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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Blaues Blut - Blausäure.

montag) von den Schlägereien bekommen hat, mit denen er gewöhnlich beschlossen wurde. Die Unsitte der Handwerksgesellen, aus jedem Montag des Jahrs einen "blauen" zu machen, d. h. einen ganzen oder halben Feiertag zu halten, hat sich trotz aller Verbote, die seit dem 12. Jahrh. (z. B. 1515 in der Mark Brandenburg, 1550 in Nürnberg, 1726 blaue Montags-Revolte in Augsburg, ferner Reichstagsbeschlüsse von 1731 und 1771, Edikt Friedrichs d. Gr. von 1783) dagegen erlassen wurden, bis in die neueste Zeit erhalten. Daher bedeutet auch die Redensart: "blauen Montag halten" oder kurzweg "blaumachen" überall s. v. w. müßig gehen.

Blaues Blut (Blaublütigkeit), eine neuerdings in Aufnahme gekommene Bezeichnung des Bluts vom ältesten Adel. Der Ausdruck "azurblaues Blut" (sangre azul) soll zuerst in Spanien zur Maurenzeit aufgekommen sein, woselbst die weiße Haut der westgotischen Edlen mit ihren blau hindurchschimmernden Adern von der dunkeln Gesichtsfarbe der Mauren besonders abstach. Die Blaublütigkeit ist daher eine germanische Eigentümlichkeit, und in diesem Sinn spricht Lamartine von dem roten Blute der Franzosen und dem blauen der Germanen. Zum besondern Prädikat des höhern Adels ist sie nur in dem Sinn geworden, weil ein Teil desselben die Haut sorgfältig durch Handschuhe und Sonnenschirm vor jeder Bräunung durch die Sonne schützt.

Blaufalk, s. Weihen.

Blaufärben, s. Färberei.

Blaufarbenglas, s. Schmalte.

Blaufarbenwerk, Werk, auf welchem aus Kobalterzen Schmalte als blaue Farbe bereitet wird; s. Schmalte.

Blaufelchen, s. Renke.

Blaugras, s. Poa.

Blauhabicht, s. Weihen.

Blauholz, s. v. w. Kampescheholz.

Blaukali, s. Ferrocyankalium.

Blaukehlchen (Cyanecula Brehm), Vogelgattung aus der Ordnung der Sperlingsvögel, der Familie der Drosseln (Turdidae) und der Unterfamilie der Nachtigallen (Luscininae), schlank gebaute Vögel mit gestrecktem, hochrückigem, vorn pfriemenspitzigem Schnabel, kurzen, ziemlich stumpfen Flügeln, in welchen die dritte und vierte Schwinge am längsten sind, mittellangem Schwanz und hohem, dünnem Fuß. Das schwedische B. (C. suecica Br.), 15 cm lang, 22 cm breit, oberseits tief erdbraun, unterseits schmutzig weiß, seitlich und hinterwärts graubraun überlaufen, an der Kehle prachtvoll lasurblau mit zimtrotem (bei C. leucocyana Br. weißem) Stern (bei C. Wolfii Br. ohne Stern), nach unten hin in eine schwarze Binde übergehend, welche durch ein schmales, lichtes Bändchen von einem halbmondförmigen Brustfleck geschieden wird. Unter dem Auge verläuft ein weißer Streifen, die Schwingen sind braungrau, die Schwanzfedern bis zur Hälfte lebhaft rostrot, gegen das Ende hin wie die beiden mittlern dunkelbraun; das Auge ist dunkelbraun, der Schnabel schwarz, der Fuß vorn grünlich-, hinten gelblichgrau. Bei dem Weibchen sind alle Farben blässer, und die Kehlfärbung ist höchstens angedeutet. Die B. bewohnen den Norden der Alten Welt, gehen von dort nach Südeuropa, Nordafrika und Südasien und bleiben bei uns von April bis September. Das Weißsternblaukehlchen brütet in Norddeutschland, das schwedische in der Tundra. Sie jagen an schlammigen Uferstellen sowie auf Feldern und in Büschen nach Insekten, singen angenehm und nisten versteckt nahe am Wasser in Erdlöchern, zwischen Wurzeln und Gestrüpp. Im Mai legt das Weibchen 6-7 licht blaugrüne, rotbraun gepunktete Eier (s. Tafel "Eier I", Fig. 47), welche beide Geschlechter in etwa zwei Wochen ausbrüten. In der Gefangenschaft wird das B. leicht zahm.

