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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Fluß

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Fluß (Geschwindigkeit, Bestandteile des Flußwassers).

schnitt seines Bettes, von dem Gebiet, welches er entwässert, von der Menge des atmosphärischen Niederschlags auf diesem Gebiet, von dem Klima, welches die Verdunstung mehr oder weniger begünstigt, und von der Beschaffenheit der Oberfläche des Bodens. Der Wasserstand der Flüsse ist daher ein vielfach wechselnder, namentlich wenn die Quellen des Flusses in solchen Gegenden liegen, wo periodische Regenniederschläge stattfinden. Am bekanntesten ist das Steigen und Fallen des Nils; aber auch der Senegal und der Congo in Afrika, der Ganges und Brahmaputra in Asien, der Orinoko in Südamerika bieten ähnliche Erscheinungen dar. Kommt ein Strom aus dem Hochgebirge, welches die Schneelinie überragt, so wird er am wasserreichsten sein, wenn der Schnee und das Gletschereis des Hochgebirges recht im Tauen begriffen sind, was z. B. auf den Alpen im Juni, Juli und August infolge des Vorherrschens südlicher Winde einzutreten pflegt. Den Wasserstand der Flüsse geben die sogen. Pegel an, d. h. vertikal in denselben aufgerichtete Maßstäbe mit einer von einem willkürlich bestimmten tiefsten Punkt beginnenden Einteilung, die bessern mit einem selbstregistrierenden Schwimmer versehen. An manchen Strömen, wo man dergleichen Messungen schon seit langer Zeit vorgenommen, wird eine allmähliche Abnahme der Wassermenge bemerkt, die z. B. beim Rhein von 1808 bis 1838: 21 cm, bei der Oder (bei Küstrin) von 1745 bis 1835: 40 cm, bei der Elbe (bei Magdeburg) von 1730 bis 1830: 55 cm beträgt.

Die Geschwindigkeit, mit welcher ein F. fließt, ist in erster Linie von der Größe des Gefälles abhängig, wobei der Widerstand, den das Wasser im Strombett selbst findet, einen hemmenden Einfluß ausübt. Bei Hochwasser, also bei größerer Tiefe und Breite des Wassers, ist die Strömung eine stärkere als bei gewöhnlichem Wasserstand. In einem und demselben Profil des Flusses ist die größte Geschwindigkeit dort, wo die bedeutendste Tiefe liegt, und verlangsamt nach dem Ufer zu. In vertikaler Richtung liegt der Punkt der größten Geschwindigkeit, wenigstens in tiefen Strömen, etwas unter der Oberfläche mit Verlangsamung gegen den Grund hin. Schiffbare Flüsse haben bei mäßiger Strömung eine mittlere Geschwindigkeit von 0,63-1,25 m, bei schneller Strömung von 1,25-3 m in der Sekunde. Zur Messung der Geschwindigkeit der Ströme hat man eigne Strommesser oder Rheometer. Die einfachsten sind die sogen. Schwimmer, hohle Kugeln, die, bis zu einer bestimmten Linie eintauchend, in gewissen Zeiten gewisse Strecken zurücklegen und so zur Ermittelung der Geschwindigkeit dienen. Woltmanns hydrometrischer Flügel, durch welchen die Anzahl der durch den Wasserstoß auf vier an einer Welle befestigte Flügel in bestimmter Zeit bewirkten Umdrehungen angegeben wird, scheint das zuverlässigste Instrument für diese Messungen zu sein.

