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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Belknap; Bell

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Belknap - Bell.

den spanischen Republiken, namentlich mit Honduras, und führten einen großen Teil der Handelserzeugnisse derselben nach Europa. Seit der Eröffnung der Panamaeisenbahn ist dieser Verkehr sehr gesunken. Der Wert der Ausfuhr betrug 1883: 302,870 Pfd. Sterl. (1870: 171,988), der der Einfuhr 268,973 Pfd. Sterl. (1870: 184,338). Unfern der Küste liegt die größere Insel Turneff und von dieser östlich zwei riffähnliche Eilande, St. George Cay und die Halbmondinsel, auf der ein Leuchtturm steht. - Der Ursprung der Kolonie ist nicht sicher bekannt; doch ist die von den Spaniern unbesetzt gebliebene Küste zuerst wohl von Schleichhändlern und Piraten besucht worden, von denen die ersten Ansiedelungen (1638 und 1640) herrühren. Die Kolonisten fingen bald an, Kampescheholz zufällen und auszuführen, und fanden in den darüber mit den Spaniern entstandenen Händeln Schutz bei der englischen Regierung, die im Pariser Frieden 1763 ihnen die Erlaubnis der Niederlassung und des Holzfällens im Land erwirkte, doch unter der Bedingung, keine Festungswerke anzulegen, ein Verbot, das die Kolonisten dadurch umgingen, daß sie Erde auf ihren Schiffen in das Land brachten und darauf, als auf englischem Grund, später ein Fort errichteten. Die Grenzbestimmungen blieben übrigens unerörtert, und die Engländer breiteten sich ziemlich beliebig aus, bis die Konvention von 1786 die jetzigen Grenzen feststellte. Durch Gesetz vom 17. Sept. 1853 wurde die Niederlassung B. zur Kolonie Britisch-Honduras erhoben. Für den Holzgewinn wie für den Schleichhandel ist die Kolonie jetzt nur von geringer Bedeutung; allein sie eignet sich trefflich zu einem Beobachtungspunkt für die politischen Ereignisse in Zentralamerika.

Die Stadt Belize, die Hauptstadt der Kolonie, an der Küste zu beiden Seiten des Südarmes des gleichnamigen, mit Kähnen 250 km aufwärts befahrbaren Flusses, zählt ca. 500 hölzerne Häuser, die am Fluß in einer Reihe auf Pfählen erbaut sind, und etwa 6600 Einw. Sie ist Sitz der Regierungsbehörden, eines deutschen Konsuls und der Besatzung und hat einen nur schwer zugänglichen Hafen. Etwa 4 km entfernt liegt nahe am Meer das Fort St. George. Die Umgegend der Stadt ist voll Seen und Sümpfe und bietet wenig anbaufähigen Boden, doch ist das Klima ziemlich gesund. Emigranten aus Yucatan haben an der Bai von Chetumal die gegen 5000 Bewohner zählende Ansiedelung Corozal gegründet.

Belknap (spr. bellnäpp), William M., nordamerikan. General, geb. 1831 zu Hudson im Staat New York, ward im Bürgerkrieg zum Brigadegeneral befördert, 1866 Steuerkontrolleur von Iowa, im Oktober 1869 unter Grants Präsidentschaft Kriegsminister, machte sich in schamlosester Weise der Korruption und Bestechlichkeit schuldig und verkaufte sogar 1870 zu seinem Vorteil Waffen aus den Staatsdepots an Frankreich. Daher wurde er 1876, grober Bestechlichkeit überführt, seines Amtes entlassen, aber, obwohl eingeständig, von dem Senat, in welchem die republikanische Partei herrschte, wegen ungenügender Majorität der ihn verurteilenden Stimmen von jeder Strafe freigesprochen.

