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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Cromwell

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Cromwell.

chen, schlugen Fairfax, Ireton und C. nieder; letzterer besiegte erst die Empörer in Wales, schlug dann ein schottisches Heer, das zur Befreiung Karls herbeimarschiert war, 17.-19. Aug. 1648 bei Preston, rückte in Schottland ein, drang bis Edinburg vor und nötigte die Schotten, Frieden zu schließen. Die Verhandlungen, welche das Parlament inzwischen mit dem König aufgenommen hatte, und die ihrem Abschluß nahe waren, riefen nach Cromwells Rückkehr aus Schottland neue Gewaltmaßregeln des Heers hervor: der König wurde auf das Felsenschloß Hurst gebracht und 6. und 7. Dez. das Parlament durch Ausstoßung aller presbyterianischen Mitglieder gefügig gemacht. Im Januar 1649 beschloß das "Rumpfparlament" die Anklage Karls wegen Hochverrats vor einem eigens gebildeten Gerichtshof, dem C. angehörte; am 25. Jan. wurde der König zum Tod verurteilt und am 30. hingerichtet. In dem Staatsrat der nun begründeten englischen Republik spielte C. die wichtigste Rolle, begab sich aber schon im Juli 1649 als Generalgouverneur nach Irland, wo protestantische und katholische Royalisten den Prinzen von Wales als König Karl II. proklamiert hatten. Nachdem die Erhebung mit entsetzlicher Härte und Grausamkeit niedergeworfen war, überließ C. die Unterwerfung der letzten Reste der Rebellion seinem Schwiegersohn Ireton und eilte 1650 nach Schottland, wohin sich Karl II., als König anerkannt, begeben hatte. C. schlug die Schotten 3. Sept. d. J. bei Dunbar entscheidend aufs Haupt, nahm Edinburg und Perth (2. Aug. 1651), verfolgte dann Karl, der mit 14,000 Mann in England eingefallen war, und vernichtete 3. Sept. 1651 durch die Schlacht bei Worcester das royalistische Heer vollkommen. Inzwischen war die neue Republik mit den Niederlanden, wo man für die den Oraniern verwandten Stuarts viel Sympathie hatte, in Konflikt geraten, und nach der Navigationsakte vom 9. Okt. d. J., welche dem holländischen Handel eine tödliche Wunde schlug, kam es zum Krieg, in welchem Cromwells Gesinnungsgenosse, Admiral R. Blake, gegen die holländischen Seehelden Tromp und de Ruyter 1653 glorreiche Siege erfocht. Schon vorher war C. nach London zurückgekehrt, nach seinen schottischen Siegen ohne Frage der mächtigste Mann des Staats. Er verlangte die Auflösung des Rumpfparlaments und die Wahl einer wirklichen Vertretung des Volkes, und als die Mitglieder des Rumpfparlaments ohne Rücksicht auf seine Forderungen sich einen maßgebenden Einfluß auf die Zusammensetzung des neuen Parlaments sichern wollten, ließ er dieselben 20. April durch Musketiere auseinander sprengen; er selbst trat an die Spitze der neuen Exekutivbehörde. Am 4. Juli 1653 trat eine vom Rate der Offiziere ausgewählte Versammlung von independentistischen Notabeln, das sogen. kleine oder Barebone-Parlament, zusammen, löste sich aber schon im Dezember wieder auf. Nun wurde 16. Dez. eine neue, vom General Lambert redigierte Verfassung proklamiert, welche C. als "Lordprotektor" auf Lebenszeit die oberste Staatsgewalt übertrug, die er gemeinsam mit einem zu erwählenden Parlament ausüben sollte. Die neue Regierung des Protektors errang nach außen hin glänzende Erfolge: den Niederlanden ward 1654 ein höchst günstiger Friede abgenötigt; mit Dänemark und Schweden wurden Handels- und Freundschaftsverträge geschlossen; die Sache der vom Herzog von Savoyen verfolgten protestantischen Waldenser erhielt von C. kräftigste Unterstützung; ein in