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Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

Schlagworte auf dieser Seite: Weg von Blaubeuren nach Seflingen und Ulm

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gemeine Volk, wenn es den Ort Blaubeuren nennen hört, er werde so genannt von Bauern, die mit blauer Farbe bestrichen sind. Daher fragte im vorigen Jahr Kaiser Friedrich III dieses Namens, als sie ihn baten, er möchte ihrer Stadt und Gemeine ein besonderes Wappen geben, womit sie ihre Waffen bezeichnen könnten, nach dem Namen der Stadt, und als er Blaubeuren hörte, gab er ihnen das Bild eines blauen Bauern, das sie bis jetzt als Siegel haben. Diese Stadt steht zur Zeit starker Regengüsse in großer Gefahr wegen der von den Bergen herabströmenden Gewässer, woher es denn kommt, daß ein sehr reißender Gießbach mit großem Schaden mitten durch die Stadt fließt. Soviel hievon.

Kap. 12.

Weg von Blaubeuren nach Seflingen und Ulm.

Wenn man abwärts dem Laufe des Flusses Blau folgt, kommt man an das Dorf Gerhusen, das gleichsam zwischen zwei Burgen über dem Fluß liegt (pag. 203). Eine Burg heißt Rugg, auf einer Klippe über einem Felsen an der Ecke erbaut, die die beiden Täler der Blau und der Ach von einander trennt. Auf dieser Burg hatten einst die edlen Grafen von Rugg ihren Sitz; dieses Geschlecht ist längst ausgestorben. Die andere Burg heißt Gerhausen und ist hoch über einem wunderbaren und ganz schroffen Felsen erbaut. Unter dem Felsen selbst sind schreckliche Höhlen, Wohnungen, die für Musen und Nymphen passend sind, und man kann annehmen, daß dieser Name Gerhausen von einer Nymphe Gera herkommt, also Haus der Gera. Wenn man dann gegen Ulm hinabgeht, kommt man an eine Stelle, wo Nydegg über einem hervorspringenden Felsen ragt und einst eine Burg stand, jetzt aber die Kapelle des hl. Nikolaus. Dann kommt die zerstörte Burg Arnegg und Herrlingen und nachher Klingenstein, eine feste Burg. Nach dieser Burg kommt Seflingen, ein bedeutendes Kloster der hl. Clara, von dem man glaubt, daß es zu Lebzeiten des heiligen Vaters Franciskus zuerst in der Stadt Ulm auf dem Gries angefangen worden sei, wo noch die Stelle ist, auf der es stand. Die Nonnen hießen die Schwestern auf dem Gries, und als diesen von einer Witwe das Dorf Seflingen und der Strübelhof 1) übergeben worden war, verlegten sie das Kloster zur Stadt hinaus in das Dorf, und bei ihrem Umzug machten sie mit den Franziskanern einen Tausch, indem sie ihnen ihre Glocke gaben, die heller klang, und dafür die Glocke der Brüder bekamen. Als sie aber den Ort bauten, nannten sie ihn Garten der Jungfrauen, in dem sie ange Zeit wohlriechende Tugendblumen und -rosen pflückten, und es war, wie man sagt, das erste Kloster der hl. Clara in dieser Provinz von Oberalemanien, das im Jahr des Herrn 1232 von den Ulmern erbaut wurde; aus deren Mauern aber wanderten sie später, wie gesagt, nach Seflingen aus, wo sie von den Grafen von Tyllingen beschenkt wurden; eben diese Grafen nahmen für sich den Titel "Gründer" in Anspruch, indem sie sagten, eine verwitwete Gräfin von Tyllingen habe eben dieses Kloster gegründet und sei daselbst begraben worden. Im Verlauf der Zeit aber nach dem Sinken des Ordens des hl. Franciskus und dem Nachlassen der Brüder ließen auch die Schwestern nach und wichen von der Frömmigkeit ab und so standen beide Klöster, nämlich das der Brüder in der Stadt und das der Schwestern außerhalb der

1) Striebelhof bei Pfuhl.