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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Brasilien

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Brasilien (geographische Litteratur; Geschichte).

beide in natürlicher Farbe, unten sich kreuzend und mit einem grün und goldenen Band gebunden. Die Flagge ist grün mit eingeschobener goldener Raute, in dieser der Wappenschild (s. Tafel "Flaggen II"). Die Landesfarben sind Grün und Gold. Von Orden bestehen: der Orden des Südlichen Kreuzes (gestiftet 1. Dez. 1822), der Orden Dom Pedros I. (16. April 1826), der Orden der Rose (17. Okt. 1829); die frühern geistlichen Orden Unsers Herrn Jesu Christi, des heil. Benedikt von Aviz und des heil. Jakob vom Schwert werden seit 9. Sept. 1843 nur als Zivil- und Militärorden vergeben.

Seit der letzten Organisation des Reichs zerfällt B. in den Bezirk der Stadt Rio de Janeiro (Municipio Neutro) und 20 Provinzen, die an Größe sehr verschieden sind (s. die statistische Übersicht, S. 336). Diese Provinzen werden in Gemeindebezirke (municipios), diese in Kirchspiel (parochias) und diese wieder in Bezirke (districtos) geteilt; die Teilung der Provinz in Comarcas besteht bloß für die Justiz. Haupt- und Residenzstadt ist Rio de Janeiro, Ende 1883 mit 350,000 Einw. Die nächstgrößten Städte sind: Bahia (140,000), Pernambuco (Recife, 130,000), Belém (40,000), São Paulo (40,000), Maranhão (35,000), Portalegre (35,000), Ouro Preto (20,000 Einw.).

[Litteratur.]

Zur Geographie und Statistik Brasiliens vgl. Wappäus, Das Kaiserreich B. (in Stein-Hörschelmanns "Handbuch der Geographie", Leipz. 1871); de Macedo, Geographische Beschreibung Brasiliens (deutsch, das. 1873); Cazal, Corographia brasilica (Rio de Janeiro 1833); P. de Reybaud, B. (a. d. Franz., Hamb. 1857); M. de Saint-Adolphe, Diccionario geographico hist. de descript. do imperio do Brazil etc. (Par. 1845, 2 Bde.); Pereira da Silva, Situation sociale, politique et économique de l'empire du Brésil (Rio de Janeiro 1865); Fletcher und Kidder, Brazil and the Brazilians (9. Aufl., Philad. 1879); Hadfield, Brazil and the river Plate 1870-76 (Lond. 1877); "Das Kaiserreich B. auf der Weltausstellung 1876 in Philadelphia", offizieller Bericht (1876); Canstatt, B., Land und Leute (Berl. 1877); Sellin, Das Kaiserreich B., geographisch-statistische Skizze (Leipz. 1882); Derselbe, Das Kaiserreich B. ("Wissen der Gegenwart", Bd. 36, das. 1885); von Reisewerken (außer den ältern Werken von Pohl, Spix und Martius, dem Prinzen von Wied, de Saint-Hilaire u. a.) Kletke, Reise des Prinzen Adalbert von Preußen nach B. (Berl. 1857); Avé-Lallemant, Reisen durch Nordbrasilien (Leipz. 1860, 2 Bde.); Derselbe, Reisen durch Südbrasilien (das. 1859, 2 Bde.); Bates, The naturalist on the river Amazonas (3. Aufl., Lond. 1873; deutsch, Leipz. 1866); Tschudi, Reisen in Südamerika (das. 1866-69, 5 Bde.); Agassiz, A journey in Brazil (1.-6. Aufl., Boston 1866); Derselbe, Scientific results of a journey in Brazil (Lond. 1870); Burton, Explorations of the highlands of Brazil (das. 1868, 2 Bde.); Zöller, Die Deutschen im brasilischen Urwald (Stuttg. 1882); ferner: W. Schultz, Natur- und Kulturstudien über Südamerika (Dresd. 1868); v. Martius, Die Physiognomie des Pflanzenreichs in B. (Münch. 1842); Derselbe, Beiträge zur Ethnographie und Sprachenkunde Amerikas, zumal Brasiliens (Leipz. 1867, 2 Bde.); Liais, Climats, géologie, faune et géographie botanique du Brésil (Par. 1872); Lange, Südbrasilien etc., mit Rücksicht auf die deutsche Kolonisation (2. Aufl., Berl. 1885); Koseritz, Bilder aus B. (Leipz. 1884); "Revista trimensal do Instituto historico, geographico e etnographico do Brazil" (Rio de Janeiro, seit 1839).

