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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts

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Die Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts.

weiteren Reihe von Meistern, die je ein bestimmtes Fach pflegten, dabei allerdings den Vorteil hatten, daß sie in demselben unter Wahrung ihrer vollen selbständigen Eigenart es zu einer bedeutenden Vollkommenheit bringen konnten.

Die Sittenbildmalerei. Wie van Noort ein "Vorläufer" oder Vorbereiter der neuen Richtung in der Figurenmalerei gewesen war, so spielt eine ähnliche Rolle Pieter Brueghel der Aeltere für die Sittenbild- und Landschaftsmalerei. Er wurzelte ganz im niederländischen Volkstum, wenn er das Dorfleben im Rahmen heimischer Landschaften schilderte, und seine Gefolgschaft hielt sich daher auch von allen fremden Einflüssen fern. Hier brachte es der Stoff mit sich, daß die volkliche Eigenart bewahrt blieb. Brueghels Schule oder richtiger gesagt Gefolgschaft war ziemlich zahlreich, leistete auch ganz Annehmbares, zeigte jedoch auch wenig Fortschritte und hielt an der hergebrachten Kunstweise fest, die auf Deutlichkeit ausgehend, in der Zeichnung hart und in der Farbengebung nur bunt war, weil auf den Einklang und die Tönung der Farbe zu wenig Gewicht gelegt wurde.

Teniers. Eine Wandlung in dieser Hinsicht und damit auch einen bemerkenswerten Aufschwung brachte auf dem Gebiete der Sittenbilder die Familie Teniers.

Schon David Teniers der Aeltere war auf Grund eines sorgfältigen Naturstudiums zu einer fleißigeren Zeichnung und einheitlicherer Farbengebung gelangt, zu einer völligen Befreiung von den Mängeln der älteren Richtung kam jedoch sein Sohn, David Teniers der Jüngere (1610 bis 1690), der Hauptmeister der vlämischen Sittenbildmalerei. Er schildert vorwiegend das Volksleben auf dem Lande, bisweilen auch biblische Vorgänge oder solche aus dem Leben von Heiligen, aber auch diese in der gleichen Auffassung, wie das Treiben der Bauern (Fig. 686). Diese Darstellungen zeichnen sich durch ihre Lebenswahrheit aus, er giebt die Leute, wie sie sind, mit all' ihrer Derbheit und Ursprünglichkeit; die einfachen, oft keineswegs "schönen" Vorgänge werden jedoch durch einen gesunden Humor anziehend gemacht, der ihnen alles Anstößige nimmt, was dem alltäglichen, niedrigen Leben anhaftet. Bei der Zeichnung der Gestalten sieht er natürlich nicht auf Gefälligkeit der Formen, sondern sucht durch stärkeres Betonen der den Leuten aus dem Volke anhaftenden Züge von Schwerfälligkeit und Ungelenkigkeit deren Eigenart scharf zu kennzeichnen. In seinen früheren Werken ist die Farbe noch dunkel, später wird sie lichtvoller und die Zusammenstimmung daher noch besser, so daß diesen Arbeiten auch ein feiner malerischer Reiz innewohnt. Ungemein fleißig, hat Teniers eine Unzahl von Bildern geschaffen, die alle die gleiche sorgfältige Behandlung zeigen, wenn auch jene aus den letzten Jahren ein Nachlassen der Erfindungskraft erkennen lassen. Daß die einseitige Behandlung eines und desselben Stoffgebietes schließlich dahin führt, daß mehr die bloße Handfertigkeit, als die künstlerische Durcharbeitung zur Geltung kommt, kann nicht Wunder nehmen.

Die von Teniers eingeschlagene Richtung im Sittenbilde wurde nicht nur von seinen drei Brüdern, seinem Sohne und Enkel, sondern auch von zahlreichen Schülern verfolgt und bis zu Ende des 18. Jahrhunderts fand sie eifrige Nachahmer. Daneben gab es

^[Abb.: Fig. 688. Hals: Bildnis des Künstlers und seiner Frau.

Amsterdam, Reichsmuseum.]