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Thiorubin – Thöl
Thiorubin, ein zur Wollfärberei dienender roter Azofarbstoff.
Thioverbindungen, soviel wie Sulfoverbindungen: Thiobasen,
Thiosäuren und Thiosalze, soviel wie Sulfobasen, Sulfosäuren, Sulfosalze (s.
Schwefel). Der Ausdruck ist unter Benutzung des griech. Namens des Schwefels, theion, gewählt.
Thirlmere (spr. thörlmihr), auch Wythburn- und
Leathes-Water genannt, schmaler, 5 km langer See in den Cumbrischen Bergen, in der engl. Grafschaft Cumberland,
nordwestlich vom Berge Helvellin, in düsterer Umgebung, 162 m ü.d.M., ist jetzt durch Dammbauten in ein Reservoir verwandelt, aus dem eine 153 km lange
Leitung nach Manchester führt. Der Bau kostete 2,5 Mill. Pfd. St. Die Anlage vermag täglich 225 Mill. Hl Wasser zu liefern.
This (ägypt. Tin), alte Stadt in Mittelägypten, Hauptort des achten oberägypt. Gaus, etwas
südlich von Girgeh. Sie soll die Heimat des Königs Menes gewesen sein, trat aber später hinter Abydos (s. d.) zurück. Die heutige Stadt
Bardis hat 8062 E.
Thisted, Hauptort des dän. Amtes T. (1693 qkm, 69407 E.), am Nordufer des Limfjord, an der Bahnlinie Struer-T., hat (1890) 5421
E.; Einfuhr von Steinkohlen, Manufakturen, Salz, Zucker, Petroleum, Tabak, Hafer, Kleie; Ausfuhr von Vieh und landwirtschaftlichen Produkten,
Hochseefischerei. T. ist Sitz eines deutschen Konsuls.
Thivä, neugriech. Name von Theben.
Thiviers (spr. tiwĭeh), Stadt im Arrondissement Notron des franz. Depart. Dordogne, in Périgord, an der
Linie Limoges-Périgueux der Orléansbahn, hat (1896) 2116, als Gemeinde 3383 E., eine roman.-byzant. Kirche (12. Jahrh.), hübsches Renaissanceschloß de
Vococour; Ziegeleien, Steingutfabriken und Weinbau. T. ist ein Hauptplatz des Trüffelhandels.
Thizy (spr. tisih), Fabrikstadt im Arrondissement Villefranche des franz. Depart. Rhône, an der Westgrenze
in den Bergen von Lyonnais, an der Seitenbahn St. Victor-Cours, hat (1896) 4803, als Gemeinde 4892 E., und daneben
Bourg de T. mit 4405 E. In beiden Orten werden Baumwollspinnerei und Weberei sowie Färberei betrieben.
Thlinkiten, Koljuschen, Koluschen,
Koloschen, Volksstamm im südöstl. Teil des amerik. Territoriums Alaska, 6437 Seelen stark, lebt von Fischerei und Jagd
und ist geschickt in der Holzschnitzkunst. Der Name Koljuschen stammt vom alëutischen Kolosch (eigentlich kaluga), das
Schüssel bedeutet, und bezieht sich auf die Form des Pflocks, den die Weiber der T. in der Unterlippe tragen. Sie selbst nennen sich Thlinkit, «Menschen». Sie
sind ein schöner, kräftiger Menschenschlag; bei ihnen herrscht die Sitte des Tätowierens und Bemalens der Haut und der Durchbohrung der Nasenwand und
der Unterlippe. Durch die letztere Procedur, wobei ein schüsselförmiger Pflock durch die Öffnung gesteckt ↔ wird, den man bei zunehmendem
Alter vergrößert, bekommt das Gesicht der Weiber einen überaus häßlichen Ausdruck. (S. auch Amerikanische Rasse, I.) – Vgl. Bancroft,
The native races of the Pacific States of North America (5 Bde., San Francisco 1875); Pfizmaier, Aufklärungen über die
Sprache der Koloschen (Wien 1884); Friedr. Müller, Bemerkungen über den Bau des koloschischen Verbums (ebd. 1884); Petroff,
Report on the population, industries and resources of Alasca (1884); Krause, Die Thlinkitindianer (Jena 1885).
Thoas, Sohn des Borysthenes, König in Taurien zu der Zeit, als Iphigeneia (s. d.) sich dort als Priesterin der
Artemis befand. Als diese mit ihrem Bruder Orestes flieht, wird T. von ihm im Kampfe erschlagen, oder er findet seinen Tod auf der Insel Chryse, wohin die
Geschwister geflohen waren. – T., König von Lemnos, Vater der Hypsipyle (s. d.).
Thoghra oder Tughra, das Handzeichen (die Chiffre) des Sultans, eine durch künstliche
Verschnörkelung arab. Buchstabenverbindungen gebildete Figur, die in Erinnerung an die Sitte des der Schreibkunst nicht mächtigen Sultans Orchan, seine in
Tinte getauchte Hand unter Dokumenten zur Legalisierung abzudrucken, eine entfernte Ähnlichkeit mit einer offenen Hand hat und Namen nebst Titel des
regierenden Sultans sowie seines Vaters nebst einem schmückenden Beiwort enthält. Die T. vertritt auf Münzen das Brustbild des Herrschers und steht über
dem Eingang der von ihm errichteten Paläste, Moscheen, Stiftungen u.s.w.; auch über den kaiserl. Fermanen darf sie nicht fehlen und wird daselbst von
besondern Beamten, den Nichandjis, in Rot, Gold oder Schwarz ausgeführt. Die T. wird heutzutage fast auf jedem amtlichen Dokumente geführt, namentlich
auf den Teskere (s. d.).
Thöl, Joh. Heinr., Jurist, geb. 6. Juni 1807 zu Lübeck, studierte zu Leipzig und Heidelberg die Rechte, habilitierte sich 1830 zu
Göttingen, wurde hier 1837 außerord. Professor, 1842 ord. Professor in Rostock. 1848–49 war T. Mitglied der Deutschen Nationalversammlung, wo er sich der
zum linken Centrum gehörigen Fraktion des Augsburger Hofs anschloß. Seit Michaelis 1849 wirkte er als ord. Professor in Göttingen, 1856 wurde er zum
Mitglied des Staatsrats ernannt. Er starb 16. Mai 1884 zu Göttingen. T.s Bedeutung beruht in der scharfen und logischen Ausbildung der handelsrechtlichen
Begriffe. Er war Mitglied der vier Kommissionen, die 1847 in Leipzig, 1848 und 1849 in Frankfurt, 1857–61 in Nürnberg und Hamburg die Entwürfe der
Deutschen Wechselordnung, des Deutschen Handelsgesetzbuchs und der Wechselnovellen ausarbeiteten. Er schrieb: «Der Verkehr mit Staatspapieren»
(Gött. 1835), «Das Handelsrecht» (Bd. 1, ebd. 1841; 6.Aufl., Lpz. 1879; Bd. 2: «Wechselrecht», 1848; 4. Aufl. 1878; Bd.3: «Transportgewerbe», 1880),
«Entwurf einer Wechselordnung für Mecklenburg» (Rost. 1847), «Einleitung in das deutsche Privatrecht» (Gött. 1851), «Praxis des Handelsrechts und
Wechselrechts» (Heft 1, Lpz. 1874). – Vgl. Frensdorff, Zur Erinnerung an Heinrich T. (Freib. i. Br. 1885); Ehrenberg, Heinrich T. (Stuttg. 1885).