Gemeinschaft mit Frankreich unternommener Krieg gegen Spanien führte zu neuen glänzenden Seesiegen, zur Eroberung Jamaicas und zur Einnahme Dünkirchens durch die Engländer; überall warf England sein Gewicht als europäische Großmacht in die Wagschale. Im Innern hielt eine strenge Militärherrschaft die Ordnung aufrecht; das Reich wurde in zwölf Militärbezirke geteilt, an deren Spitze je ein Generalmajor die Ruhe sicherte; Handel und Industrie blühten; religiöse Verfolgungen wurden nicht geduldet. Aber eine rechte Konsolidation der innern Verhältnisse vermochte C. trotz aller Bemühungen nicht herbeizuführen. Sein erstes, unbotmäßiges Parlament löste er nach kaum fünf Monaten 22. Jan. 1655 auf. Mit dem zweiten, das 17. Sept. 1656 zusammentrat, kam er nur dadurch aus, daß er an 100 gewählte Mitglieder wegen mangelnder moralischer Qualifikation ausschloß. Das so gereinigte Parlament bot ihm die Königskrone an und gewährte ihm, als C. dieselbe nach längerm Schwanken 8. Mai 1657 auf Andrängen der Oberoffiziere ausschlug, eine bedeutende Verstärkung seiner Amtsgewalt durch das Recht, seinen Nachfolger zu ernennen und ein Oberhaus zu bilden. War aber schon die Zusammensetzung des Oberhauses schwierig, indem bei der Zurückhaltung des Adels zum Teil Leute niedern Standes gewählt werden mußten, so war es noch schlimmer, daß nach dem Zusammentritt beider Häuser im Januar 1658 die Gemeinen dem Oberhaus überhaupt die Anerkennung verweigerten. C. mußte das Parlament 4. Febr. d. J. auflösen; er that es mit den Worten: "Gott sei Richter zwischen euch und mir!" So war der Friede im Innern nicht hergestellt, als C., der in der letzten Zeit wiederholentlich von Anschlägen auf sein Leben bedroht wurde und mehrfaches Familienunglück erlitt, 3. Sept. 1658 starb, nachdem er seinen Sohn Richard zu seinem Nachfolger ernannt hatte. Seine und seiner Angehörigen Leichen wurden von den Stuarts nach ihrer Rückkehr ausgegraben und an den Galgen gehängt; die Nachwelt aber ist zu dem Urteil gelangt, daß C. einer der wesentlichsten Begründer von Englands Größe und einer der hervorragendsten Staatsmänner aller Zeiten gewesen ist. Eine Statue (von Noble) wurde ihm zu Manchester errichtet. Zum Helden eines Dramas machten ihn Raupach ("Cromwells Ende", 1834), Palleske (1857), Brachvogel ("Der Usurpator", 1860) u. a. Die Briefe und Staatsschriften Cromwells sind von Carde 1737, von Nicols 1743, in neuester Zeit, mit den Reden, von Th. Carlyle (neue Ausg. 1871, 5 Bde.) herausgegeben worden. Vgl. Villemain, Histoire de C. (Par. 1819, 2 Bde.; deutsch, Leipz. 1830); O. Cromwell (ein Nachkomme des Protektors), Memoirs of the protector Oliver C. and of his sons, Richard and Henry (Lond. 1820); Vaughan, The protectorate of Oliver C. (das. 1838); Merle d'Aubigné, Le protecteur, ou la république d'Angleterre aux jours de C. (Par. 1848; deutsch von Merschmann, Elberf. 1859); Guizot, Histoire de la république d'Angleterre et de C. (2. Aufl., Par. 1870; deutsch, Leipz. 1853); Andrews, Life of Oliver C. (Lond. 1868); Sträter, Oliver C. (Leipz. 1871); R. Pauli im "Neuen Plutarch", Bd. 1 (Leipz. 1874).

3) Richard, der älteste Sohn des vorigen, geb. 4. Okt. 1626, war still auf dem Land erzogen, frei von allem Ehrgeiz, nahm die Würde als Protektor an, erkannte aber bald das Mißliche seiner Stellung. Als sich das vom Kriegsrat eigenmächtig berufene, von Oliver C. gesprengte lange, sogen. Rumpfparlament als die höchste Staatsgewalt konstituierte, legte er 25. Mai 1659 seine Würde freiwillig nieder

^[Artikel, die unter C vermißt werden, sind unter K oder Z nachzuschlagen.]