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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Normandie; Normann; Normannen

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Normandie - Normannen

1819 trat er ins Unterhaus und geriet wegen seines Anschlusses an die liberalen Reformfreunde mit seiner Familie in Zwist. 1832 wurde er Gouverneur von Jamaika, 1834 Siegelbewahrer, 1835 Lordlieutenant von Irland. 1838 bei der Krönung der Königin Victoria zum Marquis erhoben, übernahm er Aug. 1839 das Kolonialamt, im Dezember das Innere. Unter Peel zur Opposition stehend, bekleidete er nach dessen Sturz den Botschafterposten in Paris 1846-52 und war 1854-58 Gesandter in Florenz, bis ihn Palmerston wegen seiner Begünstigung der österr. Politik abrief. Litterar. Ruf erwarb er sich durch die Romane "Matilda" (2 Bde., Lond. 1825), "Yes and No" (2 Bde., ebd. 1827) und "The contrast" (3 Bde., ebd. 1832). Seine Schilderung der Ereignisse in Frankreich 1848-49 in "A year of revolution" (2 Bde., Lond. 1858) erhielt eine derbe Entgegnung von Louis Blanc. Er starb 28. Juli 1863 in London.

Normandie, früher eine Provinz Frankreichs, die vom Kanal im N. und W., Picardie, Isle de France im O., Orléanais, Maine und Bretagne im S. begrenzt wurde und woraus die jetzigen fünf Depart. Seine-Inférieure, Eure, Orne, Calvados und Manche (s. diese Artikel) gebildet sind, welche zusammen auf 29530 qkm (1891) 2486494 E. (31101 weniger als 1886) haben. Die N. hatte Rouen zur Hauptstadt. Die Obernormandie, der ebnere, nordöstl. Teil, enthält besonders Rouen, Dieppe, Yvetot, Le Havre, Harfleur, Honfleur, Lisieux, Elbeuf und Evreux; die Niedernormandie, der südwestl. hügelige Teil, Caen, Falaise, Argentan und östlich davon das Kloster La Trappe, ferner Alençon, St. Lô, Bayeux, Valognes, Cherbourg, Coutances, Avranches und Mont St. Michel. - Die N. hat ihren Namen von den Normannen (s. d.); in der Römerzeit war sie ein Teil von Gallia Lugdunensis secunda, gehörte nach der Eroberung durch die Franken zu Neustrien und fiel bei der Teilung des fränk. Reichs an Karl den Kahlen. Karl der Einfältige wollte sich vor den Normannen schützen und gab 912 ihrem Führer Rolf oder Rollo (Roux), der Robert getauft wurde, im Frieden von St. Clair-sur-Epte Rouen mit umliegender Landschaft als erbliches Kronlehn, welches bald erweitert und bis in die Bretagne ausgedehnt wurde. Von Robert und Gisela, Karls Tochter, stammen die Grafen der N., von denen Richard I., Roberts Enkel, sich kräftig gegen die franz. Könige Ludwig IV. d'Outremer und Lothar verteidigte. Wilhelm II., der Sohn Roberts II. (des Teufels), schlug 14. Okt. 1066 den angelsächs. König Harold bei Hastings und machte sich zum König von England. (S. Wilhelm I. von England.) Sein ältester Sohn Robert zwang ihn 1077 zur Abtretung der N., diese wurde aber unter Heinrich I., obwohl Ludwig VI. von Frankreich sich der Ansprüche Wilhelms von Flandern, des Sohnes Roberts, annahm, 1105 wieder mit England vereint. Rollos männlicher Stamm starb mit Heinrich I. aus. Der Sohn von dessen Tochter Mathilde (s. d.), Heinrich II. Plantagenet, erhielt 1154 die Herrschaft über England und die N. Als aber sein jüngster Sohn, Johann ohne Land, nach dem Tode seiner Brüder, Richards I. und Gottfrieds von Bretagne, des letztern Sohn Arthur (s. d.) verdrängte und ermorden ließ, erhob der franz. König Philipp II. August auf die N. als ein franz. Lehn Anspruch und eroberte sie 1203 und 1204. Die N. blieb nun französisch, bis sie Heinrich V. von England 1417-19 (nach dem Siege bei Azincourt 1415) eroberte; aber schon unter Heinrich VI. wurde sie von Karl VII. endgültig für Frankreich wiedergewonnen. - Vgl. Barthélemy, Histoire de la N. ancienne et moderne (neue Ausg., Tours 1857); Frère, La N. (Rouen 1870); Baudrillart, La N., passé et présent (Par. 1880); Douin, La N. archéologique (ebd. 1886); Le Héricher, Littérature populaire de N. (Avranches 1884); Mad. N. N. Oursel, Nouvelle biographie normande (2 Bde. und Supplement, Par. 1886-88); Aubert, Côtes normandes (ebd. 1887).

