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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Antilopen

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Antilopen.

mit großer Sorgfalt; nur die Brahmanen dürfen sein Fleisch essen. Die indischen Fürsten beizen sie mit Falken oder jagen sie mit dem Jagdleoparden. Die Thränengruben bilden eine willkürlich zu öffnende Tasche und sondern in der Erregung einen stark riechenden Stoff ab, welcher, an Bäume oder Steine gerieben, wahrscheinlich das andre Geschlecht anlockt. Bezoarkugeln aus dem Magen dieser Antilope gelten als sehr heilkräftig. Die Steppen- oder Saiga-Antilope (Antilope Saïga Wagn.), 1,2 m lang, 80 cm hoch, sehr plump gebaut, mit 11 cm langem Schwanz, verlängerter, sehr beweglicher Nase, 30 cm langen, leierförmigen Hörnern beim Männchen, kurzen, breiten Ohren und Thränengruben, am Kopf und Hals aschgrau, am Bauch weiß, sonst schmutzig weiß oder gelbgrau, auf dem Rücken dunkelbraun, lebt gesellig in den Steppen Osteuropas von der polnischen Grenze bis zum Altai und wird von den Nomaden zum Teil mit Hilfe des Steinadlers eifrig gejagt. In der Gefangenschaft geht sie meist durch ihre Schreckhaftigkeit und Ungeschicklichkeit zu Grunde. Der Pala (Aepyceros melampus Pall.), 1,70 m lang, mit 30 cm langem Schwanz, 95 cm hoch, mit über 50 cm langem, winkelig leierförmigem Gehörn beim Männchen, langen Ohren, ist oberseits hell rostbraun, unterseits weiß, mit braunschwarzer Bogenlinie auf den Keulen, bewohnt lichte Gehölze in Mittel- und Südafrika.