Geschichte.

B. wurde auf einer Fahrt nach Ostindien zufällig von Pedro Alvarez Cabral entdeckt, der, von der Meeresströmung des Atlantischen Ozeans nach Westen getragen, 21. April 1500 die Küste erblickte und 25. April im Hafen Porto Seguro landete. Cabral nahm es für den König von Portugal feierlich in Besitz und nannte es Ilha da vera Cruz ("Insel vom wahren Kreuz"); den Namen B. erhielt es elf Jahre später von dem roten Farbholz Caesalpina brasiliensis oder Pao do Brazil, d. h. Holz der glühenden Kohle, das man daselbst in Menge fand. Eine Untersuchung des Landes nahm im Auftrag König Emanuels 1501-1502 Amerigo Vespucci vor und fuhr die Küste bis in die Gegend des La Plata-Stroms entlang; doch schickte man anfangs bloß Verbrecher und von der Inquisition Verurteilte nach B., welche Papageien und Farbhölzer einsammeln mußten. Im J. 1548 verbannte man die Juden dahin. Erst unter Johann III., dem B. von dem Papst förmlich zugesprochen wurde, erhielt es 1531 eine Art administrativer Organisation auf Grund des Lehnssystems. So ließen sich mehrere sogen. Capitanos daselbst nieder; einer davon war Alfonso de Souza, von welchem das Land Rio de Janeiro den Namen erhielt. Doch kam B. bei der aus verschiedenartigen Elementen gemischten Bevölkerung, bei den fortdauernden Kämpfen gegen die Eingebornen und besonders wegen der Unbotmäßigkeit der Capitanos zu keiner Ruhe und Ordnung, bis im Auftrag König Johanns III. der Gouverneur Thomas de Souza dem Land eine bessere Organisation gab. Er erbaute 1549 die Stadt Bahia, brachte Jesuiten mit, welche die Eingebornen zivilisierten, und bewirkte überhaupt Einheit des Regiments. Im J. 1553 erhielt B. seinen ersten Bischof. Als aber Portugal (1580) unter spanische Hoheit kam und nun die Feinde Spaniens auch die portugiesischen Kolonien feindlich behandelten, fielen nacheinander Engländer, Franzosen und Holländer über das hilflose Land her. Die holländische Westindische Kompanie bemächtigte sich 1624 der Stadt Bahia und behauptete sich namentlich unter dem Statthalter Moritz von Nassau, welcher auch für die materielle und geistige Hebung des Landes sehr wohlthätig wirkte, im Besitz eines großen Teils des Landes. Da aber seine Nachfolger weniger Geschick zeigten, so entstand (obgleich das wieder auf den portugiesischen Thron gekommene Haus Braganza den Besitz der Holländer 1640 anerkannt hatte) 1645 eine von England und Portugal aus angestiftete Empörung der Plantagenbesitzer, welche nach dem Sieg des tapfern brasilischen Helden Vieira bei Guararabi 1648 mit der Vertreibung der Holländer endete. Pernambuco, die letzte holländische Besitzung, wurde von den Brasiliern 27. Jan. 1654 genommen, und 1661 trat Holland ganz B. gegen eine Summe von 350,000 Pfd. Sterl. an Portugal ab. Später gründeten französische Hugenotten Ansiedelungen in B., welche jedoch von den portugiesischen Brasiliern aus Religionshaß vernichtet wurden. Dies hatte einen privaten, aber vom Staat unterstützten Kriegszug der Franzosen unter Duguay-Trouin zur Folge, die 1711 Rio de Janeiro nach einem heftigen Bombardement einnahmen, aber gegen Lösegeld wieder abzogen. Die Entdeckung der Goldminen in Minas Geraës 1696 und der Diamantgruben 1727 erhöhte die Wichtigkeit des Landes. Aber Portugals Aufmerksamkeit war nur darauf gerichtet, B. in Abhängigkeit zu erhalten und die Gold- und Diamantgru-^[folgende Seite]