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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Aubry de Montdidier; Aubry-Lecomte; Auburn; Auburnsches System; Aubusson; Aubussonteppiche; Auch; Auchenĭa

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Aubry de Montdidier - Auchenia.

der Stadt an Karl den Kühnen und an Ludwig XI. von Frankreich, 1492 Urheber eines Magistratsbeschlusses für die Verweigerung der von dem Herzog von Lothringen geforderten außerordentlichen Hilfssteuer; starb 1501. Seine Chronik von 1465 bis 1501 ist trotz öfterer Kritiklosigkeit als das Werk eines Augenzeugen und persönlichen Teilnehmers an den wichtigsten Ereignissen eine schätzbare Quellenschrift der Geschichte jener Zeit. Sie wurde mit der bis zum Jahr 1512 reichenden Fortsetzung des Pierre A. herausgegeben von L. Larchey (Metz 1857).

Aubry de Montdidier (spr. obri d'mongdidjeh), franz. Ritter unter König Karl V., wurde 1371 von Robert de Macaire ermordet. Berühmt als Rächer seines Herrn ward Aubrys Hund. Dieser, der bei dem Mord gegenwärtig gewesen, fiel Macaire, so oft er später in dessen Nähe kam, mit der größten Wut an. Der schon rege Verdacht erhielt dadurch Bestätigung; nach des Königs Willen sollte ein Gottesurteil entscheiden. Macaire, mit einer Keule bewaffnet, wurde dem Hund, als seinem ersten Ankläger, zum Kampf auf Tod und Leben entgegengestellt; er unterlag dem Gebiß des wütenden Tiers und gestand sterbend sein Verbrechen. Weniger verdient war der Beifall, welchen das Drama "Der Hund des Aubry, oder der Wald bei Bondy" später auf der Bühne erhielt; die Aufführung dieses Machwerks, worin ein dressierter Pudel die Hauptrolle spielte, zu Weimar veranlaßte Goethe 1817 zur Niederlegung der dortigen Theaterintendantur.

Aubry-Lecomte (spr. obri-lĕkóngt), Jean Baptiste, franz. Lithograph, geb. 1797 zu Nizza, war ein Schüler von Girodet-Trioson und lithographierte hauptsächlich dessen Werke und Gemälde Proudhons. Von Raffael reproduzierte er die Sixtinische Madonna und die Vierge au linge, von Leonardo da Vinci die Mona Lisa, von Gérard Amor und Psyche, von Horace Vernet den toten Trompeter. Sein Werk belief sich auf 308 Blätter. Er starb 1858 in Paris.

Auburn (spr. ohbörn), 1) Stadt im nordamerikan. Staat New York, Grafschaft Cayuga, in reizender Gegend nahe dem Nordende des Owascosees, hat ein theologisches Seminar der Presbyterianer, ein Asyl für irrsinnige Verbrecher, ein Gefängnis (s. Auburnsches System), zahlreiche Fabriken und (1880) 21,924 Einw. -

2) Fabrikstadt im nordamerikan. Staat Maine, bei den Fällen des Androscoggin, 50 km oberhalb dessen Mündung in den Kennebec, Lewiston (s. d.) gegenüber, hat Baumwollindustrie, Stiefelfabrikation und (1880) 9555 Einwohner. -

3) Dorf im nordamerikan. Staat Alabama, Grafschaft Lee, 80 km östlich von Montgomery, mit landwirtschaftlichem und technischem College und (1880) 1161 Einw.

Auburnsches System, eine besondere Art des Vollzugs der Freiheitsstrafen, welche zuerst 1823 im Staatsgefängnis zu Auburn im Staat New York an Stelle des Einzelhaftsystems eingeführt wurde. Dieselbe besteht darin, daß die Sträflinge zur Nachtzeit in sogen. Schlafzellen abgesondert werden und bei Tag zwar in Arbeitssälen versammelt sind, aber völliges Stillschweigen beobachten müssen. Daher nennt man diese Art der Strafverbüßung auch das Schweigsystem. Dasselbe steht im Gegensatz einmal zu dem alten Associationssystem, wobei die Gefangenen weder durch Einzelhaft noch durch Zwang zum Stillschweigen Beschränkung erleiden, dann zu dem neuern pennsylvanischen oder Einzelhaftsystem, wobei die Sträflinge ganz getrennt voneinander in besondern Zellen festgehalten werden. Das Auburnsche System hat sich, von Nordamerika ausgehend, namentlich in Frankreich und in Belgien Eingang verschafft, während man in Deutschland und zwar wohl mit Recht von einer allgemeinern Einführung desselben abgesehen hat, da das widernatürliche Verbot jedes mündlichen Verkehrs selbst bei aller Strenge sich doch nicht wohl aufrecht erhalten läßt und in dem Sträfling erfahrungsgemäß Trotz, Heuchelei und Tücke zu erzeugen pflegt, auch nach Ausweis der Verbrecherstatistik einen bessernden Einfluß nicht ausübt. Vgl. Gefängniswesen.

Aubusson (spr. obüssóng), Arrondissementshauptstadt im franz. Departement Creuse, an einer Zweiglinie der Orléansbahn und an der Creuse in einer Bergschlucht malerisch gelegen, hat (1881) 6406 Einw., welche sich mit Teppichfabrikation (von europäischem Ruf), Erzeugung von Tuch, Decken etc. und Salzhandel beschäftigen.

Aubusson (spr. obüssóng), Pierre d', Großmeister der Johanniter, der "Schild der Kirche" genannt, aus altem französischen Adel, trat 1435 in die Dienste Kaiser Siegmunds und zog unter Erzherzog Albrecht von Österreich gegen die Türken. Bei Erneuerung des englisch französischen Kriegs zeichnete er sich 1437 bei der Belagerung von Montereau aus, zog mit den Armagnaken gegen die Schweizer und kämpfte 1444 bei St. Jakob an der Birs. In den Johanniterorden auf Rhodus eingetreten, zeichnete er sich so aus, daß er schon im ersten Jahr Komtur von Salins wurde. Nach dem Fall Konstantinopels (1453) setzte er es durch, daß der französische König Karl VII. zum Türkenkrieg die Erhebung des Zehnten von allen Kirchengütern gestattete und dem Johanniterorden außerdem 16,000 Goldthaler schenkte. Daher wurde A. 1467 Mitglied des engern Ausschusses von 16 Rittern, Procureur du trésor (Pfleger des Schatzes), erhielt die neu errichtete Ballei der auvergnischen Zunge, die Aufsicht über den rhodischen Festungsbau, das Großpriorat von Auvergne und ward 1476 Großmeister an Orsinis Stelle. Als Mohammed II. vom 23. Mai bis 28. Juli 1480 die Stadt Rhodus mit ungeheurer Übermacht belagerte, gelang es ihm, Stadt und Insel zu retten. Sein Bericht hierüber an den Kaiser erschien Frankfurt 1602. Papst Innocenz VIII. verlieh ihm zum Lohn die Kardinalswürde. Er starb 1503. Vgl. Bouhours, Histoire de Pierre d'A., grand-maître de Rhodus (Haag 1793).

Aubussonteppiche, samtartige Teppiche, welche in der französischen Stadt Aubusson gewebt werden.

Auch (spr. ohsch), Hauptstadt des franz. Departements Gers, links am Gers, an dessen Ufern sie sich amphitheatralisch aufbaut, und an der Südbahn, zerfällt in die Oberstadt (mit schönem Platz) und die Unterstadt, mit abschüssigen, fast unfahrbaren Straßen, hat eine umfangreiche Kathedrale, Ste.-Marie, die in ihrem ältesten Teil aus dem 15. Jahrh. stammt und sich besonders durch die Höhe ihrer Wölbungen (29 m) und die Schönheit der Glasfenster (von 1513) auszeichnet, und (1881) 12,175 Einw., welche Fabrikation von Baumwollwaren, Leinwand, grobem Wollzeug, Brennereien von Eau d'Armagnac, Obstbau, Handel mit Vieh, Wein, Branntwein und Getreide betreiben. Die Stadt ist Sitz des Präfekten und eines Erzbischofs und besitzt ein Lyceum, eine Bibliothek und ein Museum. A. ist das alte Elimberris, Hauptstadt der Ausker, wurde später Sitz des Erzbischofs-Primas von Aquitanien, seit dem 10. Jahrh. auch der Grafen von Armagnac. Vgl. Lafforgue, Histoire de la ville d'A. (Auch 1851, 2 Bde.).

Auchenĭa, Lama.