Blaukesselschwarz, s. Färberei.

Blaukopf, s. Eulen.

Blaukrönchen, s. Papageien.

Blaulack, s. Firnis.

Blaumerle, s. Steindrossel.

Blaunase, s. Brasse.

Blauprozeß, s. Cyanotypie.

Blaupulver, s. Ferridcyankalium. ^[richtig: Ferricyankalium.]

Blaurake, s. v. w. Mandelkrähe.

Blaurer, Ambrosius, s. Blarer.

Blausalz, eine Pottasche, die durch Abdampfen und Glühen sämtlicher Rückstände und Mutterlaugen von der Bereitung des Blutlaugensalzes erhalten wird; auch s. v. w. gelbes Blutlaugensalz, Kaliumeisencyanür.

Blausäure (Cyanwasserstoffsäure) CNH kommt in der Natur nicht fertig gebildet vor, tritt aber in reichlicher Menge auf, wenn man die Kerne der Kirschen, Pflaumen, Aprikosen, Pfirsiche und bittern Mandeln zerstößt und mit Wasser anrührt, ebenso wenn man die Blätter und zarten Zweigspitzen des Kirschlorbeerbaums (Prunus laurocerasus) oder die Rinde der Sumpfkirsche (P. padus) und andre Teile von Pflanzen aus den Familien der Amygdaleen, Pomaceen und mancher Spiräen zerstößt und mit Wasser in Berührung bringt. Diese Pflanzenteile enthalten Amygdalin und gesondert von demselben eine eiweißartige Substanz, das Emulsin. Kommen beide Stoffe beim Zerstoßen der Samen oder Rinden miteinander und mit Wasser in Berührung, so wird das Amygdalin durch Emulsin zersetzt, und es entstehen B., Bittermandelöl und Zucker. Man kann sich hiervon leicht überzeugen, wenn man zu Mandelmilch aus süßen Mandeln, welche nur Emulsin enthält, etwas Amygdalin hinzufügt; es tritt dann sofort der bekannte Bittermandelgeruch auf, und in der Flüssigkeit ist B. nachzuweisen. Umgekehrt entwickeln trocken zerstoßene bittere Mandeln keine B., und wenn man das Pulver mit Alkohol vom Amygdalin befreit hat, so gibt es auch beim Anrühren mit Wasser keine B. mehr. Auch der Saft der geriebenen Wurzel von Manihot utilissima enthält B. Sie entsteht außerdem beim Erhitzen von ameisensaurem Ammoniak NH4CHO2 ^[NH_{4}CHO_{2}], welches in B. und Wasser zerfällt. Die B. ist daher als Nitril der Ameisensäure (Formonitril) zu betrachten. Direkt lassen sich Cyan und Wasserstoff durch dunkle elektrische Entladung vereinigen.

Zur Darstellung wasserfreier B. destilliert man grob gepulvertes gelbes Blutlaugensalz (Ferrocyankalium) mit wenig verdünnter Schwefelsäure, leitet die Dämpfe durch ein mit Chlorcalcium gefülltes und auf 30° erwärmtes Rohr (welches alles Wasser zurückhält) und dann in eine mit Eis gekühlte Vorlage. Hier verdichtet sich eine farblose, leicht bewegliche Flüssigkeit vom spez. Gew. 0,697, welche bei 26° siedet, mit Wasser, Alkohol und Äther mischbar ist, mit blauer Flamme brennt, sich sehr bald zersetzt und nicht sauer reagiert. Sie ist ein so furchtbares Gift, daß vor ihrer Darstellung nicht ernstlich genug gewarnt werden kann. Wässerige B. bereitet man durch Destillation von stärker verdünntem Blutlaugensalz mit Schwefelsäure aus einer Kochflasche mit durchbohrtem Pfropfen. Es steigt nämlich an der Glaswand ein blaues Häutchen aus der Flüssigkeit auf und gelangt unfehlbar in die Vorlage, wenn es