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Kirchhellen – Kleinbahnen
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Kirchenpolitik'
Richter-Dove, Hase, Nippold, Friedberg, Schulte und den Specialarbeiten von Martens, Maaßen, Rößler und Geffcken: Friedberg, Die Grenzen zwischen Staat
und Kirche (3 Bde., Tüb. 1872); Hinschius, Staat und Kirche (in Marquardsens «Handbuch des öffentlichen Rechts», Bd. 1, Freib. i. Br. 1883); Zorn, Lehrbuch
des Kirchenrechts (Stuttg. 1888), §. 14; Kahl, Lehrsystem des Kirchenrechts und der K. (1. Hälfte, Freib. i. Br. 1894).
Kirchhellen, Gemeinde im Kreis Recklinghausen des preuß. Reg.-Bez. Münster, an der Linie Rheine-Oberhausen der Preuß.
Staatsbahnen, hat (1895) 3342 E., Postagentur, Fernsprechverbindung, kath. Kirche; Brauerei, Brennerei und Ziegelei.
Kirchhundem, Dorf im Kreis Olpe des preuß. Reg.-Bez. Arnsberg, an der Hundem und der Linie Hagen-Siegen der Preuß.
Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Arnsberg), hat (1895) 4316 E., Post, Telegraph, kath. Kirche; Gelbgießerei, Cigarrenfabrik und Ackerbau.
Kirchlich-social nannte Stöcker eine Bewegung, die er, nachdem er im Febr. 1896 aus der Deutschkonservativen Partei und im Mai
1896 aus dem Evangelisch-socialen Kongreß (s. d.) ausgeschieden war, mit Professor von
Nathusius (Greifswald) und Licentiat Weber (München-Gladbach) durch einen Aufruf im «Reichsboten» vom 21. Juli 1896 ins Leben zu rufen suchte. Die
Veröffentlichung, die etwa 600 Unterschriften gefunden hat, nimmt vom orthodox-konservativen Standpunkte für die Kirche das Recht socialer Bethätigung in
Anspruch, will dieselbe aber nicht auf Gebiete erstrecken, die außerhalb der eigentlich kirchlichen Aufgabe liegen. Mit Rücksicht darauf ist die Bezeichnung K.
(nicht christlich-social) gewählt worden. Die Gründung eines neuen Kongresses ist nicht beabsichtigt; jedoch wird nach dem «Reichsboten» ein Evangelischer
Kirchentag als Gegenstück zu dem Katholikentag (s. d.) geplant.
Kivusee, See im äquatorialen Afrika, zwischen dem Virungagebirge und dem Tanganika, 1485 m ü.d.M., in der Landschaft Ruanda
gelegen, ist 30–40 km breit und 80–100 km lang. Er wurde von Graf Götzen im Juni 1894 entdeckt und in seiner nördl. Hälfte erforscht. Er gleicht einem
nordital. See mit seinen steilabfallenden, hohen Uferrändern, auch ist er mit paradiesischen Inseln bedeckt. Sein Abfluß ist der Rusisi, wahrscheinlich der Fluß,
der sich in das Nordende des Tanganika ergießt.
Kladrau, Stadt in der österr. Bezirkshauptmannschaft und dem Gerichtsbezirk Mies in Böhmen, an der zur Mies gehenden Angel
und der Linie Gmünd-Eger (Station Mies-K.) der Österr. Staatsbahnen, hat (1890) 1390 deutsche E., got. Kirche (1712–37), eine der schönsten Böhmens, und
Schloß, früher Benediktinerkloster (1108–1785), jetzt im Besitze des Fürsten Windisch-Grätz.
*Klafsky, Katharina, war in dritter Ehe vermählt mit dem Kapellmeister Otto Lohse. Sie starb 22. Sept. 1896 in Hamburg.
Klassifikationsverfahren (militär.), s. Einziehen.
Klebegesetz, in tadelndem Sinne gebrauchte Bezeichnung für das Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetz (s. d., Bd. 9) vom 22. Juni 1889, weil die Beitragsmarken der Versicherten in die Quittungskarten (s. d., Bd. 13) eingeklebt werden.
