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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Este

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Este.

Oberitalien an den König von Frankreich zu bringen suchte. Sein Sohn war Azzo II., der unter Heinrich IV. die Partei des Papstes ergriff und 1077 der Demütigung des Kaisers in Canossa beiwohnte; er war mit einer Schwester Welfs III., Kunigunde, vermählt und starb 1097. Durch seine Söhne Welf IV. und Fulco I. spaltete sich das Haus in zwei Hauptstämme, den deutschen oder Welf-estischen und den italienischen oder Fulco-estischen Stamm. Jenen gründete Welf IV., der nach Ottos von Nordheim, Herzogs von Bayern, Absetzung 1070 von Kaiser Heinrich IV. mit Bayern belehnt ward. Von ihm stammen durch Heinrich den Stolzen, Herzog von Bayern und Sachsen, und dessen Sohn, Heinrich den Löwen, die Fürstenhäuser Braunschweig und Hannover ab (s. Welfen). Den italienischen Stamm gründete Fulco I., gestorben nach 1135. Die E. waren seitdem meist die Führer der Guelfen in Oberitalien; sie erwarben zuerst Ferrara und die Mark Ancona, später auch Modena und Reggio. Geschichtlich merkwürdige Sprößlinge des Geschlechts sind:

Nikolaus III., mußte sich seine Rechte mit Hilfe der Republiken Florenz, Venedig und Bologna und der Herren von Padua erst erkämpfen, stellte die von seinem Vater Albert zu Ferrara gestiftete Universität wieder her und zog die ausgezeichnetsten Männer an seinen Hof. Er starb 26. Dez. 1441 in Mailand. -

Lionel, Sohn und Nachfolger des vorigen, unterstützte Handel und Gewerbe sowie besonders das neuerwachte Studium der alten Litteratur und stand mit den bedeutendsten Gelehrten Italiens in Briefwechsel. Er starb 1. Okt. 1450. -

Borso, Bruder und Nachfolger des vorigen, wurde 1452 von Kaiser Friedrich III. zum Herzog von Modena und Reggio und Grafen von Rovigo und Comacchio, vom Papst Paul II. aber zum Herzog von Ferrara ernannt, das er als päpstliches Lehen besaß. Er starb 20. Aug. 1471. -

Herkules I., wußte trotz häufiger Kriege den Wohlstand seines Landes zu sichern und machte mit Hilfe seines berühmten Ministers Bojardo, Grafen von Scandiano, seinen Hof zum Sammelplatz der berühmtesten Gelehrten und ausgezeichnetsten Dichter; er starb 25. Jan. 1505. -

Alfons I., Sohn und Nachfolger des vorigen, als Feldherr und Staatsmann ausgezeichnet und von den Dichtern, namentlich Ariosto, hochgefeiert, war in zweiter Ehe mit Lucrezia Borgia vermählt. 1509 trat er der Liga von Cambrai bei, ward vom Papst Julius II. zum Gonfaloniere der römischen Kirche ernannt und kämpfte mit Glück gegen die Venezianer. Als er sich aber weigerte, sich mit dem Papst Julias II. von der Liga loszusagen, sprach dieser den Bann über ihn aus und erklärte ihn seines Herzogtums Ferrara und aller von der Kirche empfangenen Lehen für verlustig; auch Modena ging ihm verloren. Auch Julius' Nachfolger Leo X. weigerte sich, ihm die Städte Modena und Reggio zurückzugeben, versuchte sogar mitten im Frieden (1519) sich Ferraras zu bemächtigen, und erst nach der Eroberung Roms 1527 ließ ihm Karl V. seine frühern Besitzungen wieder einräumen und bestätigte die Hoheitsrechte seines Hauses; Alfons starb 31. Okt. 1535. -

Herkules II., Sohn und Nachfolger des vorigen, der Gemahl Renatas, der Tochter Ludwigs XII. von Frankreich und der Anna von Bretagne, welche als Anhängerin der Reformation schwer zu leiden hatte, war ein treuer Anhänger Kaiser Karls V. Er und noch mehr sein Bruder, der Kardinal Hippolyt der jüngere, der die prächtige Villa d'Este in Tivoli erbaute, begünstigten Künste und Wissenschaften. Herkules starb 3. Okt. 1559. -

