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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die hellenische Kunst

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Die hellenische Kunst.

Wenn man nun auf Grund ihrer Urteile über Bildnereiwerke, die wir wenigstens teilweise prüfen können, den Alten Kunstverständnis zuerkennen muß, so wird man daraus folgern dürfen, daß die Gemälde in der That die begeisterte Wertschätzung verdienten, die ihnen in den erwähnten Berichten zu teil wird. Soweit man aus den erhaltenen Werken eine eigene Anschauung gewinnen kann, widerspricht diese auch keineswegs der Annahme, daß thatsächlich die griechische Malerei großartige Kunstwerke geschaffen habe.

Es sind allerdings fast ausschließlich nur Arbeiten kunstgewerblicher Natur - bemalte Gefäße und Wandmalereien in Gemächern - die wir noch mit eigenen Augen sehen können, gerade diese lassen aber zurückschließen, daß die "höhere Kunst" wirklich voll entwickelt war. Ueber die Anfänge dieser Entwicklung geben die "Gefäße", über das Ende die "Wandmalereien" der römischen Kaiserzeit Aufschluß.

Gefäßmalerei. Ueber die Gefäßmalerei des 8. und 7. Jahrhunderts habe ich bereits früher gesprochen und wäre nur noch zu bemerken, daß Korinth ein Hauptsitz dieser kunstgewerblichen Thätigkeit war. Im 6. Jahrhundert erscheinen dann verschiedene andere Orte als Fabrikstätten, von denen jede eine besondere Gattung hauptsächlich pflegt. Unter diesen tritt dann Athen in den Vordergrund und verdrängt auf dem "Weltmarkt" die anderen, namentlich wird Italien mit attischen Gefäßen versorgt.

Schwarzfiguriger Stil. Im Laufe des 6. Jahrhunderts entwickelte sich auch ein neuer Stil, welchen man als den "schwarzfigurigen" bezeichnet, da die Werke dieser Zeit durch Verwendung schwarzen Firnisses gekennzeichnet sind. Schon in der Formbildung der Gefäße giebt sich ein großer Fortschritt und reiche Erfindungsgabe kund. Schwungvolle Linien und schöne Verhältnisse zeichnen sie aus. Die Hauptsache ist jedoch die Ausbildung der Zeichnung, welche ja die Grundlage der Malerei ist.

Die Verzierungen. Die reinen Verzierungen (Ornamente) sind nicht mehr "geometrischer" Natur, sondern man verwendet jetzt vorwiegend Formen der Pflanzen, welche mit feinem Verständnis umgewandelt - "stilisiert" - werden. Immer mehr treten aber jetzt die figürlichen Darstellungen in den Vordergrund, da man die Gefäße mit Schilderungen von Vorgängen, sowohl des gewöhnlichen Lebens, wie solchen aus den Göttersagen und Dichtungen, schmückt. Letztere werden mit besonderer Vorliebe behandelt, da sie den Verfertigern Gelegenheit geben, ihre Vielseitigkeit zu zeigen.

Fortschritte der Zeichnung. Es ist nicht zu verkennen, daß in der Auffassung und Wiedergabe des menschlichen Körpers die Zeichner den gleichzeitigen Bildhauern überlegen erscheinen. Auch wissen sie lebendige Bewegung gut zum Ausdruck zu bringen. Die Gestalten werden noch durchwegs in Seitenstellung dargestellt, die Frauen von den Männern durch weiße Färbung unterschieden.

Die ganze Herstellungsweise bedingte natürlich die Beschränkung auf einfache Vorwürfe und Stellungen. Die Umrisse der Figuren wurden auf dem rotgelben Thongrunde vorgezeichnet und dann mit dem glänzend schwarzen Firnis ausgefüllt, in diese schwarze Fläche mußten dann mit dem Griffel die weiteren Umrißlinien eingeritzt werden. Einzelne Teile wurden dann noch mit rötlicher oder weißer

^[Abb.: Fig. 183. Mumienbildnis aus el Fayum.]