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Turkinseln – Türkische Sprache und Litteratur
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Türkheim'
den Bund der Zehn Städte. Nach dem großen Siege Turennes über die Kaiserlichen bei T. 5. Jan. 1675
ließ Ludwig ⅩⅣ. die Mauern der Stadt schleifen. –
2) T. in Bayern, Marktflecken
im Bezirksamt Mindelheim des bayr. Reg.-Bez. Schwaben, unweit links von der
Wertach, an der Linie Buchloe-Memmingen der Bayr. Staatsbahnen (Station T.-Wörishofen), Sitz
eines Amtsgerichts (Landgericht Memmingen), hat (1895) 1869 E., darunter 31 Evangelische,
Postexpedition, Telegraph, kath. Kirche, Klosterkirche mit Loretokapelle, zwei Schlösser, ein
Kapuziner- und ein Frauenkloster, das Ludwigsthor (1829); Fabrikation von Spiel-, Blechwaren,
Holzstoff und Pappen. Nahebei
Wörishofen
(s. d.).
Türkīs
oder Kalait (richtiger
Kallait), ein anscheinend amorphes, sehr wenig glänzendes und undurchsichtiges,
schleifbares Mineral von himmelblauer bis spangrüner Farbe, der Härte 6 und dem spec. Gewicht
2,7. Der T. besteht aus wasserhaltiger phosphorsaurer Thonerde von
der Formel
Al2P2O8+Al2(OH)6+2H
2O
und ist durch etwas Kupfer- oder Eisenoxyd-Phosphat gefärbt. Der sog.
orientalische T.
findet sich in der Form von Trümern und Adern in einer Trachytbreccie bei Nischapur, westlich
von Herat, und gilt in seinen himmelblauen Varietäten als geschätzter Schmuckstein, der namentlich
als Ring- und Broschenstein verarbeitet wird; minder schöne T. kommen bei Jordansmühl in Schlesien
und bei Ölsnitz in Sachsen als schmale Trümer im Kieselschiefer vor. Im Megarathal am Sinai sitzen
haselnußgroße edle Stücke in Klüften eines Porphyrs. Auch hat man Adern und Nester von T. am
Mount-Chalchuitl in den Cerillosbergen in Neumexiko (im Trachyt), am Turquois-Mountain in Cochise
County in Arizona, sowie im Bezirk Karkaralinsk in der Kirgisensteppe gefunden. Vieles aber, was als
T. in den Handel kommt, ist nur blau gefärbtes fossiles Elfenbein (Zahn von Mastodon
oder
Dinotherium), das ungefähr die Härte des echten besitzt. Im
Gegensatz zu dem echten, im Handel
Mineraltürkis
oder T. vom alten Stein genannten T. wird diese Imitation als
Zahn-
oder Beintürkis, auch
occidentalischer T.
oder T. vom neuen Stein bezeichnet. (S. auch
Edelsteinimitationen.) Auch durch Lazulith (s. d.) und
Glasflüsse wird T. nachgeahmt.
Künstlichen T.
erhält man dadurch, daß man phosphorsaure Thonerde, mit Kupfer oder Eisen gefärbt, darstellt und den
Niederschlag starkem Druck unter der hydraulischen Presse aussetzt, eine Methode, die auch schon
fabrikmäßig betrieben wurde.
Türkisch-Becse, ungar. Ort, s. Becse.
Türkisch-Brod, Stadt in Bosnien, s. Brod.
Türkisch-Dubica, Stadt in Bosnien, s. Dubica.
Türkische Bohne
oder
Feuerbohne
(Phaseolus multiflorus
W.), Gartenzierpflanze zur Bekleidung von Lauben und
Spalieren. Die jungen, noch zarten Früchte lassen sich auch in der Küche verwenden. Man hat eine
rotblühende und eine weißblühende Form.
Türkische Rosenperlen, s Perlen.
Türkischer Weizen, s. Mais.
Türkisches Huhn, häufig soviel wie Truthuhn (s. d.),
seltener auch soviel wie Nackthalshuhn (s. Haushuhn).
Türkische Sprache und Litteratur. In dem großen uralaltaischen Sprachstamme
nimmt die türk.-tatar. Sprachfamilie, sprachlich wie der Ausdehnung nach, die wichtigste Stelle ein.
Mit den verwandten Sprachgruppen, der finnisch-ugrischen, den tungusischen und mongolischen, teilt
sie die Charakteristika der ganzen Familie, die Agglutination (s. d.) und die
Vokalharmonie
(s. d.). Das riesige Gebiet der gesprochenen Turksprachen, das sich von den Grenzen Chinas
bis zur Balkanhalbinsel erstreckt, zerfällt in folgende Dialektgruppen:
-
1) die östlichen Dialekte, die Sprachen der Karagassen,
Abakan-Tataren, Altai-Tataren, Sojonen, Barabinzen;
-
2) die mittelasiatischen Dialekte, die Sprachen der Sart
und Usbeken, der Chanate Kokan, Taschkend, Buchara und Chiwa, der Tarantschi des Ilithales,
der Bewohner Ostturkestans und der Oase von Chami;
-
3) die westlichen Dialekte, die Sprachen der sibir. oder
Irtisch-Tataren, der Steppen-Tataren (Kirgisen, Kara-Kirgisen, Karakalpaken, Nogaier) und
der Tataren des europ. Rußlands;
-
4) die südlichen Dialekte, die Sprachen der Turkmanen,
der Aserbeidschaner, der anatolischen Türken, der Türken der Balkanhalbinsel und der
Krim-Tataren.
Die Sprachen der Jakuten (s. d.) und der Tschuwaschen (s. d.)
müssen zwar ihrem Sprachmaterial nach zu den türkischen gerechnet werden, sind aber selbständige
Sprachen, die nicht in die Dialektgruppen der Türksprachen eingereiht werden können.
Die ältesten türk. Schriftdenkmäler des 7. bis 15. Jahrh. beweisen, daß die Türksprachen schon
in frühester Zeit in drei große Dialektgruppen zerfielen:
-
1) die Ostdialekte, die Sprache der Uigur (s. d.),
in ihr ist das älteste türk. Schriftdenkmal, das «Kudatku Bilik», 1069 verfaßt (vgl.
Vámbéry, Uigurische Sprachmonumente und das Kudatku Bilik, Lpz.1870);
-
2) die Westdialekte, die Sprache der Kiptschak,
ältestes Denkmal der «Codex Comanicus», 1303 (hg. vom Grafen Kuun, Pest 1881);
-
3) die Süddialekte, die Sprache der Türk in der
Mongolei (auf Grabdenkmälern aus dem 8. Und 9. Jahrh., vgl. Radloff, Die alttürk.
Inschriften der Mongolei [3 Lfgn., Petersb. 1894‒95; Neue Folge, ebd. 1897]; W. Thomsen,
Inscriptions de l’Orkhon
[Helsingfors 1896]; Bang, Über die köktürk. Inschrift auf der Südseite des Kül
Tägin-Denkmals [Lpz. 1896]), die Sprache der Seldschuken, deren ältestes Denkmal die
seldschukischen Verse im «Rebab Nameh» (hg. von
Wickerhauser in der «Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft», Bd. 20,
und von Radloff, Petersb. 1890) bilden.
Ein sicheres Sprachmaterial für die Erforschung der türk. Dialekte suchte Radloff durch
Herausgabe der «Proben der Volkslitteratur der nördlichen türk. Stämme» (6 Bde., Text und
Übersetzung, Petersb. 1866‒86) zu gewinnen.
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 3.