Alfons II., Sohn des vorigen, liebte ebenfalls Künste und Wissenschaften, aber noch mehr Glanz und Pracht, machte, von unbegrenztem Ehrgeiz verführt, mehrere kostspielige, aber vergebliche Versuche, die Krone Polens zu erlangen, ließ den Dichter Tasso sieben Jahre im Kerker schmachten; starb 27. Okt. 1597 kinderlos. Der von ihm zum Nachfolger bestimmte Cäsar, sein Vetter, Sohn eines natürlichen Sohns Alfons' I., ward zwar vom Kaiser im Besitz der Reichslehen Modena und Reggio bestätigt, aber vom Papst Clemens VIII. nicht anerkannt, der daher Ferrara und die übrigen päpstlichen Lehen als eröffnete einzog. Auf Cäsars (gest. 1628) Sohn Alfons III., der in einem Kapuzinerkloster in Tirol sein Leben beschloß, folgten als ruhmlose Regenten Franz I., Sohn Alfons' III. (gest. 1658), Alfons IV. (gest. 1662), Franz II. (gest. 1694). -

Rinaldo, durch das Aussterben der ältern Linie auf den Herzogsstuhl von Modena gerufen, vermählte sich mit Charlotte Felicitas von Braunschweig, einer Tochter des Herzogs von Hannover, wodurch die beiden seit 1070 getrennten Zweige des Hauses E. wieder vereinigt wurden. Als Verwandter Josephs I. trat er während des spanischen Erbfolgekriegs in ein Bündnis mit Österreich, mußte vor den Franzosen nach Bologna fliehen, wurde zwar 1707 durch die kaiserliche Armee wieder eingesetzt, mußte aber 1734 abermals den französischen Waffen weichen und starb 26. Okt. 1737. -

Franz III., Sohn und Nachfolger des vorigen, stand in dem Kriege gegen Maria Theresia auf spanischer Seite; starb 23. Febr. 1780. Muratori und Tiraboschi lebten an seinem Hof. -

Herkules Rinaldo III., Sohn und Nachfolger des vorigen, geb. 22. Nov. 1727, erheiratete die Fürstentümer Massa und Carrara, mußte ab er bei Annäherung der französischen Heere 1796 nach Venedig flüchten und verlor durch den Frieden von Campo Formio 1797 Modena und Reggio. Mit ihm erlosch 1803 der Mannesstamm des Hauses E. Seine einzige Tochter, Maria Beatrix Ricciarda, war mit Ferdinand, dem dritten Sohn des Kaisers Franz I., vermählt, der dadurch der Gründer des Hauses Österreich-E. ward, im Lüneviller Frieden 1801 zur Entschädigung für das verlorne Modena den Breisgau und die Ortenau erhielt, aber durch den Preßburger Frieden 1805 beides wieder verlor und 24. Dez. 1806 starb. - Sein ältester Sohn, Franz IV., geb. 1779, erhielt 1814 nach Aufhebung des Königreichs Italien das Herzogtum Modena zurück und nach dem Tod seiner Mutter 1829 auch Massa und Carrara; starb 21. Jan. 1846. Sein Sohn Franz V. mußte 1859 sein Land an Viktor Emanuel überlassen. Mit seinem Tod 20. Okt. 1875 erlosch auch das Haus Österreich-E.

Este, Stammname für die Nachkommen des Herzogs August Friedrich von Sussex, sechsten Sohns Georgs III. von England und der Tochter des schottischen Grafen Dunmore, Lady Augusta Murray. Ihre Trauung war 4. April 1793 ohne Vorwissen der beiderseitigen Eltern von einem englischen Geistlichen zu Rom vollzogen, aber darüber kein Zeugnis ausgestellt worden; sie ward daher 5. Dez. 1793 im Kirchspiel St. George zu London wiederholt und darüber ein Trauschein ausgefertigt, der auf einen Herrn Augustus Frederick und Augusta Murray lautete. Erst als Lady Augusta 13. Jan. 1794 einen Sohn, Augustus Frederick, gebar, ward die Ehe bekannt und auf Grund eines Gesetzes Georgs III. von 1772, wonach alle von Mitgliedern der königlichen Familie ohne Einwilligung des regierenden Königs geschlossenen Ehen ungültig sein sollten, im Juli 1794 von