Die Gazellen (Gazella Blainv.) sind zierliche, anmutig bewegliche Tiere mit geringelten, leierförmigen Hörnern bei beiden Geschlechtern, langen, spitzen Ohren, Thränengruben, Afterklauen und kurzem Schwanz. Die Gazelle (G. dorcas Licht.), 1,1 m lang, mit 20 cm langem Schwanz, 60 cm hoch, zarter und schlanker gebaut und schöner gezeichnet als unser Reh, mit großen, feurigen Augen, äußerst feinen, zierlich behuften Beinen, mittellangen Ohren und kleinem, leierförmigem Gehörn, ist sandfarbig gelb, auf dem Rücken und an den Läufen dunkel rotbraun, mit einem längs der Leibesseite verlaufenden noch dunklern Streifen, unterseits blendend weiß, mit gelblichweißem Nasenrücken und Augenring und schwarzer Schwanzspitze, lebt in Nordostafrika, in den Niederungen der Wüste, am häufigsten in dem zwischen dem Roten Meer und dem Nil gelegenen Strich, ist hochbegabt, harmlos und etwas furchtsam, das Weibchen setzt nach fünf- bis sechsmonatlicher Tragzeit ein einziges Kalb. Sie wird leidenschaftlich gejagt, auch mit dem Falken gebeizt, aber auch sehr häufig gezähmt in den Häusern gehalten. Zur Zeit der 4. bis 6. Dynastie wurde sie im alten Ägypten als Haustier gezüchtet und in Herden gehalten. Die Gazelle ist das bevorzugte Tier der morgenländischen Dichter, dessen Schönheit und Anmut sie besingen, und mit welcher sie die Geliebte rühmend vergleichen. Im alten Ägypten war sie der Isis geheiligt. Sie ist das Reh der Bibel. Sie hält sich gut in der Gefangenschaft und pflanzt sich auch fort. Der Springbock (Zug- oder Prunkbock, Antidorcas euchŏre Forster), 1,3 m lang, 85 cm hoch, mit 20 cm langem Schwanz, kleinen, undeutlichen Thränengruben, beweglicher Hautfalte auf dem Rücken, leierförmig gekrümmten, schwarzen, geringelten Hörnern bei beiden Geschlechtern und langen, spitzen Ohren, ist lebhaft zimtbraun, unten und an den Spiegeln weiß, mit weißem Streifen über den Rücken, lebt in ungeheurer Zahl in Südafrika, flieht gehetzt in außerordentlichen Sprüngen und läßt sich, jung eingefangen, leicht zähmen. Der Riedbock (Eleotragus arundinacĕus Gray), 1,5 m lang, gegen 95 cm hoch, ist etwas schlanker gebaut als unser Reh, mit ziemlich langem Schwanz, 30 cm langen, am Grund geringelten, vorwärts gebogenen Hörnern nur beim Männchen, unvollkommenen Thränengruben und großen, langen, schmalen, zugespitzten Ohren, rot graubraun, unten weiß, lebt paarweise, aber ziemlich häufig in sumpfigen Gegenden Süd- und Mittelafrikas. Der Ducker (Cephalophus mergens Wagn.), 1,1 m lang, 55 cm hoch, mit 20 cm langem Schwanz, 9 cm langen, dünnen, kurzen, geraden Hörnern, welche zwischen den Haaren eines Schopfes fast verschwinden, viel längern Ohren, ohne Thränengrube, auf der Oberseite grau olivenfarbig, auch dunkel gelbbraun, am Rücken und an den Keulen schwarz punktiert, lebt in den Buschdickichten der Küste Südafrikas, entflieht mit weiten Sprüngen und im Gebüsch geduckt, so daß er den Verfolgern leicht aus den Augen kommt, gibt feines Wildbret. Windspielantilope (Beni Israel, Neotragus Hemprichii Wagn.), ein kleines, zierlich gebautes Tier mit sehr kleinen, dünnen, pfriemenartigen Hörnern beim Männchen und kurzem Schwanz, ist fuchsig, auf dem Rücken rotbraun, an den Vorderschenkeln gefleckt, unterseits weiß, lebt paarweise in den Buschwäldern Abessiniens. Der Klippspringer (Sassa, Oreotrăgus saltatrix Sund.), etwas über 95 cm lang und 60 cm hoch, mit langen, breiten Ohren, kurzen, geraden, schwarzen Hörnern beim Männchen und Thränengruben, ist der Gemse ähnlich gebaut, olivengelb, schwarz gesprenkelt, unten blässer, an der Kehle und Innenseite der Beine weiß, lebt paarweise in den Gebirgen von Abessinien und am Kap und ist durch ungemein große Beweglichkeit auszeichnet. Man jagt ihn des Fleisches und am Kap auch des Felles halber. Der Goral (Nemorhoedus Goral Wagn.), 1 m lang, 70 cm hoch, mit 20 cm langem Schwanz, 10 cm langen Hörnern, langen, schmalen Ohren, ist ziegenähnlich gebaut, grau- oder rötlichbraun, schwarz und rötlich gesprenkelt, an Kinn und Kehle weiß, auf dem Rücken schwarz, lebt in starken Rudeln im untern und mittlern Gürtel des westlichen Himalaja und gilt für das schnellste aller Geschöpfe des Landes. Über die hier sich anschließende Gemse s. d.

Der Kudu (Agaseen, Strepsicĕros capensis Gray), 2,5 m lang, 1,7 m hoch, mit 50 cm langem Schwanz, sehr langen, schraubenförmig gewundenen, zusammengedrückten und gekielten Hörnern beim Männchen, ohne Thränengruben, ist unserm Hirsch ähnlich gebaut, gemähnt, rötlich braungrau, mit scharf gezeichneten weißen Streifen, die vom Rücken nach unten verlaufen. Der Kudu bewohnt in kleinen Trupps die Wälder vom Oranjefluß bis nach Nordabessinien und gleicht in seiner Lebensweise unserm Hochwild. Überall, wo er vorkommt, wird er eifrig gejagt, denn sein Wildbret ist ausgezeichnet, und ebenso hoch sind die Hörner und das Fell geschätzt. Die Hörner kennt man seit langer Zeit, aber die Kunde von dem lebenden Tier datiert erst vom Ende des vorigen Jahrhunderts. Die Schimmelantilope (Blaubock, Hippotrăgus equinus Sund.), 2,2 m lang, mit 75 cm langem Schwanz, 1,6 m hoch, mit starker Nackenmähne, 65 cm langen, nach rückwärts und auswärts gebogenen Hörnern und langen Ohren, ist rostfarbig weißlich, am Vorderkopf schwärzlich, unterseits weiß, lebt in kleinen Trupps in den Berggegenden Innerafrikas. Der Wasserbock (Kobus ellipsiprymnus Sund.) ist ein hirschähnliches, schwer gebautes Tier, 1,5 m lang, 1,3 m hoch, mit 50 cm langem Schwanz, 80 cm langen, starken, in sanften Bogen erst rück- und auswärts, dann auf- und vorwärts gebogenen