Je geschwinder ein F. fließt, desto tiefer wird er in den nachgebenden Boden einschneiden, desto beträchtlicher wird also die durch ihn bewirkte Erosion oder Auswaschung sein, wobei Druck und Stoß auf gleiche Weise mitwirkend sind. Sie entsteht da, wo durch Verwitterung an der Luft eine Zersetzung des Gesteins vorangegangen ist und die mürbe gewordenen und zerfressenen Gesteinsteile durch fließende Gewässer in Bewegung gesetzt werden. Wo ein F. über eine steile oder senkrecht abfallende Stufe seines Bettes hinabstürzt, bildet er einen Wasserfall. Solche Wasserfälle sind besonders für den Oberlauf der aus Hochgebirgen kommenden Flüsse charakteristisch, doch finden sie sich zuweilen auch noch in dem nicht völlig entwickelten Mittellauf. In den Deutschen Alpen zählt man allein 250 größere Wasserfälle. Fallen dieselben in Absätzen herab, so heißen sie Kaskaden; niedrigere, aber sich mehrfach nacheinander wiederholende Fälle pflegt man als Katarakte zu bezeichnen. Durch Abreißen und Abwaschen der scharfkantigen Felsstufen entsteht bei regelmäßigerm Flußbett eine Stromschnelle, gleichsam ein in die Länge gezogener Wasserfall. Vermöge seiner Geschwindigkeit führt ein Strom Schlamm und Gerölle mit sich fort; wird diese Geschwindigkeit aber gehemmt, indem sich entweder das Gefälle vermindert, oder das Wasser auf festen Widerstand trifft, oder indem es sich in eine andre Wassermasse ergießt, so läßt es die mitgeführten Körper sinken, zuerst die schwerern, dann auch die leichtern. Der gleichen Ablagerungen finden sich längs des ganzen Flußlaufs und müssen das Flußbett nach und nach erhöhen. So hat sich aus dem immer weiter fortgeschobenen Gerölle und den darüber abgelagerten feinern Sedimenten allmählich eine trockne Thalsohle gebildet, in welcher sich das Wasser durch seine in der Mitte am stärksten treibende Strömung sein Rinnsal, seine Stromrinne, offen erhalten hat. Je näher der Mündung, desto mehr verliert ein F. an Geschwindigkeit und an Tragkraft; er ist zuletzt nur noch im stande, Sand und feinen Schlamm mit sich zu führen, den er vor seinem Mündungsgebiet ablagert (vgl. Delta).

Das Flußwasser enthält in der Regel weniger chemische und mehr mechanische Beimengungen als das Quellwasser und ist nicht selten weicher als dieses. Fein zerteilte schlammige Bestandteile trüben die Flüsse oft, z. B. die Alpenflüsse, so daß dieselben erst klar werden, wenn sich in einem See, den sie durchströmen, jene Beimengungen zu Boden gesetzt haben. Aber auch sonstige Färbung des Flußwassers wird durch diese mechanischen Beimengungen bedingt. Am reinsten sind aus gletscherlosen Urgebirgen kommende Gewässer, daher ihre klare, grünblaue Farbe. Blaugrün mit mannigfaltigen Nüancen erscheinen die den Kalkalpen entströmenden Flüsse. Isar, Lech und Iller zeigen im weißen Kiesbett ebenfalls blaugrüne Fluten. Die Salzach ist gelblich, milchig, während die Traun, die Berchtesgadener Aller, die Mangfall u. a., die in Alpenseen sich geläutert haben, das klarste, prächtigste Smaragdgrün zeigen. Der Genfer See und der ihn durchfließende Rhône erscheinen schön blau, der Züricher und Bodensee grün. Der Tarn im südlichen Frankreich und einige andre kleinere Gewässer sind rötlich, der Rio Branco in Amerika und nicht wenige andre weiß. Als Beispiel für die Menge der vom Flußwasser transportierten gelösten und suspendierten Stoffe seien die Untersuchungen Breitenlohners gewählt, die sich auf Elbwasser beziehen, welches bei Leitmeritz, also nahe dem Punkt entnommen wurde, wo die Elbe Böhmen verläßt. Den 48,400 qkm (880 QM.), welche in Böhmen auf das Elbgebiet entfallen, stehen nur 1265 qkm (23 QM.) gegenüber, die andern Stromgebieten, dem der Donau und Oder, angehören, oder Nebenflüssen der Elbe, welche sich erst außerhalb des Landes mit derselben vereinigen, und da anderseits nur Eger und Luschnitz einen kurzen Teil ihres Laufs außerhalb des Landes zurücklegen, so sind die folgenden Zahlen mit deshalb gewählt, weil sie sich zugleich auf ein auch politisch gut abgegrenztes Stromgebiet beziehen. Nach Breitenlohner enthält das Kubikmeter Elbwasser an Grammen in fester Substanz: