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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Augenphantom; Augenpigment; Augenpunkt; Augenschein; Augenschwarz; Augenseuche; Augenspiegel

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Augenphantom - Augenspiegel.

und nicht mit ganz kaltem Wasser geschehen. Das Auswaschen der Augen ist besonders dann nötig, wenn die Atmosphäre mit Staub, Rauch und andern reizenden Beimischungen verunreinigt ist.

Kommen größere Partikelchen mit dem Staub oder überhaupt ein fremder Körper in die Augen, so reibe man nicht an denselben, sondern suche die Augenlidspalte offen zu erhalten, rolle die Augen stark hin und her und wasche dieselben mit frischem Wasser aus. Verletzungen der Hornhaut durch kleine Metallsplitter, wie sie bei Arbeitern in Eisenfabriken häufig vorkommen, sind stets als ernstliche Leiden zu betrachten, welche ärztliche Behandlung erfordern. Kommen durch Unvorsichtigkeit ätzende Substanzen in das Auge, wie Mineralsäuren oder Kalk, so ist vor allen Dingen die sorgfältige Entfernung durch fleißiges Auswaschen nötig, dann träufle man lauwarme Milch oder Öl ein und mache kalte Umschläge, bis der Arzt kommt und das Weitere verordnet. Das Zigarren- und Tabakrauchen schadet den Augen insofern, als diese durch den Aufenthalt in einer mit Rauch erfüllten Atmosphäre stark gereizt werden, zumal wenn der Rauch direkt von der Zigarre an das Auge herantritt. Daß Mäßigkeit in Speise und Trank auch für das Auge vorteilhaft ist, braucht nicht erst besonders betont zu werden. Die Wahl einer Brille muß unbedingt dem Arzt übertragen werden, weil nicht immer diejenige Brille die beste und richtige ist, welche im Augenblick das deutlichste Bild gibt; schon manches Auge ist durch die Umgehung ärztlichen Rats bei dieser wichtigen Entscheidung zu Grunde gegangen. Kurzsichtige besonders greifen meist nach solchen Nummern, welche für die optischen Verhältnisse zu scharf sind. Die Kurzsichtigkeit steigert sich dann, und der dadurch herbeigeführte innere Spannungszustand führt zuletzt zur Schwachsichtigkeit. Bei beginnender Fernsichtigkeit sollte niemals lange mit den Gebrauch einer Konvexbrille gewartet werden. Ein zu langes Warten ruft gern einen Zustand von Reizbarkeit des Auges hervor, der das Sehvermögen gefährdet. Schließlich sei mit Nachdruck vor dem Gebrauch der zahlreich angepriesenen Augenwässer gewarnt, denn je edler das Organ ist, um so gewissenhafter prüfe man bei eintretender Krankheit das Mittel und die Ratgeber, welche dasselbe empfehlen. Vgl. Ritterich, Anweisung zur Erhaltung des Sehvermögens (Leipz. 1852); Arlt, Die Pflege der Augen (3. Aufl., Prag 1865); Derselbe, Die Ursachen und die Entstehung der Kurzsichtigkeit (Wien 1876); Jüngken, Die Augendiätetik (Berl. 1873); Magnus, Die Bedeutung des farbigen Lichts für das gesunde und kranke Auge (Leipz. 1875); Heymann-Schröter, Das Auge und seine Pflege (das. 1879); Löcherer, Das Auge und das Sehen (Berl. 1884); Cohn, Die Hygieine des Auges in den Schulen (Wien 1883).

Augenphantom, s. Augen, künstliche (S. 80).

Augenpigment (Augenschwarz), der schwarze körnige Farbstoff in den Epithelzellen, welche die Innenfläche der Aderhaut des Auges in zusammenhängender Schicht bedecken. Das A. erteilt der Innenfläche der Aderhaut ein tiefschwarzes Aussehen und absorbiert die in dem Auge reflektierten Lichtstrahlen. Bei den Albinos oder Kakerlaken fehlt das A., sie werden deshalb vom Licht stärker geblendet. Der Augenhintergrund und die Pupille erscheinen bei ihnen rötlich gefärbt. Das A. stammt aus dem Blut und ist eine Modifikation des Blutfarbstoffes.

Augenpunkt (Hauptpunkt), in der Perspektive der Fußpunkt des Perpendikels, welches man vom Auge auf die Zeichenebene fällt. Nach ihm laufen die Abbildungen aller Geraden, welche senkrecht auf der Bildebene stehen. Vgl. Projektion.

Augenschein (lat. Inspectio ocularis, Augenscheinseinnahme, Besichtigung, Okularinspektion), die von einer Behörde in amtlicher Eigenschaft vorgenommene Besichtigung eines Gegenstandes; in der weitern und gewöhnlichen Bedeutung des Worts jede amtliche Sinneswahrnehmung. Namentlich versteht man darunter die richterliche Augenscheinseinnahme, welche als Beweismittel von großer Wichtigkeit ist. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten können die Parteien auf Augenscheinseinnahme antragen, doch kann der Richter auch von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins veranlassen, unter Zuziehung der Parteien und nach Befinden auch unter Zuziehung von Sachverständigen. Findet im strafrechtlichen Verfahren eine Besichtigung statt, z. B. die Besichtigung einer Brandstätte, einer Leiche, des Schauplatzes eines Verbrechens, der Werkzeuge, womit ein solches verübt ward, u. dgl., so ist nach der deutschen Strafprozeßordnung der vorgefundene Sachbestand im Protokoll festzustellen und auch darüber Auskunft zu geben, welche Spuren und Merkmale, deren Vorhandensein nach der Beschaffenheit des Falles vermutet werden konnte, gefehlt haben. In der Voruntersuchung ist der Staatsanwaltschaft, dem Angeschuldigten und dem Verteidiger die Anwesenheit bei der Augenscheinseinnahme zu gestatten, dem verhafteten Angeschuldigten jedenfalls bei der Einnahme des Augenscheins an der Gerichtsstelle des Haftorts. Von besonderer Wichtigkeit ist die gerichtliche Totenschau (s. d.) Vgl. Deutsche Zivilprozeßordnung, § 336 f.; Deutsche Strafprozeßordnung, § 86 ff., 191 ff., 224, 248; Österreichische Strafprozeßordnung, § 116 ff.

Augenschwarz, s. v. w. Augenpigment.

Augenseuche (Ophthalmia epidemica boum), eine in mehr oder weniger großer Verbreitung bei Rindern vorkommende ansteckende Augenentzündung. Die Krankheit hat ihren Sitz in der Schleimhaut der Augenlider, breitet sich aber gewöhnlich auf die durchsichtige Hornhaut und nicht selten auch auf die Regenbogenhaut aus. Als Ursache ist nur die Ansteckung bekannt. Ob das Kontagium sich in einzelnen Gegenden dauernd erhält, oder ob die Krankheit stets aus dem Ausland eingeschleppt wird, ist nicht ermittelt. Die ersten Erkrankungen stellen sich bei Tieren ein, welche die Weide besuchen. Aber das Leiden überträgt sich auch auf Stallvieh. Die Symptome bestehen in starker Lichtscheu, Verschließen der Augen, Thränenfluß, Ausscheidung eines schleimigen oder eiterigen Sekrets aus den innern Augenwinkeln, Trübung und Bläschen- (Phlyktänen-) Bildung auf der durchsichtigen Hornhaut, blutigem und fibrinösem Exsudat in der vordern Augenkammer. Man findet gewöhnlich, daß ein Auge stärker affiziert ist als das andre. Der Verlauf vollzieht sich in 10-14 Tagen, aber oft leidet das schwer erkrankte Auge noch mehrere Wochen an Nachkrankheiten (teilweiser Verdunkelung der Hornhaut). Zur Behandlung empfiehlt sich, die kranken Augen häufig mit durch geseihtem Leinsamenschleim zu bähen, daneben täglich einmal Zinksalbe in die Augenlider zu streichen. Bei sehr schmerzhafter Affektion ist die Einpinselung einer ½proz. Lösung von Atropin angezeigt.

Augenspiegel (Ophthalmoskop), Apparat, mit dessen Hilfe der Arzt die innern Teile eines Auges und namentlich die Netzhaut beleuchtet, um ein deutliches Bild von derselben zu erhalten. Der A. wurde 1851 von Helmholtz erfunden und bezeichnet den Be-^[folgende Seite]