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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Germanische Kunst

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Germanische Kunst.

Die Anlage dreier Längsschiffe wurde meist beibehalten, doch traten bei größeren Kirchen häufig noch zwei Seitenschiffe hinzu, so daß die Anlage fünfschiffig wurde. Dann erhielt in einigen Fällen auch das Querschiff zwei Seitenschiffe, wurde also dreischiffig.

Das Rundbogengewölbe ließ nur das Quadrat als Grundlage der einzelnen Wölbungen zu, nach welchem demnach der Kirchenplan seine Einteilung erfuhr. Der Spitzbogen hob diese Beschränkung gänzlich auf, indem er bei gleicher Höhe eine beliebige Pfeilerstellung erlaubte; es veränderten sich dabei nur die Tragkraft und die Spannung, welche mit der größeren Weite der Pfeilerstellung abnahmen.

Dabei wurde das Verhältnis meist so gewählt, daß die Pfeiler in der Längsrichtung einen kleineren Abstand hatten als quer über das Schiff; es entstanden im Grundriß an Stelle der Quadrate längliche Rechtecke.

Ausgestaltung des Chores. Von großer Wichtigkeit ist die innigere Verbindung des Chores mit dem Kirchenkörper. Während im romanischen Stil dieser Raum mehr als Anhängsel erschien und durch die von der Krypta bedingte starke Erhöhung scharf von der Halle des Mittelschiffes geschieden wurde, trat er nun als gleichwertiger Bauteil auf. Die Erhöhung verschwand mit dem Aufgeben der Krypta; die Wände des Mittelschiffes setzten sich in gleicher Höhe im Chore fort und gaben so dem ganzen Innern ein einheitliches Gepräge. Die Sonderstellung des Chores wurde dann durch ein oder zwei vorgelegte Stufen und den mehr oder weniger hohen Lettner, welcher das Kirchenschiff vom Chor trennte, angedeutet.

Die Seitenschiffe des Langhauses wurden über das Querschiff um den Chor als Umgang weitergeführt und der bisherige halbkreisförmige Abschluß (Apsis) in die Teile eines Vielecks umgewandelt. Man nahm dazu meist die Hälfte des Achtecks und verfuhr dabei so, daß zwei Seiten in die Verlängerung der Längswände fielen, zwei schräge folgten und die letzte quer zur Kirchenaxe stand, so daß diese durch die Mitte der Schlußwand ging. Abweichungen kamen häufig vor; man benutzte z. B. auch das Zehneck und ließ mitunter die Längsachse auf eine Ecke des Vielecks treffen.

Kapellenkranz. Eine reichere Ausstattung des Chores wurde in Frankreich beliebt und von dort aus vielfach auf größere deutsche Bauten übertragen. Diese bestand darin, daß, von dem Umgang ausgehend, eine Anzahl kleiner Kapellen um den Chor kranzartig

^[Abb.: Fig. 285. Die heilige Kapelle zu Paris.]