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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Anton

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Anton.

Tode des Kaisers erklärte er, daß derselbe nicht am Magenkrebs, sondern an einem auf der Insel herrschenden Fieber gestorben sei, und weigerte sich, das Obduktionsprotokoll zu unterzeichnen. Er kehrte dann über England nach Italien zurück und wandte sich, von der Erzherzogin Marie Luise zu Parma kalt empfangen, nach Paris, wo er das Werk "Les derniers moments de Napoléon" (Par. 1823, 2 Bde., neue Ausg. 1852; deutsch, Stuttg. 1825) herausgab. Während der polnischen Revolution übernahm er zu Warschau die Leitung der ärztlichen Anstalten, kehrte jedoch bald nach Paris zurück und ging Ende 1831 nach Italien. Später begab er sich nach Westindien. Er starb 3. April 1838 in San Antonio auf der Insel Cuba.

Anton (Abkürzung des röm. Namens Antonius, franz. Antoine), Name einiger bemerkenswerter Fürsten:

1) A. von Bourbon, seit 1555 Titularkönig von Navarra, ältester Sohn des Herzogs Karl von Vendôme, geb. 22. April 1518, vermählt 1548 mit Johanna d'Albret, der Tochter und Erbin Heinrichs II. von Navarra, Vater Heinrichs IV. von Frankreich, war mit seinem Bruder Ludwig von Condé das Haupt der hugenottisch-bourbonischen Verbindung gegen die Guisen, wurde aber verhaftet und erst nach Franz' II. Tod (5. Dez. 1560) befreit und von den Häuptern des Katholizismus zum Abfall von seinen Glaubensgenossen bewogen. A. ward hierauf Generalstatthalter des Reichs, schloß sich dem katholischen Triumvirat des Herzogs Franz von Guise, des Connetable von Montmorency und des Marschalls von Saint-André an, kämpfte gegen die Hugenotten, nahm Bourges ein und belagerte 1562 Rouen. An den Folgen einer hier erhaltenen Wunde starb er 17. Nov. 1562 in Andelys.

2) A. Ulrich, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, dritter Sohn des Herzogs August und der Prinzessin Dorothea von Anhalt-Zerbst, geb. 4. Okt. 1633 zu Hitzacker, war 1685-1702 Mitregent seines Bruders Rudolf August; nach des letztern Tode durch den Kaiser entsetzt, folgte er 1704 als alleiniger Regent und trat 1710 in Bamberg öffentlich zur katholischen Kirche über. Er war mit der Prinzessin Elisabeth Juliane von Holstein-Norburg vermählt, welche ihm 13 Kinder gebar. A. starb 27. März 1714. Ein eifriger Pfleger der Wissenschaften und Künste und Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft, dichtete er außer einigen für Hoffeste bestimmten Singspielen 61 geistliche Lieder, die unter dem Titel: "Christfürstliches Davids Harpffenspiel" (Nürnb. 1667, Wolfenb. 1670) erschienen und, von Wendebourg (Halle 1856) in Auswahl herausgegeben, zum Teil auch in Gesangbüchern Aufnahme fanden; außerdem zwei Romane: "Die durchlauchtige Syrerin Aramena" (Nürnb. 1669-73, 5 Bde.; kürzer bearbeitet von S. A[lbrecht]., Berl. 1782, 3 Bde.) und die "Römische Octavia" (Nürnb. 1685-1707, 7 Bde.; Braunschw. 1712). Obwohl letzterer Roman im 1. Jahrh. n. Chr. spielt, sind darin in einer Episode: "Geschichte der Prinzessin Solane", die Schicksale der sogen. Prinzessin von Ahlden, Sophie Dorothea (s. Sophie), behandelt worden. Vgl. Hoeck, A. Ulrich und Elisabeth Christine von Braunschweig (Wolfenb. 1845); Cholevius, Die bedeutendsten deutschen Romane des 17. Jahrhunderts (Leipz. 1866).

