvolinöl; Vanadinsaures Ammoniak; Vanille

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Valvolinöl - Vanille

V.

Valvolinöl, ein in Amerika aus den schweren flüchtigen Teilen des Petroleums fabriziertes Schmiermittel. Man unterscheidet verschiedne Sorten; die leichteste von 0,871 spezif. Gewicht heißt Valvolin spindle oil; sie fängt erst bei 218° C. an zu verdampfen und läßt sich erst bei 263° C. entzünden. Die schwerste Sorte, das Valvolin cylinder oil, von 0,893 spezif. Gewicht beginnt bei 288° C. zu verdampfen und die Entzündungstemperatur liegt bei 360° C. - Zollfrei gem. Tarif Nr. 29, Anm. 1.

Vanadinsaures Ammoniak (Vanadinsaures Ammonium, Ammoniumvanadinat, Ammonium vanadinicum). Die Vanadinsäure ist eine in der Natur zwar ziemlich verbreitete, aber immer nur in kleiner Menge vorkommende Substanz; sie ist die Sauerstoffverbindung eines metallischen Elementes, des Vanidins oder Vanads, und findet sich in manchen Eisenerzen, vielen Gebirgsarten und Thonen, aber nur spurenweise (in manchen Thonen jedoch bis zu 0,07%); in Form selbständiger Mineralien ist die Vanadinsäure sehr selten, z. B. Vandaninbleierz oder Vanadinit. Die Vanadinsäure ist eine orangerote Masse, die in der Glühhitze schmilzt und dann kristallinisch erstarrt; sie löst sich nur sehr wenig (in 1000 Teilen) in Wasser mit gelber Farbe.

Die Verbindung der Vanadinsäure mit Ammoniak ist jetzt ein Artikel des Chemikalienhandels und wird zur Erzeugung von Anilinschwarz auf Wolle verwendet. Der hohe Preis dieses Salzes bildet bei dieser Verwendung kein Hindernis, da nur sehr geringe Mengen hierzu nötig sind. Das v. A. kommt in zwei Modifikationen vor, als weißes und als gelbes Salz. Kocht man die wässrige Lösung des weißen Salzes, so färbt sich diese gelb und man erhält dann das gelbe Salz. Der Preis des v. A. ist jetzt 140 Mk. pro kg. - Zollfrei.

Vanille, Vanilla, Familie der Knabenkräuter oder Orchideen, kletternde Sträucher mit Luftwurzeln in den Tropen, kultiviert die gewüzhafte ^[richtig: gewürzhafte] V., Vanillewinde, V. aromatica - Epidendrum V., (engl. vanille aromatic, frz. vanille und vanillier aromatique, holl. banille, span. vanilla und banylla) und V. planifolia Ando (in Westindien und Mexiko).

Die Pflanzen treiben zahlreiche Luftwurzeln, dickfleischige ovale Blätter, gelblichgrüne geruchlose Blüten und schotenartige, dreiteilige Kapseln, gelb von Farbe, 15-25 cm lang, bis 13 cm breit, nach den Enden verschmälert, mit scharf klebriger Milch, zuletzt balsamischem Mus angefüllt, in welchem bis 20000 kleine Samen liegen. Die Heimat der V. ist Mexikos Ostküste, woselbst sie in feuchten schattigen Wäldern an den Bäumen empor wuchert. Angebaut wird die V. jetzt auch in der Westküste, in ganz Westindien, auf Mauritius, Bourbon und Java durch Setzranken, welche auf völlig gesäubertem Boden an dazu geeignete Bäume gesteckt und beim Weiterwachsen mehrfach, unter Reinhaltung des Bodens, angeheftet werden, solange bis sie fest an den Stamm gewurzelt sind. Vom dritten Jahre an gewinnt man die Schoten und bis zum 40. Jahre bleiben die Pflanzen tragbar. Die Befruchtung erfolgt durch besondere Insekten, in europäischen Gewächshäusern seit 1837 durch künstliche Übertragung des Pollens auf die weiblichen Teile.

Man erntet die Früchte von April bis Juni vor völliger Reife und muß das Mus künstlich eindicken, indem die Schoten zuerst an die Sonne gelegt und dann zum „Schwitzen“ in wollene Tücher gepackt werden, welche so lange in der Sonne liegen bleiben, bis eine braune oder grauschwarze Farbe erzielt ist, worauf man die Schoten auf Tafeln ausbreitet oder an luftig schattigen Orten aufhängt, oder auch künstliche Wärme zum Trocknen anwendet und zwar Kohlenfeuer, über welches die V. in hängenden, schaukelnd erhaltenen Horden, eingeschlagen in wollne Tücher, angebracht wird. Die Indianer, welche hauptsächlich mit dem Anbau sich beschäftigen, müssen es dabei zu verhindern verstehen, daß die Qualität nicht leidet. Anderwärts bringt man die Milch durch Anbohren der Schoten mit Nadeln zum Ausfließen. Die getrocknete Ware wird sorgfältig sortiert nach der Länge, in Bunde zu 50 St. gebunden und in Blechkisten mit 25-50 kg. Inhalt verpackt. Die Länge bedingt die Qualitätsgrade. -

Die V. enthält 12% Fett und Wachs, 4% Harz, 16,5% Gummi und Zucker, 4,5% Asche und das Vanillin (s. d.), welches das Aroma bedingt, im Verhältnis von 2,5 (Bourbon) bis 6,9% (Mexiko); die Javavanille hat etwa 2,75%. Bei längerm Lagern überzieht sich die V. mit nadelförmigen Kristallen von Vanillin („Kristallisiert“; V. angentée ou grivée, V. cristallina), auf welche der Kaufmann viel Gewicht legt, doch ist das Kristallisieren nicht als Beweis für höhere Güte anzusehen, da auch unkristallisierte Ware gleich gut sein kann.

Die Kennzeichen guter V., abgesehen von der Länge, sind: Biegsamkeit, ohne brüchig zu werden, Unverletztheit, besonders die weiße etwas umgebogene Spitze, reichliche Füllmenge, Dünnschaligkeit, geringe Runzelung, gute Farbe und etwas Fettglanz, ohne auf Papier Flecken zu geben. Die V. leidet leicht durch Zerbrechen, Verletzungen, Austrocknen oder Schimmelbildung und muß deshalb in Staniol verpackt, gut hermetisch verschlossen und in trocknen Räumen und zwar in Glas oder Blech aufbewahrt werden. Java V. ist hartschaliger und geringwertiger als die amerikanische. Den Haupthandel hat Frankreich, welches jetzt von Bourbon und Mauritius fast mehr als Mexiko liefert, bis zu 40000 kg. Die mexikanische Ware geht besonders nach England. Die Gesamteinfuhr in Frankreich ist über 30000 kg, die Ausfuhr etwa 12-13000 kg. In Mexiko wird oft die V. mit Acajouöl bestrichen, wodurch aber die Güte verliert; derart