*Kleinbahnen. In Preußen hat seit dem 1. Okt. 1892, an dem das Gesetz über K. und Privatanschlußbahnen vom 28. Juli 1892 in
Kraft getreten ↔ ist, die Entwicklung der K. bedeutende Fortschritte gemacht. Am 1. Okt. 1892 bestanden in Preußen 57 K., wovon 41 dem
Personenverkehr, 6 dem Güterverkehr und 10 dem Personen- und Güterverkehr dienten. 24 Bahnen hatten die volle Spur
(1,435), 23 Bahnen 1, 2 Bahnen 0,75, 2 Bahnen 0,60 m,
2 Bahnen gemischte Spur und 4 Bahnen abweichende Spuren. Betrieben wurden 19 mit Lokomotiven, 5 mit elektrischen Maschinen, 3 mit Drahtseil, 26 mit
Pferden, 1 mit Lokomotiven und elektrischen Maschinen und 3 mit Lokomotiven und mit Pferden. Vom 1. Okt. 1892 bis 1. Okt. 1896 sind im ganzen 129 neue
K. genehmigt unter Hinzurechnung der Bahnen, die nicht ausschließlich vor dem Inkrafttreten des Gesetzes, sondern streckenweise auch nachher genehmigt
worden sind, und deren Unternehmer sich den Bestimmungen dieses Gesetzes unterworfen haben, beträgt die Gesamtzahl der seit 1. Okt. 1892 genehmigten
Bahnen 129. Hiervon befanden sich 1. Okt. 1896 bereits 76 im Betriebe, 53 im Bau. Außerdem war bei rund 300 beantragten neuen Bahnen bereits ihre
Zulässigkeit als K. ausgesprochen. Von den erwähnten 129 K. dienen 51 dem Personenverkehr, 9 dem Güterverkehr und 69 dem Personen- und Güterverkehr.
Die Spurweite beträgt bei 53 Bahnen 1,435 m (Vollspur), bei 46 Bahnen 1, bei 13 Bahnen
0,75, bei 8 Bahnen 0,60 m, bei 2 Bahnen ist die Spurweite gemischt und bei 7 Bahnen
abweichend. Mit Lokomotiven werden 74, mit elektrischen Maschinen 33, mit Pferden 16, teils mit Pferden, teils mit elektrischen Maschinen 3 Bahnen, mit
Drahtseilen 1, teils mit Lokomotiven und elektrischen Maschinen 1, und teils mit Lokomotiven, teils mit Pferden und elektrischen Maschinen 1 Bahn betrieben.
Seit 1. Okt. 1892 haben sich besonders die dem Personen- und Güterverkehr dienenden Bahnen entwickelt, denn während bis zum 1. Okt. 1892 die allein
dem Personenverkehr dienenden 72 Proz. der Gesamtzahl ausmachten, betragen die seitdem lediglich für den Personenverkehr genehmigten K. nur
58,9 Proz. der Gesamtzahl. In gleicher Weise treten die dem Personenverkehr in den Städten dienenden Pferdebahnen
zurück. Am 1. Okt. 1892 waren von den 57 vorhandenen K. 26 Pferdebahnen, während von den 129 später genehmigten nur 16 für den Betrieb mit Pferden
bestimmt sind. Von den (57+129) 186 K. sind 133 Gesellschafts- (meist Aktien-)Unternehmen; bei 35 Bahnen sind Kommunalverbände, meist Kreise, Unternehmer. Die
Provinzialverbände haben sich die Förderung des Kleinbahnwesens durch Gewährung von Beihilfen angelegen sein lassen, wie auch der Staat sich durch
Gesetz vom 8. April 1895 einen Betrag von 5 Mill. M. und durch Gesetz vom 3. Juni 1896 einen weitern Betrag von 8 Mill. M. zwecks Beteiligung an dem Bau
von K. hat bewilligen lassen. Bis Ende Jan. 1897 waren bereits Beihilfen von 7061063 M. für 1022 km K. bewilligt oder zugesichert, während die Bewilligung
von 4701250 M. für weitere 13 K. in Aussicht stand und 26 Anträge auf Gewährung von Staatsunterstützung vorlagen. Außerdem hat auch der preuß. Staat
eine kräftige Förderung des Kleinbahnwesens dadurch in Aussicht genommen, daß er für Herstellung derjenigen Eisenbahnlinien (sei es für Rechnung oder
unter Beteiligung des Staates) sorgt, die den spätern Anschluß von K. ermöglichen und begünstigen. Endlich ist auch unter dem 19. Aug. 1895 ein Gesetz über
das Pfandrecht (s. d.) an Privateisenbahnen und K. und die Zwangsvollstreckung in dieselben ergangen, um die
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 661.
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