Normann, Adelsteen, norweg. Maler, geb. 1. Mai 1848 zu Bodö, ging 1868 nach Düsseldorf auf die Akademie, wo er Schüler von Eugen Dücker wurde. Seitdem in Düsseldorf wohnhaft, siedelte er 1887 nach Berlin über. Seine der Heimat entnommenen Fjordbilder mit schroffen, hell beleuchteten Bergseiten über dem dunkeln Wasser bei tiefblauem Himmel zeichnen sich durch glänzende Farbengebung aus. In öffentlichen Galerien finden sich von ihm die Bilder: Hafen von Bodö (Düsseldorf), Mitternacht in den Lofoten (Köln), Sognefjord (Budapest), Naröfjord (Dresden), Romsdalsfjord (Stockholm), Sommernacht (Berlin). Auch auf den letzten großen Ausstellungen (Berlin, München, Wien, Paris) war er mit derartigen Fjordbildern vertreten.

Normannen, in älterer Form Nordmannen, die german. Bewohner Skandinaviens und Dänemarks, die als Seeräuber vom 8. bis 11. Jahrh. Europa heimsuchten; nach ihrer Festsetzung in der nach ihnen benannten Normandie (s. d.) bezeichnet der Name gewöhnlich deren Bewohner. Die erste Veranlassung zu den Seezügen dieser skandinav. Vikinger (d. h. Krieger) war wohl Übervölkerung; dann aber lockte das abenteuerliche, Ruhm und Beute versprechende Kriegsleben. Auch trieben Ächtungen, Familienfehden und Bürgerkriege viele N. aus der Heimat.

Am frühesten, schon 787, erschienen dänische N. an den Küsten Englands, wo man sie Ostmannen oder Dänen nannte. Seit 832 wiederholten sich alljährlich ihre Raubzüge, 851 überwinterten sie zum erstenmal in der Themsemündung, und seit 866 faßten sie festen Fuß im Lande. Erst Alfred d. Gr. (871-901) wurde ihrer nach langen Kämpfen Herr. Er mußte ihnen zwar Ostangeln und Teile von Mercia und Northumberland überlassen, aber sie erkannten seine Oberhoheit an, ließen sich taufen und verschmolzen teilweise mit den alten Bewohnern Britanniens. Ernstliche Einfälle begannen erst 980 wieder; man suchte sie anfangs durch Tribut (das sog. Dänengeld) abzukaufen. Dann ließ König Ethelred II. 13. Nov. 1002 (Bricciusnacht) alle im Lande befindlichen Dänen ermorden. Zur Rache unternahm der dän. König Svend Gabelbart viele verwüstende Züge und eroberte fast ganz England, starb aber schon 1014. Sem Sohn Knut d. Gr. vollendete die Eroberung Englands, das von 1016 bis 1042 unter dän. Herrschaft blieb. Dann folgte wieder ein angelsächs. König, Eduard III. der Bekenner. Dessen Nachfolger Harold II. verlor bei Hastings 14. Okt. 1066 Reich und Leben gegen den Herzog der Normandie, Wilhelm den Eroberer. (S. Großbritannien und Irland, Bd. 8, S. 426 a.) - Vgl. Freeman, History of the Norman conquest of England, its causes and its results (6 Bde., Oxf. 1867-79 u. ö.); ders., A short history of the Norman conquest of England (ebd. 1880); Winkelmann, Geschichte der Angelsachsen (Berl. 1883);