3) A. Ulrich, Prinz von Braunschweig, zweiter Sohn Ferdinand Alberts, Herzogs von Braunschweig-Bevern, Bruder des berühmten preußischen Generals Herzogs Ferdinand, geb. 28. Aug. 1714, kam 1733 auf Wunsch der Kaiserin Anna, die ihn zum Gemahl für ihre Nichte Anna Leopoldowna (s. Anna 8) bestimmt hatte, nach Rußland. Seine Vermählung mit Anna fand erst 1739 statt. Der aus dieser Ehe hervorgegangene Iwan wurde von der Kaiserin zu ihrem künftigen Nachfolger ernannt, bis zu dessen Volljährigkeit Biron die Regentschaft führen sollte. A. aber ward nebst seiner Gemahlin von allen Regierungsgeschäften fern gehalten. Als er bald nach dem Tode der Kaiserin Anna bei Gelegenheit einer gegen Biron gerichteten Verschwörung kompromittiert erschien, überhäufte ihn der Regent mit Schmähungen, nötigte ihn, allen seinen militärischen Ämtern zu entsagen, und drohte ihn aus Rußland zu entfernen. Nach Birons Sturz wurde der Prinz von seiner Gemahlin, der Regentin Anna, zum Generalissimus erhoben. Anna wurde jedoch 6. Dez. 1741 entthront und nebst ihrem Gemahl und ihren Kindern in die Citadelle von Riga eingesperrt, später nach Dünamünde und endlich nach Cholmogory im Gouvernement Archangelsk geschleppt, wo die entthronte Fürstin im Elend und unter Entbehrungen 1746 starb. Katharina II. ließ bald nach ihrer Thronbesteigung A. den Vorschlag machen, für seine Person Rußland zu verlassen; seine Kinder aber sollten zurückbleiben, da man ihnen aus politischen Gründen nicht die Freiheit geben könne. Allein der Vater zog die Gefangenschaft mit seinen Kindern der Freiheit ohne dieselben vor und starb, in der letzten Zeit fast völlig erblindet, erst 19. März 1776. Sein Sohn Iwan wurde 1764 in Schlüsselburg ermordet (s. Iwan). Seine übrigen vier Kinder ließ man endlich 1780 frei, Katharina II. verwilligte ihnen einen Jahrgehalt und schickte sie nach Horsens in Jütland, wo sie in stiller Zurückgezogenheit ihr Leben beschlossen. Vgl. Brückner, Die Familie Braunschweig in Rußland im 18. Jahrhundert (Petersb. 1876).

4) A. Klemens Theodor, König von Sachsen, zweiter Sohn des Kurfürsten Friedrich Christian von Sachsen und der Marie Antonie von Bayern, geb. 27. Dez. 1755, lebte, ursprünglich für den geistlichen Stand bestimmt, bis zu seinem 72. Jahr in großer Zurückgezogenheit, meist auf dem Schloß Wesenstein, der Musik, genealogischen Studien und Andachtsübungen sich widmend. Er vermählte sich 1781 mit Marie Karoline Antonie von Sardinien und, nachdem diese schon im folgenden Jahr kinderlos gestorben, 1787 mit Maria Theresia von Toscana, der Tochter des Kaisers Leopold II., welche ihm vier Kinder gebar, die aber frühzeitig starben. Am 5. Mai 1827 in seinem 72. Lebensjahr durch den Tod seines Bruders Friedrich August I. auf den sächsischen Thron berufen, erklärte er, daß er im Geist seines verstorbenen Bruders regieren werde, konnte aber hierdurch die Wünsche nach einer Reform der sächsischen Zustände ebensowenig zufriedenstellen als durch Verordnungen, die einigen, aber nicht den wesentlichsten Übelständen abhalfen. Die Begünstigung des Katholizismus, die Übergriffe der Hofgeistlichkeit und die von dem Kabinettsminister v. Einsiedel begünstigte scheinheilige Orthodoxie vermehrten die Unzufriedenheit, welche 1830 offen ausbrach. A. nahm den Prinzen Friedrich August, den Sohn seines Bruders Maximilian, nach des letztern Entsagung als präsumtiven Thronerben zum Mitregenten an. Er verlebte den Rest seines Lebens ohne rege Teilnahme an den Staatsangelegenheiten und starb 6. Juni 1836 in Pillnitz.

5) A. Ulrich, Herzog von Sachsen-Meiningen, jüngster Sohn Herzog Bernhards I., geb. 1687, kämpfte während des spanischen Erbfolgekriegs als pfalz-neuburgischer Offizier in den Niederlanden.