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Handbuch der Drogisten-Praxis

Gustav Adolf Buchheister, Verlag von Julius Springer, Berlin, 3. Auflage, 1893

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Flüssige und feste Fette.

werden sie entweder, wie dies bei den thierischen Fetten der Fall ist, durch Ausschmelzen bei erhöhter Temperatur, oder wie bei den pflanzlichen Fetten, durch Pressen oder Extraktion. Die Pressung geschieht kalt oder bei mäßiger Erwärmung; letztere Methode liefert zwar eine grössere Ausbeute als die kalte Pressung, dafür aber ein weniger feines Fett. Bei jeder Pressung, ob kalt oder warm, kommen wässerige und schleimige Bestandtheile in das Fett, von welchen dasselbe erst allmälig durch längeres Lagern und Absetzenlassen befreit werden kann. Diese Beimengungen sind ein Hauptgrund des raschen Verderbens und machen die Fette oder Oele für manche Zwecke fast unbrauchbar. Bei den gröberen Oelen entfernt man sie dadurch, dass man sie mit einigen Prozenten englischer Schwefelsäure schüttelt und dann absetzen lässt; die schleimigen Bestandtheile werden verkohlt und sinken schneller zu Boden (Raffiniren des Rüböles). Alle diese Uebelstände werden vermieden, wenn man das Fett mittelst geeigneter Lösungsmittel extrahirt; hierzu wählt man Schwefelkohlenstoff oder Petroleumäther. Die zerkleinerten Substanzen werden in geschlossenen Räumen extrahirt und die leicht flüchtigen Lösungsmittel im Wasserbade abdestillirt; auf diese Weise resultiren Fette, welche von vornherein frei sind von schleimigen und wässerigen Beimengungen. Leider ist die Methode immerhin zu umständlich und auch zu kostspielig, um überall angewandt werden zu können. Die Fette werden nach ihrem Aggregatzustände in 3 Gruppen getheilt; 1. flüssige Fette oder fette Oele (hierher gehören die meisten Pflanzenfette); 2. halbweiche oder butterartige Fette (Butter, Schmalz etc.); 3. feste Fette (Talg, Wachs, Spermacet.)

Alle Fette sind leichter als Wasser, jedoch schwankt ihr spez. Gewicht je nach Alter und Darstellungsweise. Sie sind völlig unlöslich in Wasser, wenig löslich in kaltem (Ricinusöl ausgenommen), etwas mehr in kochendem Alkohol; in jedem Verhältniss mischbar mit Aether, Chloroform, Schwefelkohlenstoff und ath. Oelen. Alle Fette sind nicht flüchtig, d. h. sie lassen sich nicht ohne Zersetzung destilliren; bei höherer Temperatur stossen die meisten von ihnen scharfe, die Augen stark zu Thränen reizende Dämpfe aus (das sog. Acrolein), und noch später entwickeln sie leicht entzündliche mit russender Flamme brennende Gase (Anwendung der Fette zu Leuchtzwecken). Mit erhitzten Wasserdämpfen unter höherem Druck zusammengebracht, zersetzen sie sich in ihre Bestandtheile (Darstellung von Stearinsäure und Glycerin); mit Aetzalkalien oder kohlensauren Alkalien in wässeriger Lösung erwärmt, bilden sie mit diesen in Wasser und Weingeist lösliche Verbindungen, die sog. Seifen. Diese sind als Salze der Alkalien mit den in den Fetten enthaltenen Säuren aufzufassen. Scheidet man die gebildeten Seifen durch Kochsalz aus ihren Lösungen aus, so findet sich in der wässerigen Flüssigkeit, neben überschüssigen Salzen, ein eigenthümlicher Körper, den man früher Oelsüss, jetzt Glycerin, Glyceryloxyd oder Lippyloxyd nennt. Erhitzt man Metalloxyde, namentlich Blei-^[folgende Seite]