Bell, 1) Andrew, Geistlicher der anglikan. Kirche, berühmt als Erfinder oder doch als Verbreiter der Methode des wechselseitigen Unterrichts, geb. 1753 zu St. Andrews in Schottland, verweilte im Dienste der anglikanischen Kirche einige Jahre im britischen Amerika, ward 1789 Prediger und Oberaufseher des Militärwaisenhauses zu Madras und fand hier Veranlassung, die in den sehr frequenten Missionsschulen für Kinder der Einheimischen angewandte Methode des gegenseitigen Unterrichts kennen zu lernen und weiter auszubilden. Da es ihm nach seiner Rückkehr nach England (1797) nicht gelang, die Regierung für das "Unterrichtssystem von Madras" günstig zu stimmen, zog er sich auf das Land zurück. Erst als der Quäker Joseph Lancaster (s. d.) mit seinem in den Armenschulen Londons, namentlich in den Dissenterkreisen, zuerst angewendeten ähnlichen Unterrichtssystem großen Anklang fand, führte B. das seinige im Auftrag der anglikanischen Kirche in deren Armenschulen ein. Er starb 27. Jan. 1832 in Cheltenham. Sein Vermögen von 120,000 Pfd. Sterl. vermachte er verschiedenen Nationalinstituten und Wohlthätigkeitsanstalten. Er legte sein System zuerst dar in der Schrift "An experiment in education made in the asylum of Madras" (1797). Später veröffentlichte er darüber noch "Elements of tuition" (1812) und "The wrongs of children" (1819). Vgl. Robert und C. Southey, Life of A. B. (Lond. 1844, 3 Bde.); A. Bell, An old educational reformer, Dr. Andrew B. (das. 1881). S. Wechselseitiger Unterricht.

2) John, Wundarzt und Anatom, geb. 12. Mai 1763 zu Edinburg, Bruder des vorigen, studierte in Edinburg und eröffnete 1790 ein anatomisches Privattheater und stark frequentierte Vorlesungen. Er starb 15. April 1820 in Rom. B. schrieb: "System of the anatomy of the human body" (1793-98, 6. Aufl. 1826; deutsch von Heinroth und Rosenmüller, Leipz. 1806-1807, 2 Bde. mit Kupfern; neue Ausg. 1817), welchem Werk sein Bruder Charles zwei weitere Bände (1823) hinzufügte; "Discourses on the nature and cure of wounds" (1793-95, 2 Bde.; deutsch von Leune, Leipz. 1798); "Principles of surgery" (1804, 3 Bde.; neue Ausg. von Charles B., 1826); "Observations on Italy" (1825). Wertvoll sind auch seine anatomischen Kupferwerke, welche unter dem Gesamttitel: "Illustrating of the anatomy of the human body" erschienen.

3) Charles, Wundarzt und Anatom, Bruder des vorigen, geb. 1774 zu Edinburg, erwarb sich als Mitglied des College of Surgeons in Edinburg den Ruf eines geschickten Operateurs, lehrte seit 1806 zu London an Hunters medizinischer Schule, ward 1812 Mitglied des Royal College of Surgeons in London, dann Wundarzt am Middlesexhospital und Professor an der klinischen Schule desselben. Seit 1828 war er Professor der Chirurgie an der Universität zu London und seit 1836 an der Universität zu Edinburg. Er starb 28. Mai 1842 in Worcestershire. Bells Hauptverdienst um die medizinische Wissenschaft ist die genaue Beobachtung des Nervensystems, über welches er ein ganz neues Licht verbreitet hat, so daß man ihn den Schöpfer der neuern Nervenphysiologie nennen darf. Er machte zuerst die Entdeckung (Bellscher Lehrsatz), daß von den mit zwei Wurzeln aus dem Rückenmark entspringenden Spinalnerven die vordere Wurzel aus Nerven besteht, welche nur vom Gehirn wegleiten und die Bewegung vermitteln, während die hintere, mit einer Anschwellung versehene Wurzel solche Nerven enthält, welche nur von den Körperteilen weg nach dem Gehirn hinleiten und diesem die Empfindungen zuführen, so daß wir uns derselben bewußt werden. Hieran knüpfte sich die Entdeckung der jetzt wissenschaftlich konstatierten Thatsache einer doppelten Leitungsrichtung in den Nerven. Der Bellsche Lehrsatz ist daher als ein Fundamentalsatz der Physiologie der Nerven zu betrachten. Er schrieb: "A system of operative surgery founded on anatomy" (Lond. 1814, 2 Bde.; deutsch von