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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Begasse; Begattung; Begeben; Begehr; Begehrungsvermögen; Begeisterung

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Begasse - Begeisterung.

einer Kopie von Murillos heil. Antonius eröffnete. Diese letztere verschaffte ihm andre Aufträge ähnlicher Art, z. B. den einer Kopie nach Tizians heiliger und profaner Liebe und nach Raffaels heil. Cäcilia. Durch jenes Tiziansche Bild in seiner Vorliebe für das Kolorit der Venezianer bestärkt, strebte er mit immer größerm Erfolg nach tief gesättigter Farbenglut. Eins seiner frühern, noch in Rom (1864) entstandenen Bilder ist die Mutter mit dem Kind (Nationalgalerie in Berlin). Etwas später entstanden das ebenso anmutige wie farbenkräftige Bild: Amor findet die Psyche, und andre romantische und allegorische Darstellungen, unter denen das Volkslied am bekanntesten geworden ist. - Seine Gattin Luise B., geborne Parmentier, ist eine hervorragende Landschaftsmalerin, deren italienische Landschaften sich durch ein feines Naturgefühl, durch kräftige Stimmung und reiches Kolorit auszeichnen.

5) Karl, Bildhauer, Bruder des vorigen, geb. 23. Nov. 1845 zu Berlin, lernte im Atelier von Reinhold B. und schloß sich ganz an die naturalistische Auffassung seines Bruders bei geringerer Genialität, aber auch mit größerer Formenstrenge an. Er hielt sich 1869 und 1873 in Rom auf und stellte 1876 eine Gruppe, Faun mit Kind scherzend, aus, welcher 1878 die Geschwister folgten, gleich ausgezeichnet durch die lebensvolle Behandlung des Marmors. 1880 führte er eine Marmorbüste des Kaisers für die Gemäldegalerie in Kassel, 1882 zwei Kalksteinfiguren für die Universität in Kiel und zwei Sphinxgestalten für das Regierungsgebäude in Kassel aus.

Begasse (Bagasse), s. Zucker.

Begattung, bei dem Menschen auch Beischlaf genannt, die mehr oder minder innige Vereinigung eines männlichen Individuums mit einem weiblichen, durch welche im Interesse der Fortpflanzung dem männlichen Samen Gelegenheit gegeben wird, mit dem weiblichen Ei zusammenzutreffen. Dieses Zusammentreffen geschieht bald innerhalb, bald außerhalb des weiblichen Organismus, entweder sofort oder erst längere Zeit nach der B., je nach der verschiedenen Organisation der Tiere und namentlich ihrer Geschlechtswerkzeuge. Befruchtung, der eigentliche Zweck der B., ist jedoch nicht notwendige Folge derselben, sondern es kann B., ohne Befruchtung zur Folge zu haben, wie umgekehrt Befruchtung ohne vorausgegangenen Begattungsakt stattfinden (s. Befruchtung). Je nach der Innigkeit der Vereinigung beider Geschlechter läßt sich eine äußere und innere B. unterscheiden; jene ist aber mehr nur eine geschlechtliche Annäherung, während bei dieser das männliche Zeugungsglied (Rute) in das weibliche Begattungsorgan (Scheide) eingeführt wird. Es findet natürlich auch in dieser letztern Art der B. eine große Verschiedenheit statt, welche ihren Grund in der sehr mannigfaltigen Gestaltung der Begattungsorgane hat. Bei sehr vielen Tieren ist nur Eine B. notwendig, damit Befruchtung erfolge; ja, ein solcher einziger Begattungsakt erstreckt sich oft in seiner Wirkung auf längere Zeit hinaus und auf eine ganz außerordentlich große Menge weiblichen Keimstoffs, z. B. bei manchen Insekten, wo der Same in einer sogen. Samentasche sich ansammelt, dort lange Zeit, oft den Winter über, verweilt, um im Frühjahr die von dem weiblichen Insekt abzulegenden Eier, meist viele Tausende an Zahl, zu befruchten. Bei vielen Insekten und auch bei manchen andern Tieren dauert der Akt der B. lange Zeit, während er bei den höhern Tieren im allgemeinen meist nur kurz ist, dafür aber bei vielen öfters wiederholt wird (Finken, Katzen). Die eigentliche B. geschieht unter Gefühlen von Wollust, welche einen solchen Grad erreichen können, daß die Empfänglichkeit für andre Empfindungen geradezu aufgehoben ist. Mit der Samenergießung ist für den männlichen Teil in der Regel der höchste Grad des Lustgefühls erreicht, während bei dem weiblichen die Erregung noch einige Zeit fortzuwähren scheint. Zur B. treibt die getrennten Geschlechter ein unwiderstehlicher Trieb, der Begattungstrieb oder Geschlechtstrieb, welcher mit der Geschlechtsreife erwacht und bei den Tieren meist an ganz bestimmte Zeiten gebunden ist (s. Brunst). Über die B. der Haustiere s. Viehzucht.

Begeben, einen Wechsel oder ein sonstiges Orderpapier auf einen andern mit allen Rechten und Pflichten durch Giro oder Indossament übertragen (s. Indossieren). Die Eigenschaft eines solchen Papiers, wonach dasselbe ohne weitere Formalitäten durch bloßes Indossament mitsamt den dadurch begründeten Rechtsansprüchen auf einen andern übertragen werden kann, wird Begebbarkeit genannt.

Begehr, s. Angebot und Nachfrage.

Begehrungsvermögen, Bezeichnung desjenigen Vermögens der Seele, worin das Wünschen und Verabscheuen, Streben und Widerstreben des Menschen seinen Grund hat. Ist das Streben daraufhin gerichtet, einen zukünftigen Zustand herzustellen, und ist dieser erstrebte Zustand deshalb anziehend, so heißt das Streben ein Begehren im engern Sinn; ist dagegen das Streben gegen den gegenwärtigen Zustand, der also abstoßend erscheint, berechnet, so bezeichnen wir dasselbe als ein Verabscheuen. Jenes ist ein Aufstreben einer Vorstellung ins Bewußtsein gegen Hindernisse mit Unterstützung durch verbundene Vorstellungen, dieses kann als Niedergedrücktwerden einer Vorstellung durch entgegengesetzte mächtigere bezeichnet werden. Während die ältere Psychologie von einem obern und niedern B. sprach, erkennt die neuere nur eine Einteilung der Begehrungen in sinnliche oder materielle und geistige oder intellektuelle an. In die erste Klasse gehört vor allen der sinnliche oder Naturtrieb, und diese Art der sinnlichen Begehrung prägt sich wieder am bestimmtesten aus im Nahrungstrieb, Bewegungstrieb, Geschlechtstrieb. Die zweite Unterabteilung der sinnlichen Begehrungen bilden die sinnliche Begierde und ihr Gegenteil (Abscheu). Zu der Klasse der geistigen Begehrungen rechnet man Neigungen und Abneigungen, Sehnsucht, Wünsche, geistiges Interesse, herrschend gewordene Begierden oder Leidenschaften, endlich diejenige Begehrung, welche von der Vorstellung der Erreichbarkeit des Begehrten begleitet wird, d. h. den Willen (s. d.), das Wollen.

Begeisterung, im allgemeinen jede über das Gewöhnliche erhöhte Stimmung des geistigen Lebens, dieselbe werde nun, wie es z. B. bei dem Champagnerrausch der Fall ist, durch physische oder, wie es z. B. im Liebesrausch, in der Entzückung über eine wissenschaftliche Entdeckung, über ein hinreißendes Kunstwerk, eine edle That, über die wahre oder vermeintliche Gegenwart der Gottheit geschieht, durch den lebhaften Eindruck gewisser Vorstellungen, d. h. durch psychische Reizmittel, erzeugt. Folge derselben ist, daß der Begeisterte andern (oder auch sich selbst) unter dem Einfluß eines "Geistes" (des Weins im ersten, eines höhern Geistes, Genius, Dämons, ja der Gottheit selbst im zweiten Fall) zu stehen und nicht sowohl selbst zu reden und zu handeln, als "den Geist" durch und aus sich reden und handeln zu lassen den Anschein hat. Doch pflegt der Ausdruck "Be-^[folgende Seite]